Samstag, 20. Mai 2006

Tag 19 - Die große Freiheit

Ich bin erschöpft. Die letzten beiden Tage waren anstrengend und ich habe kaum geschlafen. Ich will nicht gefangen sein in meinen Mustern, ich will nicht tanzen, nicht streiten und sogar mein Bedarf an Fettnäpfchenhüpfen ist vorerst gedeckt. Ich sehne mich nach Ruhe. Nach Freiheit.

Als ich wieder bei den Grenzen ankomme, halte ich Ausschau nach dem Grenzschutzbeamten, um ihm mein Visum zu zeigen. Doch der schläft seelenruhig unter einer riesigen Kastanie, anstatt den Schlagbaum zu bewachen.
Ich klettere über den Balken und ärgere mich. Das Überschreiten macht nur halb so viel Spaß, wenn einem kein Gegenwind ins Gesicht bläst.
Ich wandere eine Weile und schließlich liegt sie vor mir: Die große Freiheit. Sie ist nach allen Seiten offen und lädt mich zum Bleiben ein. Ruhig ist es hier, nur eine leichte Brise weht und kühlt meinen Mut.

Was macht man in der Freiheit? Ich schaue mich um. Weit und breit niemand, den ich fragen könnte. Nicht mal ein Cowboy mit einer Marlboro zwischen den Lippen. Ziellos spaziere ich umher, steige auf einen Hügel und schaue auf die unendliche Freiheit unter mir. Schwimme im See und freue mich, dass niemand mir sagt, dass ich rausgehen soll, weil ich mich sonst erkälten könnte. Als ich blaue Lippen habe und am ganzen Körper zittere, finde ich es beinahe schade, dass keiner mich gewarnt hat.
Ich tue alles, was mir gefällt, wälze mich nackt im warmen Sand, aber ich kann meine Muster nicht abstreifen. Sie kleben fest an mir.
Ich fühle mich schuldig, weil ich den Grenzposten beschimpft habe, ich sehne mich nach jemanden, der mich bewundert, weil ich so frei bin. Ich vermisse den Applaus. Ja, ich vermisse sogar die Grenzen. Dort, wo die Freiheit grenzenlos ist, kann ich auch keine überschreiten.
So gern wollte ich hierher und jetzt fürchte ich mich.

Ich hatte viel vor heute. Ich wollte mir ein schönes Haus bauen. Oder eine Pyramide, mir schreibt ja hier niemand etwas vor. Ich kann einfach bauen, was ich will. Sogar eine Freiheitsstatue. Die ist sowieso nicht sehr frei. Steht seit Jahren einbetoniert, gefangen auf einer Insel, fern der Heimat. Schon lange musste ich erkennen, dass nicht überall Freiheit drin ist, wo Freiheit draufsteht. Die Damen auf der Reeperbahn, nachts um halb eins oder später, die sind zwar freizügiger gekleidet als die Freiheitsstatue, aber ähnlich frei wie sie. Nicht mal der Freitag ist für gewöhnlich frei, sondern ein ganz normaler Arbeitstag. Und die Freiheitliche Partei will nicht, dass die Menschen frei sind, höchstens, dass Österreich ausländerfrei wird. Das ist aber nicht die Freiheit, die ich meine.

Freiheit ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden, sagte Rosa Luxemburg. Was aber, wenn die anderen gar nicht denken können? Wie der kleine Wi ... ähm ... Grenzschutzbeamte. Ich werde ihn besuchen und ihm von der Freiheit erzählen. Freedom ’s just another word, werde ich sagen, und hoffen, dass er englisch kann, for nothing left to loose.

Vielleicht sind wir zum Freisein einfach nicht geboren? Ich zumindest. Ich brauche meine Grenzen, Reibung, meine vier Wände, Geborgenheit. Ich brauche Liebe. Nur darin fühle ich mich frei.

Habe heute einen kurzen, spannenden Ausflug gemacht.
Bin aber schon wieder zurück. Sie hat mich einfach überfordert, die große Freiheit. Ich gönne sie mir lieber in kleinen Stücken, im Alltag.
B.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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