Sonntag, 10. Dezember 2006

Briefverkehr 41

Puh, Barbara,
ich trinke gerade ein Glas Chardonnay (nein, nicht Jennys Meerschweinchen, sondern richtigen Wein) und versuche zur Ruhe zu kommen. Und das, obwohl die Unruhe eben mir sehr, sehr gut getan hat. Mein Ohr glüht immer noch von unserem Telefonat, obwohl du gar nicht viel gesagt hast, und ich bekenne freimütig: das Ohr ist nicht der einzige Körperteil, der glüht.

Dein Schweigen war ein ganz anderes als das bei Donna Rosa. Und deine Stimme, die das Schweigen hin und wieder gestört hat, die war viel leiser als in deinen Briefen.
Ja, jetzt sitze ich da und lasse unser Telefonat noch einmal Revue passieren.
Ich hab dir erzählt, dass ich vorhin einen Spaziergang gemacht hab, in ein schlimmes Gewitter geraten bin und mit völlig durchnässten Schuhen zu Hause angekommen bin, weil ich keine Gummistiefel anhatte. Du hast gefragt, ob ich dich wirklich angerufen habe, um mit dir übers Wetter zu reden. (Ich hab dich ohne jegliche Absichten angerufen, übrigens.) Dass du auch nass bist, hast du gesagt, wenn auch nicht an den Füßen.
Und dann haben wir geschwiegen. Ich, weil du mich verlegen gemacht hast, du – ja, keine Ahnung, warum du geschwiegen hast. Du scheinst manchmal einfach gern zu schweigen, ich gewöhne mich schön langsam daran.
Aber als du dann nach endlosen Minuten „Herwig ... Herwig ... Herwig“ geflüstert hast, ist mir ganz warm geworden. Ich wusste nicht, dass man meinen Namen so zärtlich säuseln kann. Mario oder Giovanni, das sicher, aber Herwig?
Hmmm. Du.
Ob es mich stört, wenn du dich streichelst, während wir schweigen, wolltest du wissen, und ich hab den Kopf geschüttelt. Aber das konntest du nicht sehen.
Dann hast du mich gebeten, dir etwas vorzulesen. „Aus der Göttlichen Komödie?“, hab ich vorgeschlagen und du hast gestammelt: „Irgendwas. Egal. Aber rede.“

Barbara, du bist die erste Frau in meinem Leben, die einen Orgasmus bekommen hat, während ich ihr aus der Niederösterreichischen Abgabenordnung aus 1977 vorgelesen habe. Tut mir leid, aber die Sammlung der Landesgesetze war das einzige Buch, das griffbereit auf dem Couchtisch lag.
Habe ich richtig gehört, dass du bei § 63 a gekommen bist? Bei dieser Passage, oder?
Anbringen, für die Abgabenvorschriften Schriftlichkeit vorsehen oder gestatten, können nach Maßgabe der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden technischen Mittel auch telegraphisch, fernschriftlich, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise eingebracht werden.
Was fandest du daran eigentlich so erotisch?

Sicher bin ich mir ja nicht. Spätestens seit der Szene, als Sally Harry im Restaurant den Orgasmus, der in die Filmgeschichte eingegangen ist, vorgespielt hat, wissen sogar die blödesten unter uns Männern, dass der Schein manchmal trügt.
Aber ich geh einfach davon aus, dass es für dich schön war. Selber schuld, wenn nicht. Ich hätte schon mehr Geduld gehabt und noch ein paar weitere Paragraphen gelesen.

Barbara, dein Stöhnen hat mich ziemlich angemacht. Du hast „Danke“ in den Hörer gehaucht, dich bei mir entschuldigt, mir gestanden, dass dir das jetzt total peinlich ist und aufgelegt. Ja, danke auch. Du musst dich nicht entschuldigen, denn es war auch für mich wunderschön, dir gut zu tun. So bin ich. Ein völlig selbstloser Altruist, würden die einen sagen. Ein Idiot, die anderen. Aber es ist mir sowieso egal, was die einen und was die anderen sagen.
Und das nächste Mal ...

Ich küsse dich. Wo auch immer es dir gut tut.

Dein Herwig

P.S. Nie wieder werde ich bei einer Sitzung völlig unbefangen aus der Abgabenordnung zitieren können, sondern dabei immer ein völlig dämliches Lächeln auf den Lippen haben. Eines, das du mir dorthin gezaubert hast.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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