Tag 15 - Anderes Baustelle
In einer Oase, die sich zum Glück nicht als Halluzination herausgestellt hat, habe ich mich gestärkt und irgendwann die Wüste hinter mir gelassen. Mich damit abgefunden, dass ich noch eine Weile unterwegs sein werde.
Schon von weitem höre ich die Geräusche und bin gespannt, was mich erwartet. Ein wildes Bergvolk von Ureinwohnern, die trommeln, schreien und um ein Feuer springen? Danach wäre mir jetzt. Sie würden mich nichts fragen, mich als Initiationsritus mit bunten Muscheln schmücken, mit roter Erde bemalen und aufnehmen in ihre Mitte. Mit mir archaische Tänze aufführen, bis ich in Trance falle, mich später in ein gemütliches Zelt tragen und meinen Schlaf bewachen.
Das gleichmäßige Trommeln entpuppt sich als Presslufthammer. Das wilde Bergvolk als ein Trupp Maurer auf einer riesigen Baustelle.
„Das bin ich?“, frage ich ängstlich und starre auf den Schutt, zerbrochenes Glas und Teile aus Beton und Ziegeln. Sie antworten nicht, sondern stapeln Stein auf Stein, graben, zementieren. Zumindest einige von ihnen, der Rest schaut zu. Eine ganz normale Baustelle.
Inmitten des Schauplatzes ein hoher, einsamer Pfeiler.
Noch ein Versuch. „Was ist das?“ Ich habe Glück. Der soeben Angesprochene ist der Polier und hat beschlossen, mit mir zu sprechen.
„Selbstbewusstsein“, murmelt er. Bauarbeiter sind Bauarbeiter und keine Sophisten, denke ich und gebe mich mit der Antwort zufrieden. Halbzufrieden.
„Wie lange baut ihr da schon dran?“
„Ewig.“
„Und wann wird es fertig?“
„Nie.“
„Warum nicht, es kann doch nicht noch größer werden, als es ohnehin schon ist.“ In meiner Stimme schwingt Stolz mit.
„Siehst du die beiden Bäche dort unten? Zweifel und Angst. Sie unterspülen den Pfeiler ständig und wir haben beide Hände voll zu tun, um ihn zu stabilisieren. Hin und wieder dringt jemand ein, der ihn kippen will. Feindliche Feinde.“ Es war der längste Satz in seinem bisherigen Leben.
So so, feindliche Feinde. Schade, dass sie nicht freundlich sind, die Feinde.
„Aber wenn er so stark ist, wie kann er dann umfallen?“
„Ach“, der Polier öffnet eine neue Flasche Bier mit dem Feuerzeug, „alles ein Bluff. Nur fürs Publikum. Die Säule schaut zwar stark aus, in Wahrheit aber ist sie innen hohl.“
„Dann füllt sie gefälligst“, brülle ich ihn an, „steht hier nicht faul herum, ihr Säcke, sondern gießt Fertigbeton hinein, oder Bier. Macht ihn stabiler. Ihr müsst unbedingt verhindern, dass er bei dem kleinsten Erdbeben in sich zusammenkracht!"
Voller Mitleid schaut der Arbeiter erst mich an, dann - ganz ohne Mitleid - seine Uhr. „Ein andermal“, drückt er mir die Schaufel in die Hand, „aber mach doch selbst, wenn es dich so stört. Wir haben jetzt Dienstschluss.“
Hallo ihr!
Heute habe ich geschwitzt wie noch nie. Ich muss verhindern, dass das Ding umfällt und schaufle tonnenweise Erde von Zuversicht um seinen Sockel. Vielleicht habe ich mich überschätzt und es ein Stück zu hoch gebaut.
Kommt bitte und helft mir.
Schon von weitem höre ich die Geräusche und bin gespannt, was mich erwartet. Ein wildes Bergvolk von Ureinwohnern, die trommeln, schreien und um ein Feuer springen? Danach wäre mir jetzt. Sie würden mich nichts fragen, mich als Initiationsritus mit bunten Muscheln schmücken, mit roter Erde bemalen und aufnehmen in ihre Mitte. Mit mir archaische Tänze aufführen, bis ich in Trance falle, mich später in ein gemütliches Zelt tragen und meinen Schlaf bewachen.
Das gleichmäßige Trommeln entpuppt sich als Presslufthammer. Das wilde Bergvolk als ein Trupp Maurer auf einer riesigen Baustelle.
„Das bin ich?“, frage ich ängstlich und starre auf den Schutt, zerbrochenes Glas und Teile aus Beton und Ziegeln. Sie antworten nicht, sondern stapeln Stein auf Stein, graben, zementieren. Zumindest einige von ihnen, der Rest schaut zu. Eine ganz normale Baustelle.
Inmitten des Schauplatzes ein hoher, einsamer Pfeiler.
Noch ein Versuch. „Was ist das?“ Ich habe Glück. Der soeben Angesprochene ist der Polier und hat beschlossen, mit mir zu sprechen.
„Selbstbewusstsein“, murmelt er. Bauarbeiter sind Bauarbeiter und keine Sophisten, denke ich und gebe mich mit der Antwort zufrieden. Halbzufrieden.
„Wie lange baut ihr da schon dran?“
„Ewig.“
„Und wann wird es fertig?“
„Nie.“
„Warum nicht, es kann doch nicht noch größer werden, als es ohnehin schon ist.“ In meiner Stimme schwingt Stolz mit.
„Siehst du die beiden Bäche dort unten? Zweifel und Angst. Sie unterspülen den Pfeiler ständig und wir haben beide Hände voll zu tun, um ihn zu stabilisieren. Hin und wieder dringt jemand ein, der ihn kippen will. Feindliche Feinde.“ Es war der längste Satz in seinem bisherigen Leben.
So so, feindliche Feinde. Schade, dass sie nicht freundlich sind, die Feinde.
„Aber wenn er so stark ist, wie kann er dann umfallen?“
„Ach“, der Polier öffnet eine neue Flasche Bier mit dem Feuerzeug, „alles ein Bluff. Nur fürs Publikum. Die Säule schaut zwar stark aus, in Wahrheit aber ist sie innen hohl.“
„Dann füllt sie gefälligst“, brülle ich ihn an, „steht hier nicht faul herum, ihr Säcke, sondern gießt Fertigbeton hinein, oder Bier. Macht ihn stabiler. Ihr müsst unbedingt verhindern, dass er bei dem kleinsten Erdbeben in sich zusammenkracht!"
Voller Mitleid schaut der Arbeiter erst mich an, dann - ganz ohne Mitleid - seine Uhr. „Ein andermal“, drückt er mir die Schaufel in die Hand, „aber mach doch selbst, wenn es dich so stört. Wir haben jetzt Dienstschluss.“
Hallo ihr!
Heute habe ich geschwitzt wie noch nie. Ich muss verhindern, dass das Ding umfällt und schaufle tonnenweise Erde von Zuversicht um seinen Sockel. Vielleicht habe ich mich überschätzt und es ein Stück zu hoch gebaut.
Kommt bitte und helft mir.
testsiegerin - 16. Mai, 22:20