Briefverkehr 11
Liebe Barbara,
danke, dass du da warst. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht damit gerechnet. Bist du immer so überpünktlich?
Ich hab dich ja sofort erkannt, nicht nur wegen der Mohnblume, die du zwischen deine Lippen geklemmt hattest. Das schwarze Kleid stand dir ausgezeichnet. Hast du eigentlich gemerkt, wie sehr ich mich bemüht habe, dir nicht ins Dekolleté zu starren?
Sag mal, war das nun der Lippenstift, den ich dir geschenkt habe? Leider hast du mir die Frage ja nicht beantwortet.
Beim marinierten Huchen mit Muskatkürbis & Paprika dachte ich noch, du bist vielleicht ein bisschen schüchtern und brauchst etwas Anlaufzeit. Also hab ich dir halt ein paar Schnurren aus meinem Alltag auf der Strafabteilung erzählt. Kein Wort kam durch deine Lippen. Gut, dachte ich bei der Wachtel mit Steinpilzen, Waldaromaten & Feige, sie ist sauer auf mich, damit muss ich leben, Hauptsache, das Essen schmeckt ihr. Es hat dir doch geschmeckt, nicht wahr? Wenigstens beim Ober hättest du dich und wieder dafür bedanken können, dass er dir so eifrig den 2003 Pinot Noir „Select“ nachgeschenkt hat. Immerhin hast du anerkennend genickt und ihn angelächelt. Und wie du ihn angelächelt hast. Ich saß da und schaute dich zärtlich an, noch immer voller Hoffnung, dass du das Schweigen endlich brichst und dein Lächeln irgendwann mir gilt. Ich hab mich geschämt dafür, dass ich dich in meinen Briefen angeschwindelt habe. Hast du dich an meinem schlechten Gewissen geweidet?
Beim gebratenen Rehbock vom Hochschwab mit Zwieback, Quitten & gedörrten arabischen Datteln hab ich mich in mein Schicksal gefügt und auch an die Blicke der Herrschaften am Nachbartisch gewöhnt, für die wir wohl ein sehr seltsames Paar waren.
Die Überraschung dein Schuhwerk betreffend, die ist dir gelungen. Alle haben sie geschaut, alle, als du – nach dem wievielten Glas vom 2001er Lamaione aus Frescobaldi war das eigentlich? – mit hoch erhobenem Kopf in diesen klobigen schwarzen Gummistiefeln aufs Klo gingst. Vor allem ich hab geschaut. Ich dachte, du hättest gar keine Gummistiefel? Hast du mich auch ein bisschen angeschwindelt in deinen Schreiben?
Danke trotzdem, dass du bis nach dem Dessert gewartet hast, ehe du mir den Merlot ins Gesicht geschüttet und mich wie einen begossenen Pudel im Restaurant sitzen hast lassen. Das nächste Mal gib mir bitte vorher Bescheid, damit ich für diesen Zweck eine billigere Flasche bestelle.
Ich schick dir die Rechnung von der Putzerei mit. Ich bin nämlich kein Hampelmann. Nur ein Mann. Einer, der einen großen Fehler gemacht hat und diesen wieder gutmachen wollte. Ich weiß, ich hab mich daneben benommen. Ich hab mich dafür entschuldigt und dich zum Essen eingeladen. Das hab ich gern getan. Ich hab mich sogar von dir demütigen lassen. Das jedoch äußerst ungern.
War die Rache süß? So süß wie die gefüllten Schokoladenblätter mit Maronen und Gewürzorange?
Herwig
P.S. Du siehst trotzdem großartig aus, wenn du wütend bist.
danke, dass du da warst. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht damit gerechnet. Bist du immer so überpünktlich?
Ich hab dich ja sofort erkannt, nicht nur wegen der Mohnblume, die du zwischen deine Lippen geklemmt hattest. Das schwarze Kleid stand dir ausgezeichnet. Hast du eigentlich gemerkt, wie sehr ich mich bemüht habe, dir nicht ins Dekolleté zu starren?
Sag mal, war das nun der Lippenstift, den ich dir geschenkt habe? Leider hast du mir die Frage ja nicht beantwortet.
Beim marinierten Huchen mit Muskatkürbis & Paprika dachte ich noch, du bist vielleicht ein bisschen schüchtern und brauchst etwas Anlaufzeit. Also hab ich dir halt ein paar Schnurren aus meinem Alltag auf der Strafabteilung erzählt. Kein Wort kam durch deine Lippen. Gut, dachte ich bei der Wachtel mit Steinpilzen, Waldaromaten & Feige, sie ist sauer auf mich, damit muss ich leben, Hauptsache, das Essen schmeckt ihr. Es hat dir doch geschmeckt, nicht wahr? Wenigstens beim Ober hättest du dich und wieder dafür bedanken können, dass er dir so eifrig den 2003 Pinot Noir „Select“ nachgeschenkt hat. Immerhin hast du anerkennend genickt und ihn angelächelt. Und wie du ihn angelächelt hast. Ich saß da und schaute dich zärtlich an, noch immer voller Hoffnung, dass du das Schweigen endlich brichst und dein Lächeln irgendwann mir gilt. Ich hab mich geschämt dafür, dass ich dich in meinen Briefen angeschwindelt habe. Hast du dich an meinem schlechten Gewissen geweidet?
Beim gebratenen Rehbock vom Hochschwab mit Zwieback, Quitten & gedörrten arabischen Datteln hab ich mich in mein Schicksal gefügt und auch an die Blicke der Herrschaften am Nachbartisch gewöhnt, für die wir wohl ein sehr seltsames Paar waren.
Die Überraschung dein Schuhwerk betreffend, die ist dir gelungen. Alle haben sie geschaut, alle, als du – nach dem wievielten Glas vom 2001er Lamaione aus Frescobaldi war das eigentlich? – mit hoch erhobenem Kopf in diesen klobigen schwarzen Gummistiefeln aufs Klo gingst. Vor allem ich hab geschaut. Ich dachte, du hättest gar keine Gummistiefel? Hast du mich auch ein bisschen angeschwindelt in deinen Schreiben?
Danke trotzdem, dass du bis nach dem Dessert gewartet hast, ehe du mir den Merlot ins Gesicht geschüttet und mich wie einen begossenen Pudel im Restaurant sitzen hast lassen. Das nächste Mal gib mir bitte vorher Bescheid, damit ich für diesen Zweck eine billigere Flasche bestelle.
Ich schick dir die Rechnung von der Putzerei mit. Ich bin nämlich kein Hampelmann. Nur ein Mann. Einer, der einen großen Fehler gemacht hat und diesen wieder gutmachen wollte. Ich weiß, ich hab mich daneben benommen. Ich hab mich dafür entschuldigt und dich zum Essen eingeladen. Das hab ich gern getan. Ich hab mich sogar von dir demütigen lassen. Das jedoch äußerst ungern.
War die Rache süß? So süß wie die gefüllten Schokoladenblätter mit Maronen und Gewürzorange?
Herwig
P.S. Du siehst trotzdem großartig aus, wenn du wütend bist.
testsiegerin - 8. Nov, 18:25