Donnerstag, 1. November 2007

Ohne Titel

Es ist Allerheiligen und ich werde wie auf Befehl sentimental. Ich wollte dir grad ein Grablicht anzünden und es ans Fenster stellen, Mama, aber ich find keines. Das wundert mich nicht bei deiner Schlamperei, würdest du jetzt sagen, und weil du es nicht mehr sagen kannst, sag ich es selber: „Das wundert mich nicht bei deiner Schlamperei.“
Ich zünd jetzt ein Teelicht für dich an, ja? Und ein Räucherstäbchen. Ist das ein adäquater Ersatz?

Tut mir leid, dass ich heute nicht auf dem Friedhof war, Mama, aber ich halte Friedhöfe mit so vielen oberirdischen Menschen drauf nicht gut aus. Außerdem habe ich dort nicht das Gefühl, dass ich dir nahe bin. Nicht näher als du es ohnehin bist, nämlich in meinem Herzen.

Grad heute hätte ich dich so gern angerufen. Um dich zu fragen, wie ich das mache, dass der Strudelteig nicht immer so hart wird. Da staunst du, oder? Ja, ich back einen Birnenstrudel mit selbst vom Baum gefallenen Birnen und von mir selbst ausgezogenem Teig. Ich weiß, ich könnte im Internet stöbern oder meine Schwiegermutter anrufen, aber das ist irgendwie nicht dasselbe.

Morgen hat dein einziger Enkelsohn Geburtstag. Siebzehn wird er, und er verbringt seinen Geburtstag wie alle Geburtstage, außer dem, an dem er aus mir geschlüpft ist, bei ... ja, wie schreib ich das jetzt? In deiner ehemaligen Wohnung. Beim Opa halt. Und heute ist er mit ihm auf dem Berg, und ich wette, sie denken da oben an dich. Ich schreib jetzt schnell weiter, weil sonst die Traurigkeit wieder kommt, wenn ich daran denke, wie du das letzte Mal auf dem Berg warst. Wie er dich abgeworfen hat, der Berg, wie ein störrisches Pferd seinen Reiter, der es liebt.
Deine Bergschuhe, Mama, die hat er nach deinem Tod total gern getragen, um dir nahe zu sein, aber er ist längst herausgewachsen. Nicht einmal die vom Opa passen ihm noch.
Den Kindern geht’s gut, mach dir um sie keine Sorgen. Ich glaub, so eine schlechte Mutter war ich bis jetzt gar nicht, auch wenn es jetzt schon halb sechs ist und ich noch immer nicht gekocht hab. Viel Liebe haben sie in ihren Herzen, und davon ist jede Menge von dir dabei.
Ja, dein Enkelsohn will noch immer am liebsten Bauer werden, daran hat sich nichts geändert. Er wird jetzt versuchen, den Hauptschulabschluss zu machen. Keine Ahnung, ob er es schafft, das Kind mit besonderen Bedürfnissen. (Haben wir nicht alle besondere Bedürfnisse? Ich jetzt zum Beispiel das, mit dir einen Kaffee zu trinken. Aber bitte keinen aufgewärmten, mach mir doch einen frischen.)
Ja, früher habe ich oft mit dem Schicksal gehadert, dass er „anders“ ist, „beeinträchtigt“ oder wie auch immer man das nennt. Ich dachte, es ist halt unsere Aufgabe, damit klarzukommen. Jetzt bin ich unendlich dankbar dafür, weil ich so viel lernen kann von ihm. Zuversicht, Glück, Bescheidenheit. Er hat die Sonne im Herzen, Mama. Und vielleicht hat er die auch deshalb, weil Liebe und Geborgenheit in unserer Familie immer etwas Selbstverständliches war. Auch die Liebe zum Leben.
Er macht jeden Tag in der Früh sein Bett, putzt gern und legt viel Wert auf Ordnung. Der Arzt hat gesagt, weil ihm innere Strukturen fehlen, braucht er die äußeren. Ich aber weiß, das hat er von dir. Dein Hang zur Sauberkeit hat nur eine Generation übersprungen. Und in der nächsten ist er ungerecht verteilt, deine Enkeltochter lebt nämlich gern im Chaos. Du wärst trotzdem sehr stolz auf sie.

Ich verkrieche mich jetzt wieder in der dunkelblauen Fleecejacke. Eines der wenigen Stücke, die ich mir von dir mitgenommen hab. Wenn ich die Augen schließe und an ihr schnuppere, kann ich dich noch immer riechen. Dich und das Butterkipferl, das du mir immer gestrichen hast, wenn ich krank war. Und den aufgewärmten Kaffee.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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