Sonntag, 25. Dezember 2011

Da hängt was schief

Mut zur Lücke hatte er. Der Baum, der etwas abseits lehnte und auch so gerne Christbaum gewesen wäre. Aber niemand wollte ihn, die Menschen entschieden sich für die dichten, stolzen Nordmanntannen. Doch, einer wollte ihn. Mein Mann. „Was ist mit dem?“, fragte er den Waldbesitzer. „Ach, den zerschneid ich“, sagte dieser. „Den nimmt doch keiner.“ „Ich schon. Wieviel kriegst du?“ „Zehn Euro. Geh, gib mir fünf, passt schon.“

„Wunder- wunderschön“, staunen wir alle, als der Baum im Wohnzimmer steht. „Das ist der hässlichste Baum, den wir je hatten.“
Wir haben in unserer Familie eine Schwäche für Außenseiter, füreinander, für alles, das ein bisschen von der Norm abweicht.
„Hängt nicht so viel auf den Baum, sonst kann man nicht mehr erkennen, dass es ein Baum ist“, sage ich üblicherweise am Vorweihnachtstag. „Hängt bitte alles auf, was wir haben“, sage ich diesmal. Die Christbaumkugeln in allen Farben, die Schokobananenkringel, die kitschigen Weihnachtsmänner, die Schokoschirmchen, die Sternspritzer, Lametta, die bunte Lichterkette, sogar die selbstgewickelten Mützenbommel.
„Vielleicht könnte man ja etwas von den unteren Ästen abschneiden und oben hineinflicken?“, schlage ich vor, weil der Mut zur Lücke ein ziemlich großer ist. Mein Vorschlag prallt an der Sturheit meiner Mitbewohner ab. „Das würde den Baum kränken“, meinen sie. „Auch er hat ein Recht auf körperliche Unversehrtheit.“ Ja, ich bin schon still.

„Schnell!“, brülle ich ins Arbeitszimmer, in dem mein Mann grad die Welt rettet. „Stille Nacht!“ Es ist drei Minuten vor fünf. Ich lege keinen besonderen Wert auf Traditionen, aber es gibt Rituale, die zu brechen würde Unglück bringen, das wäre, wie auf die Fugen zwischen den Fliesen zu treten. Um 16:57 dröhnt „Stille Nacht“ aus dem Radio, die bunte Lichterkette leuchtet, mein Mann zündet die Wunderkerzen an, von denen nur die Hälfte brennt, weil sie aus dem Vorjahr sind. Unseren vier Katzen gefällt der missratene Baum. Zum Glück ist er an der Decke angebunden, wie jedes Jahr.
„Is bald aus, das Lied?“, fragt mein Mann. „Halt durch, Papa, eine Strophe noch“, meine Tochter. „Ich hab Nasenbluten.“ „Gusch“, zische ich. „So seid doch ein bisschen besinnlich. Sie singen eh nur drei Strophen, in Wahrheit gibt es sechs.“

"Jesus der Retter ist da!"
"Jesus der Retter ist da!"
Es wird still. Eine Sekunde lang.

„Drei, zwo eins, los! Frohe Weihnachten! Yippiee!“, brüllen sie.
„Tschuldigung. Ich kann nichts für diese Familie“, schiele ich zum Baum und zwinkere ihm zu. „Aber ich liebe sie.“ Er zwinkert zurück. Eigentlich passt er ganz wunderbar zu uns.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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