Abgrundtief
„Ich liebe dich“, sagt sie. Es ist das erste Mal, dass sie ihm diese Worte sagt.
Sie sitzen am Rande des Daches, ziehen abwechselnd an der Zigarette und schauen in die Tiefe. Unter ihnen tummeln sich Lebewesen, so klein wie winzige Pünktchen, und gehen emsig ihrem Treiben nach.
„Ich weiß nicht, was Liebe ist“, sagt er. „Ich habe noch nie geliebt. Vielleicht kann ich gar nicht lieben.“
Seine Worte stechen ihr mitten ins Herz. „Jeder kann lieben“, sagt sie und wirft ihr schulterlanges Haar zurück, „du auch.“
„Aber es wird weh tun, früher oder später.“
Es tut jetzt schon weh, denkt sie leise. „Vielleicht haben wir Glück und bei uns erst später“, sagt sie laut, „ich hab noch nie jemanden so sehr geliebt wie dich, weißt du?“ Ihr Blick versucht seine Augen festzuhalten, aber die flackern und lassen sich nicht fassen.
Vier nackte Beine baumeln über dem Abgrund. Sie schweigen, und das Schweigen ist so tief, das alles darin Platz hat. Angst, Hoffnung, Traurigkeit und Schmerz. Sie steht auf. „Komm, lass uns gehen“, sagt sie, drückt die Zigarette aus und steht auf, „es wird bald dunkel.“
„Na und?“ Auch er steht auf. „Was ist jetzt? Springen wir?“, fragt er.
Sie hält inne. „Ich trau mich nicht“, flüstert sie und fügt nach einer Pause hinzu: „Außer, wenn du mir dabei die Hand gibst.“
Er wischt seine schweißnasse Hose in seinen Shorts ab und reicht ihr die Hand. „Abgemacht. Zähl bis drei.“ Sie treten an die Kante des Daches.
„Drei, zwei,... eineinhalb“, zählt sie und schaut ihn an. In seinen Augen liegt Entschlossenheit.
„Trau dich“, sagt er.
Sie wird es ihm zuliebe tun. Aus abgrundtiefer Liebe, denkt sie und schließt die Augen. Bis eben lag das Leben noch vor ihnen.
„Los!“, sagt sie und ihre Hand drückt seine.
Sie sind zwölf. Springen vom Garagendach in den verwilderten Garten. Und landen im riesigen Ameisenhaufen.
Dieser Text ist mein Wortbeitrag zum Projekt
*.txt. Das Wort lautet abgrundtief
Sie sitzen am Rande des Daches, ziehen abwechselnd an der Zigarette und schauen in die Tiefe. Unter ihnen tummeln sich Lebewesen, so klein wie winzige Pünktchen, und gehen emsig ihrem Treiben nach.
„Ich weiß nicht, was Liebe ist“, sagt er. „Ich habe noch nie geliebt. Vielleicht kann ich gar nicht lieben.“
Seine Worte stechen ihr mitten ins Herz. „Jeder kann lieben“, sagt sie und wirft ihr schulterlanges Haar zurück, „du auch.“
„Aber es wird weh tun, früher oder später.“
Es tut jetzt schon weh, denkt sie leise. „Vielleicht haben wir Glück und bei uns erst später“, sagt sie laut, „ich hab noch nie jemanden so sehr geliebt wie dich, weißt du?“ Ihr Blick versucht seine Augen festzuhalten, aber die flackern und lassen sich nicht fassen.
Vier nackte Beine baumeln über dem Abgrund. Sie schweigen, und das Schweigen ist so tief, das alles darin Platz hat. Angst, Hoffnung, Traurigkeit und Schmerz. Sie steht auf. „Komm, lass uns gehen“, sagt sie, drückt die Zigarette aus und steht auf, „es wird bald dunkel.“
„Na und?“ Auch er steht auf. „Was ist jetzt? Springen wir?“, fragt er.
Sie hält inne. „Ich trau mich nicht“, flüstert sie und fügt nach einer Pause hinzu: „Außer, wenn du mir dabei die Hand gibst.“
Er wischt seine schweißnasse Hose in seinen Shorts ab und reicht ihr die Hand. „Abgemacht. Zähl bis drei.“ Sie treten an die Kante des Daches.
„Drei, zwei,... eineinhalb“, zählt sie und schaut ihn an. In seinen Augen liegt Entschlossenheit.
„Trau dich“, sagt er.
Sie wird es ihm zuliebe tun. Aus abgrundtiefer Liebe, denkt sie und schließt die Augen. Bis eben lag das Leben noch vor ihnen.
„Los!“, sagt sie und ihre Hand drückt seine.
Sie sind zwölf. Springen vom Garagendach in den verwilderten Garten. Und landen im riesigen Ameisenhaufen.
Dieser Text ist mein Wortbeitrag zum Projekt
*.txt. Das Wort lautet abgrundtief
testsiegerin - 26. Feb, 19:06
...wenn das nicht herzzerreissend ist.
(Die Ameise an sich ist ja bekannt für Aufopferung)