Samstag, 31. August 2013

Ausmustern

„Wir haben so viel im Kopf, dass wir manchmal lange nachdenken müssen, bis wir es finden“, hat meine kluge Tochter gestern gemeint.
Vielleicht sollten wir auch den Kopf manchmal gründlich ausmustern? Vielleicht können wir dann schneller auf das, was tatsächlich wichtig ist, zugreifen, wenn wir nicht erst Unmengen an Altlasten in unserem Hirn zur Seite schieben und unzählige Schubladen öffnen müssen, um zu finden, was wir suchen. Und wir hätten wieder mehr Platz für neues Wissen. Für Mandarin- und Dänischvokabel. Dui bu chi. I'm sorry. Xie xie. Danke. Weil das Wetter ohnehin schlecht ist, werden wir heute ausmustern.
Unnötige Gedanken, Erinnerungen und Wissen entsorgen. Ich hole ein paar Kartons.

Restmüllgedanken steht auf einem, Unnützes Wissen auf einem anderen. Daneben gibt es noch eine Kiste mit Belastendes. Davon finden wir ganz schön viel, und es fühlt sich gut an, loszulassen. Diese Kiste landet ohne viel Nachdenken auf dem Gedankenmüll. Ja, ich gestehe, wir haben nicht getrennt.
Neben diesem Müll, den kein Mensch brauchen kann, haben wir aber auch so viel Wissen, das wir nicht brauchen und das wir gerne weitergeben würden, an intellektuell benachteiligte Menschen. Second Head-Wissen, gut erhalten. Manches beinahe ungebraucht, da haben wir uns eingebildet, das könnten wir brauchen und haben es gelernt und uns mit Müh und Not gemerkt und dann hat sich herausgestellt, dass es einfach nicht zu uns passt. Wir befreien es vom Mief der dunklen Ecken in unseren Gehirnen, sortieren es nach unterschiedlichen Größen und Themen und bringen es zum Altkenntniscontainer.
Der hat seinen Namen zu Recht verdient, denn manches Wissen ist tatsächlich schon ein wenig veraltet. Wer braucht schon die Staaten der Sowjetunion, Produktionstechniken von Kassettenrekordern oder ausgestorbene Wörter wie Berserker und Käseigel (es sei denn, er ist auf einer 70er-Revivalparty eingeladen)?
Wir haben ein gutes Gefühl dabei, unser nicht gebrauchtes Wissen mit Menschen zu teilen, die sich kein eigenes leisten können. Die Menschen werden in Läden mit niedrigen Schwellen gehen, in unsere abgelegten Gedanken und das abgetragene Wissen schlüpfen und sich über für sie neue Erkenntnisse freuen. Unsere Erinnerungen werden sich aufregend anfühlen für sie.

Böse Zungen werden uns als Gutmenschen bezeichnen, aber das sind wir gewöhnt. Plötzlich fällt mir eine Doku ein, die ich vor kurzem gesehen habe. „Vielleicht sollten wir es doch nicht weggeben“, sage ich, als wir die Kisten aus dem Auto räumen.
Im Fernsehen wurde berichtet, dass das, war wir so großzügig und -herzig spenden, weil wir es nicht mehr brauchen, gar nicht denen zugute kommt, die es wirklich brauchen, sondern nach Gewicht an Firmen verkauft wird, die damit handeln. Diese sortieren unser ohnehin schon vorsortiertes Wissen noch einmal aus, reinigen es von schwermütigen Gedanken und verkaufen es. Dabei wollen wir nicht, dass es verkauft wird, sondern gratis zur Verfügung steht. Wir wollen es spenden. Herschenken und nicht, dass jemand damit Kohle macht.
Unsere Geistesgut geht nicht an die Armen im Geiste, sondern an die Armen im Herzen, die mit den Armen im Geiste Geld verdienen. Auf jeden Fall machen die Zwischenhändler viel Geld damit, sie kaufen billig und verkaufen teuer; das Wissen wird mit viel Aufwand und Energie auf die andere Seite der Welt transportiert und dort – nein, es wird eben nicht verteilt an Kinder, deren Eltern sich keine Schule leisten können oder Menschen, die aus anderen Gründen keinen Zugang zur Bildung haben, es wird verkauft. Auf den Märkten wird es angepriesen, und weil es für manche einfältige Menschen einfacher ist, unser Second-Hand-Erfahrungen zu kaufen als eigene zu machen, als selbst zu lernen, als ihren Vorfahren und Dorfältesten zuzuhören, geht das unendliche Wissen, das dort vorhanden ist, kaputt. Uraltes Wissen geht verloren, weil alle nur das xxotische, ausländische, manchmal billig und achtlos produziert, kaufen wollen, obwohl ihnen das nicht steht und nicht zu ihnen passt; obwohl sie mit dem zum Teil überhaupt nichts anfangen können. Es verträgt sich nicht mit ihrer Kultur. Es macht sie sogar kaputt.
Und wir machen uns mitschuldig, nur weil wir nicht genug kriegen können.

Ich packe die Kisten wieder ins Auto. „Und wohin jetzt damit?“, fragt meine Tochter.
„Keine Ahnung, aber ich glaub, so funktioniert das nicht. Wir werden wohl alles ein wenig zusammenschieben und einiges ins Unbewusste verdrängen. Wenn wir alt werden, zerfallen einige Gedanken und Erinnerungen ohnehin von selbst. Bis dahin müssen wir sie wohl oder übel mitschleppen.“

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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