Samstag, 21. Mai 2016

Die Autorin in mir

Nackt, wie die Natur ihn schuf, liegt der Tag vor mir. Unberührt wie die Jungfrau Maria. Zumindest unberührt von mir, andere haben längst mit ihren Fingernägeln Spuren in seinen Rücken gekratzt und ihre Lust in seinen Leib gebohrt. Oder mit ihrer Wut dem Tag ein paar Platzwunden zugefügt.

Wenn ich im schlafwarmen Bett liege, an so einem Tag, einem Tag, wo auch der Wecker ausschlafen darf, kommen mich die Gedanken besuchen. Die Worte. Ich will sie einfangen, die Worte, mit dem Schmetterlingsnetz meiner Erinnerungen, nicht flüchten lassen, weil diese unberührten und nicht zu Ende gedachten Worte und Sätze oft wunderschön und noch nie gedacht sind. Anstatt sie einfach zu genießen und kommen und gehen zu lassen, will ich sie dem Tag entreißen, auf Papier bannen, oder auf die Tastatur. Und damit mit einem Skalpell Narben in den Tag schneiden. Sein Lächeln ist so ansteckend wie Masern, schreibe ich. Dabei hat mich niemand angelächelt, nicht einmal der Tag, weil die Rollos noch unten sind.

Die Autorin in mir geht mir manchmal gehörig auf die Nerven. Nie kann sie Dinge einfach sein lassen. Vor allem kann sie Dinge nie so sein lassen, wie sie wirklich sind. Sie ist eine erbärmliche Lügnerin, eine Mythomanin. Weil sie mein Leben in Wahrheit schrecklich langweilig findet, motzt sie meine Erlebnisse ständig auf. Tag für Tag mischt sie sich in mein Leben ein und lenkt es dadurch in andere Spuren.

Die Leser meiner erotischen Geschichten halten mich für eine hemmungslose und nicht satt zu bekommende Liebhaberin, die feucht wird, sobald sie von seinem ansteckenden Masernlächelnvirus infiziert wird. Von einer Femme Fatal, die alle Stellungen des Kamasutras nachturnen kann, dabei unendlich geil ist. Die dreht sich nicht einfach um und sagt: „Heute nicht.“ Oder „dies Woche nicht“. Oder so.

Die Autorin in mir bastelt so lange an alltäglichen Ereignissen herum, bis sie ihr spannend genug erscheinen. Aus dem Meerschweinchen, das mein Mann für die Kinder gekauft hat, wird erst ein Chihuahua, auf den die Kinder allergisch sind, später ein hässlicher Nacktmull aus der Familie der Sandgräber, der der Star der Geburtstagsparty ist und den die Kinder in allerlei Puppenkleider stecken. Bis die explodierende Eistorte serviert wird.
Durch die Intervention der Autorin in mir wird aus dem Nacktmull ein zahmer Tiger und als auch der nicht mehr spannend genug ist ein an der Pfote verletzter, mohnsüchtiger Elefant, der geliefert wird, als mein Mann grad nicht da ist.

Wäre ich bei der Wahrheit geblieben, hätte mein Mann einfach Katzenfutter gekauft. Aber wen interessiert das? Und das ist alles, was die Autorin in mir will, interessant, skurril, schräg, spannend zu sein. Die Leute wollen unterhalten, abgelenkt und berührt sein, flüstert sie mir ins Ohr. Einen langweiligen Alltag haben sie selber. O.k., nicht so langweilig wie deiner, aber bitte...
Danke.

„Kannst du jetzt bitte mal ganz still sein und mir nur zuhören?“, bitte ich die Autorin in mir am Abend, als der Tag, zerfurcht, gelebt und zerschunden neben mir liegt und stöhnt. Aus Erschöpfung, nicht aus Lust.

Sie hört zu. Und ich erzähle von meinem Tag. Von der Arbeit im Büro, meinem Besuch im Heim bei dem zahnlosen 80jährigen, der möchte, dass sich seine Mama um ihn kümmert. Von der Stimmung im Büro, die zum Schneiden ist. Davon, dass ich den E-Reader umgetauscht hab, weil der Akku nur mehr ein paar Stunde hielt. Vom Theaterworkshop und dem Stück, in dem ich eine alte Dame namens Adelheid spiele, die Mein Kampf liest sich den Dolferl zurückwünscht.

„Und, wo ist da die Pointe?“, fragt die Autorin in mir mich. Hm.
„Da ist keine“, gebe ich zerknirscht zu, „weißt du, das Leben ist nämlich kein Witz.“
„Du könntest aber eine Messerstecherei im Büro anzetteln, der 80jährige könnte 123 und der älteste Bewohner der Welt sein, der vom zweitältesten vergiftet wird, weil der selbst gern der älteste Bewohner wäre, du könntest den E-Reader auf dem Kopf der Verkäuferin zertrümmern und Adelheids Hund könnte Blondi heißen. Sowas würden die Leute gerne lesen, verstehst du?“

„Ja. Eh. Ich bemüh mich“, sag ich und denke: „Scheiß Autorin in mir! Du sollst dich nicht ständig in mein Leben mischen. Lass mich doch einfach mal in Ruhe!“

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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