A wie Apfel
„Stell dir mal vor“, sagt der A. bei unserem wöchentlichen Abendessen, „ich hab einen Apfelbaum.“
„Aber du hast ja nicht mal einen Garten“, werfe ich Worte und den Gruß der Küche ein, „wie kommst du zu einem Apfelbaum?“
„Du sollst dir das ja nur vorstellen“, sagt A. und ich stelle mir also seinen Apfelbaum vor, ohne Garten. „Der Apfelbaum wirft Äpfel ab“, fährt er fort und auch das stelle ich mir vor. „Wenn ich mehr Äpfel habe, als ich selber essen kann, und jemand, den ich mag, mag gern Äpfel, dann schenke ich eben einen Kübel her“, sagt er.
„Ja, das kenn ich“, nicke ich, denn ich hab einen Birnenbaum, der regelmäßig mehr abwirft, als ich brauchen kann. Obwohl man Äpfel bekanntlich mit Birnen nicht vergleichen kann.
„Die Leute nehmen den Kübel mit den Äpfeln und backen Apfelkuchen und freuen sich und als Dank bringen sie mir ein Stück Apfelkuchen mit, und ich freue mich, obwohl ich keinen Dank dafür brauche, weil mir ihre Freude Dank genug ist.“
Ich nicke wieder, denn ich habe den Mund grad mit der geräucherten Forelle auf Wildkräutern voll, und frage mich, warum A. sich grad so intensiv mit Äpfeln beschäftigt.
„Überlegst du dir, ein Apfelbäumchen zu pflanzen?“, frage ich, als ich geschluckt habe.
„Wenn die Leute sich bei Äpfeln so normal verhalten, warum werden sie dann beim Geld so komisch?“, fragt A., sich und mich. „Was ist der Unterschied zwischen Äpfeln und Geld.“
Ehe ich meine rudimentären Biologiekenntnisse loswerden kann, erzählt er
von seiner Kollegin K., die er mag, als Mensch und als Kollegin, und die so gern eine Ausbildung machen möchte. Sie hat das Talent dafür und die Leidenschaft, das einzige, was sie nicht hat, ist das notwendige Geld. „Und wenn einer mehr von etwas hat, als er brauchen kann, jemand anderer aber weniger, als er brauchen würde, ist es dann eigentlich nicht das normalste auf der Welt, ihm das einfach zu geben?“
„Nun ja“, sage ich und das Kalb zergeht wie Butter auf meiner Zunge.
Er erzählt mir, dass er Angst hat, K. das Geld für die Ausbildung anzubieten, weil er befürchtet, es würde sich alleine durch dieses Angebot etwas in ihrer kollegialen Beziehung verändern, und das möchte er nicht. Er will kein Machtgefälle, er will nicht, dass sie sich unterlegen fühlt und klein, weil sie sich die Ausbildung nicht leisten kann. Er will nicht, dass sie glaubt, sie müsse sich dafür irgendwie erkenntlich zeigen. Er will sich nicht in dem Glanz sonnen, ein großzügiger Gönner zu sein. Und drum weiß er nicht, wie er ihr sagen soll, dass sie sich bitte einfach für die Ausbildung anmelden soll, ehe verstrichen die Frist.
„Biete ihr einen nicht rückzahlbaren Kredit an“, schlage ich beim geschäumten grünen Apfel im Glas vor, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass kaum jemand Schuldgefühle hat, Geld von einer Bank anzunehmen, auch wenn er es nicht zurückzahlen kann.
Er hat Recht, wir Leute sind komisch, wenn es um Geld geht.
A. lädt mich jede Woche zum Essen ein, seit ein paar Jahren. Ich genieße seine Gesellschaft, unsere Gespräche und das feine Essen. Nie gibt er mir das Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein, es ist eine Essbeziehung auf gleicher Augenhöhe. Beide nehmen und geben wir. Aufmerksamkeit. Geschichten. Lachen. Nähe. Dank will er nicht und er freut sich wie ein kleines Kind, als eine Freundin meiner Tochter, die er zu deren Geburtstag zum Essen ausführt, beim Abschied nicht artig „danke“ sagt, sondern „ich schätze dich wert, A.“ Und zwar nicht wegen der Einladung, sondern einfach so.
Wenn ich über A. und unsere gemeinsamen Essen erzähle, passiert es immer wieder, dass Menschen mutmaßen, er würde mich nur ins Bett kriegen wollen (das wäre mittlerweile eine ziemlich teure Angelegenheit) oder aber, ich wäre berechnend und würde mich von ihm aushalten lassen. Dass wir einfach eine Freundschaft haben, in der jeder gibt, was er kann, verstehen die wenigsten.
Mit Äpfeln wäre alles ein bisschen einfacher.
„Aber du hast ja nicht mal einen Garten“, werfe ich Worte und den Gruß der Küche ein, „wie kommst du zu einem Apfelbaum?“
„Du sollst dir das ja nur vorstellen“, sagt A. und ich stelle mir also seinen Apfelbaum vor, ohne Garten. „Der Apfelbaum wirft Äpfel ab“, fährt er fort und auch das stelle ich mir vor. „Wenn ich mehr Äpfel habe, als ich selber essen kann, und jemand, den ich mag, mag gern Äpfel, dann schenke ich eben einen Kübel her“, sagt er.
„Ja, das kenn ich“, nicke ich, denn ich hab einen Birnenbaum, der regelmäßig mehr abwirft, als ich brauchen kann. Obwohl man Äpfel bekanntlich mit Birnen nicht vergleichen kann.
„Die Leute nehmen den Kübel mit den Äpfeln und backen Apfelkuchen und freuen sich und als Dank bringen sie mir ein Stück Apfelkuchen mit, und ich freue mich, obwohl ich keinen Dank dafür brauche, weil mir ihre Freude Dank genug ist.“
Ich nicke wieder, denn ich habe den Mund grad mit der geräucherten Forelle auf Wildkräutern voll, und frage mich, warum A. sich grad so intensiv mit Äpfeln beschäftigt.
„Überlegst du dir, ein Apfelbäumchen zu pflanzen?“, frage ich, als ich geschluckt habe.
„Wenn die Leute sich bei Äpfeln so normal verhalten, warum werden sie dann beim Geld so komisch?“, fragt A., sich und mich. „Was ist der Unterschied zwischen Äpfeln und Geld.“
Ehe ich meine rudimentären Biologiekenntnisse loswerden kann, erzählt er
von seiner Kollegin K., die er mag, als Mensch und als Kollegin, und die so gern eine Ausbildung machen möchte. Sie hat das Talent dafür und die Leidenschaft, das einzige, was sie nicht hat, ist das notwendige Geld. „Und wenn einer mehr von etwas hat, als er brauchen kann, jemand anderer aber weniger, als er brauchen würde, ist es dann eigentlich nicht das normalste auf der Welt, ihm das einfach zu geben?“
„Nun ja“, sage ich und das Kalb zergeht wie Butter auf meiner Zunge.
Er erzählt mir, dass er Angst hat, K. das Geld für die Ausbildung anzubieten, weil er befürchtet, es würde sich alleine durch dieses Angebot etwas in ihrer kollegialen Beziehung verändern, und das möchte er nicht. Er will kein Machtgefälle, er will nicht, dass sie sich unterlegen fühlt und klein, weil sie sich die Ausbildung nicht leisten kann. Er will nicht, dass sie glaubt, sie müsse sich dafür irgendwie erkenntlich zeigen. Er will sich nicht in dem Glanz sonnen, ein großzügiger Gönner zu sein. Und drum weiß er nicht, wie er ihr sagen soll, dass sie sich bitte einfach für die Ausbildung anmelden soll, ehe verstrichen die Frist.
„Biete ihr einen nicht rückzahlbaren Kredit an“, schlage ich beim geschäumten grünen Apfel im Glas vor, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass kaum jemand Schuldgefühle hat, Geld von einer Bank anzunehmen, auch wenn er es nicht zurückzahlen kann.
Er hat Recht, wir Leute sind komisch, wenn es um Geld geht.
A. lädt mich jede Woche zum Essen ein, seit ein paar Jahren. Ich genieße seine Gesellschaft, unsere Gespräche und das feine Essen. Nie gibt er mir das Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein, es ist eine Essbeziehung auf gleicher Augenhöhe. Beide nehmen und geben wir. Aufmerksamkeit. Geschichten. Lachen. Nähe. Dank will er nicht und er freut sich wie ein kleines Kind, als eine Freundin meiner Tochter, die er zu deren Geburtstag zum Essen ausführt, beim Abschied nicht artig „danke“ sagt, sondern „ich schätze dich wert, A.“ Und zwar nicht wegen der Einladung, sondern einfach so.
Wenn ich über A. und unsere gemeinsamen Essen erzähle, passiert es immer wieder, dass Menschen mutmaßen, er würde mich nur ins Bett kriegen wollen (das wäre mittlerweile eine ziemlich teure Angelegenheit) oder aber, ich wäre berechnend und würde mich von ihm aushalten lassen. Dass wir einfach eine Freundschaft haben, in der jeder gibt, was er kann, verstehen die wenigsten.
Mit Äpfeln wäre alles ein bisschen einfacher.
testsiegerin - 15. Jan, 07:55