Freitag, 15. Februar 2013

Karin

Ich war die zweite von vier Töchtern. Meine Eltern hätten viel lieber einen Sohn bekommen. Ich wäre auch lieber der erste Bub gewesen als das zweite Mädchen.
Ich war eine gute Schülerin. In Englisch und Deutsch war ich Zweitbeste. „Deine Aufsätze sind immer so traurig“, hat die Deutschlehrerin gesagt, „schreib doch einmal was fröhliches, wie die Hanni.“ Ich hätte ihr erklären können, dass das Leben auch mit fröhlichen Aufsätzen nicht besser wird, aber es hätte nichts genützt.

Erst hab ich Blockflöte gelernt und dann Violine. Ich war richtig gut. Endlich einmal war ich in etwas richtig gut. Am liebsten mochte ich die Stücke von Mahler. Nach meinem Ellbogenbruch hab ich im Streichquartett nur noch die zweite Geige gespielt. Wie im Leben auch.

Und irgendwann kam Rudi. Schöne Augen hat er mir gemacht mit seinen schönen Augen, auf der Modellbaumesse. Er war aufmerksam und ein richtiger Gentleman, zwar wesentlich älter als ich, aber sehr attraktiv. Er hat mich hofiert, mir Komplimente gemacht und mich umschwirrt. Das hat so verdammt gut getan. Ehrlich gesagt, ich hab mich nicht für diese Miniaturlandschaften und -züge interessiert, ich hab mir halt während meines Germanistikstudiums auf diversen Messen Geld verdient. Auch auf der Briefmarken- und der Erotikmesse. Eine wie die andere. Sogar das Publikum war das gleiche.
Die halbe Nacht haben wir geredet. Sehr eloquent. Sehr klug. Sehr schön. Pointenreich.
„Du hast einen Vaterkomplex“, hat meine Freundin Brigitte gesagt, als ich sie angerufen und brühwarm von ihm erzählt hab. Brigitte ist Therapeutin.

„Wie schön, dass du nicht nur zu multiplen Sarkasmen fähig bist“, hat Rudi nach der anderen Hälfte der ersten Nacht gesagt und nicht mehr aufgehört, mich überall zu küssen.
In der zweiten Nacht hat er mir gestanden, dass er verheiratet ist. „Yeah, Zweite!“, hab ich gerufen und damit nicht nur die Reihenfolge unseres Kommens gemeint. Ich hab gelacht, dabei hätte ich heulen können. Aber ich wollte nicht, dass er geht.
Dass er sich sowieso gern scheiden lassen würde, hat er gesagt, sich aber Sorgen macht um die Renate, weil sie ja nichts gelernt hat und auf ihn angewiesen ist. „Sie braucht mich, verstehst du, mein Engel?“

Er hat mir versichert, dass er mit ihr nicht mehr schläft. Ich hab ihm das nicht geglaubt. Das erzählen die Männer ihren Geliebten doch alle, oder? Brigitte hat gesagt: „Das kannst du ihm schon glauben.“ Das hat sie bei ihrem Mann auch geglaubt, obwohl der jahrelang eine Affäre hatte. Alle haben sie es damals gewusst, nur die Brigitte nicht.

Einmal hab ich den Rudi nach dem Essen gefragt, warum er die Renate überhaupt geheiratet hat, wo er doch eh immer so schlecht über sie redet, dass sie nicht kochen kann und spießig ist und keinen Wert auf sexy Kleidung legt und so weiter.
„Wegen der Alliteration“, hat Rudi gesagt. „Ich habe gelesen, dass Ehen, in denen die Vornamen der Partner mit dem gleichen Buchstaben beginnen, glücklicher sind als andere. Da dachte ich, Rudolf und Renate Reinthaller, das wird die perfekte Ehe.“

Renate malt. „Volkshochschule, erstes Semester“, findet Rudi. Ich finde das nicht in Ordnung, aber das trau ich mich ihm nicht zu sagen. Rudi kann mit Kritik nicht gut umgehen. Von meinen Texten hält er auch nicht viel, das merk ich, auch wenn er mir dann übers Haar streicht und „das hast du schön geschrieben“ sagt.

Natürlich hab ich mir schon öfter überlegt, mich von ihm zu trennen. Zweitfrau zu sein ist nämlich nicht so aufregend wie es klingt. Zu Weihnachten immer allein. Im Urlaub immer allein. Keine Anrufe. Aber Rudi braucht mich. „Verlass mich nicht, mein Engel, meine Erfüllung, mein Leben“, sagt er oft. Dann küsst er mich und geht. Nach Hause zu seiner Frau.

Ich hab Angst, dass er sich etwas antut, wenn ich ihn verlasse, er wirkt oft so depressiv. Manchmal denke ich, es wäre schön, einmal im Leben Nummer Eins im Leben eines Menschen zu sein. „Fang bei dir selber an“, sagt Brigitte dann, „sei Nummer Eins in deinem Leben.“
Ausgerechnet sie sagt das.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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