Montag, 18. Februar 2013

Adelheid

Ich war eine Schönheit damals, auch wenn man mir das nicht mehr ansieht.
Von fernen Stränden und aufregenden Städten hab ich geträumt. Ich wäre gern Reisebüroangestellte geworden. Aber das nächste Reisebüro war in Zwettl, und nach Zwettl waren es 38 Kilometer und am Abend ging kein Bus mehr nach Hause. Also hab ich Koch/Kellner gelernt, beim Kirchenwirt im Nachbardorf.
Die Lehre hab ich abgebrochen, nachdem der Kirchenwirt nicht aufgehört hat, mich zu begrabschen.
Am schlimmsten war’s, als die Chefin schwanger war, wahrscheinlich hat’s ihn dann nicht mehr ranlassen. Kaum hat sie ihren Hintern zur Wirtsstube hinausbewegt, hat er mir auf den Busen gegriffen, während ich die Gläser gespült hab. Oder zwischen die Beine. „Du willst das ja auch“, hat er gesagt, aber das war gelogen. Ich wollte den Franz. Erzählt hab ich die Sache mit dem Chef niemandem, nicht einmal dem Franz. Hätt mir sowieso keiner geglaubt, das war damals nicht anders als heute. Wahrscheinlich hätten sie gesagt, dass ich selber schuld bin, wenn ich in dem kurzen Dirndl servier.
Das wollte ich auch nicht, das hat der Chef so von mir verlangt. „Da trinken die Gäste mehr“, hat er gesagt, und dass ich nicht so zimperlich sein soll.
Als die Mutter draufgekommen ist, dass ich nicht mehr dort arbeit, hab ich Watschen gekriegt. Es waren nicht die ersten.
Dann hab ich nicht mehr Gläser gespült, sondern Gläser hergestellt, in der Glasfabrik. Bis der Franz gesagt hat: „Lass uns nach Griechenland abhauen.“ Lange braune Haare hat er gehabt und ein rotes Stirnbandl. Vor allem aber einen umgebauten VW-Bus, mit gebatikten Vorhängen, einer Stereoanlage und weichen Matratzen.

„Wennst jetzt gehst, brauchst gar nicht mehr heimkommen“, hat meine Mama gesagt. Ich wollt eh nicht mehr heim zur Mama und zur Oma. Meinen Papa hab ich nie kennengelernt, in der Geburtsurkunde steht keiner. Wenn ich gefragt hab, haben sie zu heulen begonnen, die Mama und die Oma. Es gab Gerüchte im Dorf, dass es ein russischer Besatzungssoldat war, aber Genaues weiß man nicht.

„Is this the way to Amarillo“, haben Franz und ich im Bus gegrölt und uns frei und mutig gefühlt. In Spielfeld hat der VW-Bus dann noch ein paar Mal geächzt, und das war es dann mit Griechenland. Der Franz ist allein weitergestoppt, und ich bin mit dem Zug nach Hause gefahren. Später dann hab ich erfahren, dass der Franz nicht in der weiten, sondern in der Buckligen Welt gelandet ist.
Als ich nach Hause kam, waren meine Sachen schon gepackt. Die Mama hat wirklich ernst gemacht.
Da kam der Gustl mir grad recht. Der war Stammgast beim Kirchenwirt und hat mich bei sich schlafen lassen. Wir haben gesoffen und geredet und eins ergab das andere. So schnell hab ich gar nicht schauen können, war ich schwanger. Am Anfang hat der Gustl auch noch Träume gehabt und vom Reisen geredet. Nach Amerika wollt er, ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Pah, Amerika. Das weiteste, wo wir je waren, war der Klopeinersee.
Ich war total überfordert mit dem Gschrapp, und der Gustl hat sich auch nie wirklich um die Hannah gekümmert. Wenigstens gearbeitet und Geld heimgebracht hat er. Gern gehabt hab ich ihn nie wirklich. „Das kommt schon mit der Zeit“, hat die Oma gesagt, "die Liebe ist nicht das Wichtigste in einer Ehe". Aber es ist nie gekommen. Ich bin nur wegen der Hannah nicht gegangen. Ich wollt unbedingt, dass sie es einmal besser hat als ich. Dass sie eine richtige Familie hat, eine mit einem Mann im Haus, dass sie eine Ausbildung fertig macht und es ihr gut geht.
Und jetzt? Jetzt wirft sie mir vor, dass ich geblieben bin. Dass ich dadurch nicht nur mein, sondern auch ihr Leben kaputtgemacht hab. Undank ist der Welten Lohn. „Schau dich doch einmal an, Mama!“, sagt die Hannah. "Schau, was aus dir geworden ist."

Als hätt ich keinen Spiegel.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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