Mittwoch, 8. Dezember 2010

Sinnsuche

„Was suchst du da?“ fragt er und legt die Beine hoch.
„Den Sinn.“ Sie kriecht stirnrunzelnd auf allen Vieren durch das Wohnzimmer.
„Welchen?“
Sie hält kurz inne. Was für eine Frage. Welchen wohl? Den Sinn in ihrem Alltag, ihrer Ehe, in ihrem Beruf, in ihrem Inneren.
„Den Sinn des Lebens halt.“
„Aha.“
Ihre Finger gleiten über den Teppich, berühren den seidigen, weichen Flor und spielen damit. Sie erinnert sich an den Wintertag, an dem sie ihn gekauft haben. In der Wohnung roch es nach frischer Wandfarbe, toskana-orange, draußen roch es nach gebratenen Esskastanien, maroni-braun.
Drinnen wie draußen schmeckte es nach frischverliebten, wilden Küssen. Es fühlte sich nach Anfang an, nach Hoffnung und einer gemeinsamen Zukunft.

An einer Ecke hebt sie den Teppich ein Stück hoch und fühlt den den Holzboden darunter. Jungfräulich sauber ist er dort, wo er seit Jahren geschützt wird. Ihre Finger spüren noch etwas unter dem Teppich. Etwas kaltes, glattes. Eine schwarz-braune Glasmurmel. Sie betrachtet sie sentimental. „Das schau her! Das Auge von Bruder Grimm. Weißt du noch? Trixi hat es ihm in einem Wutanfall aus dem Kopf gerissen, nachdem ich ihn gewaschen habe.“
Er brummt. Ihr Mann, nicht der Teddy ihrer mittlerweile 14jährigen Tochter.
Jahrelang hat sie ihn überallhin mitgeschleppt und irgendwann hat er ekelhaft gestunken.
„Sie hat dir eh verboten, ihn zu waschen“, sagt er, „aber du hast dich natürlich nicht daran gehalten.“
Sie seufzt. „Ich weiß. Danach roch Bruder Grimm zwar nach Seife und Lavendel, aber er hat keinen Ton mehr von sich gegeben. Neben dem Dreck war auch seine Seele herausgewaschen.“
„Dann dusche ich heute lieber nicht mehr.“ Er lächelt. „Wäre schade um meine Seele.“
Sie kriecht zu ihm und lehnt sich gegen seine Beine. Ich kann ihn immer noch ziemlich gut riechen, denkt sie. Das ist gar nicht nichts. Im Ofen knistert das Buchenholzfeuer und wärmt Körper, Seelen und einsame Teddybärenaugen.
Sein Kuss schmeckt nicht mehr frischverliebt und wild, sondern nach Schmalzbrot mit Knoblauch. Er schmeckt nach einer Mischung aus Langeweile und Vertrautheit, gemeinsamen Siegen und Niederlagen, nach Zweifeln und Angst. Sie schließt die Augen. Nicht schauen jetzt, nur fühlen. Ha!, denkt sie und ihr Herzschlag beschleunigt sich. Ganz vorne an der Zungenspitze schmeckt der Kuss immer noch ein bisschen nach Hoffnung.
Sie löst sich von seinen Lippen, streicht den Cordrock glatt und steht auf.

„Fertig mit Suchen?“ fragt er und greift zur Zeitung.
„Ja. Ich hab an der falschen Stelle gesucht.“
„Wo ist die richtige?“

„In mir. Wenn es ihn überhaupt gibt, dann muss er in mir sein. In all meinen Sinnen. Sonst nirgends.“

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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