Das Horst-Prinzip

„Was ist los mit dir, Horst?“, fragten seine Freunde und prosteten ihm zu. "Du wirkst irgendwie so nachdenklich."
„Ach, ich weiß nicht. Ich kann mich nicht entscheiden zwischen Beruf und Familie.“ Die anderen Männer am Stammtisch nickten verständnisvoll.
„Ich mag meinen Job im Baumarkt“, fuhr Horst fort, „das wisst ihr doch, aber ich bin jetzt 34 und es wird schön langsam Zeit, an Kinder zu denken. Aber kriege ich beides unter einen Hut?“
„Wieso beides?“, rümpfte Kevin die Nase, „der von der Natur vorgesehene Platz des Mannes ist zu Hause. Solange du keine Kinder hast, find ich es schon o.k., dass du arbeitest, ist ja gut fürs Ego, nicht wahr? Aber die Kinder brauchen einen Vater. Einen, der da ist. Wer soll bitte sonst Lego-Autos bauen und Traktorrennen veranstalten? Mütter kennen ja nicht mal den Unterschied zwischen einem John Deere und einem Claas. Und später, wenn die Kinder erst mal studieren, kannst du ja dazuverdienen. Wenigstens Teilzeit oder ein bisschen Heimarbeit.“
„Hm.“ So richtig glücklich wirkte Horst nicht über die Antwort seines Freundes. „Aber meint ihr nicht, dass es Zeit für uns Männer ist, uns zu emanzipieren? Frauen können doch auch Arbeit und Familie miteinander verbinden.“
„Ach“, David machte eine wegwerfende Handbewegung, „Emanzipation war in den 2020ern, ich find gut, dass wir uns wieder auf die wesentlichen Werte rückbesinnen und kapieren, dass das Glück nicht außer Haus zu finden ist. Sei doch ein richtiger Mann und steh dazu, du musst nicht alles so gut können wie die Frauen.“
„Verdient deine Frau so wenig, dass du es notwendig hättest, neben den Kindern zu arbeiten?“ Kevin ließ nicht locker. „Außerdem kriegst du ja das Kindergeld.“
„Es ist nur“, flüsterte Horst beschämt, „ich fürchte halt, dass mich Haushalt und Kinder nicht ausfüllen auf Dauer.“
Jetzt mischte sich auch Ali ein. „Es gibt kein größeres Glück als wenn die Kinder und die Frau glücklich sind“, strahlte er. „Wenn sie das erste Mal Traktor sagen. Und Gokart fahren lernen. Oder wenn der Badezimmerboden so glänzt, dass man davon essen kann. Wenn deine Frau dir am Abend ein reizendes Lächeln schenkt, weil du nicht nur mit den Kindern gebastelt, sondern auch noch Gefüllte Paprika gekocht hast, mit frischen Paradeisern aus dem Garten. Das ist ein ganz wertvoller Beitrag für ein funktionierendes Gesellschaftssystem. So sei doch nicht so egoistisch! Du mit deinem Selbstverwirklichungstrip.“
„Es ist ja nur“, versuchte Horst es noch einmal, „dass ich Angst habe, dass mein Job danach weg ist und ich in all den Jahren zu Hause die Entwicklungen auf dem Bau-Markt völlig verschlafe. Und wenn ich ehrlich bin, dann möchte ich nicht so abhängig sein, dass ich meine Frau fragen muss, ob ich Geld für ein Bier haben darf, neben dem Haushaltsgeld.“
„Aber Horst“, Kevin klopfte ihm auf die Schulter. „Auf das Bier, auf das lad ich dich ein. Wenn du nicht am Abend ohnehin zu erschöpft bist dafür. Und wenn deine Frau dich weglässt.“
darkrond - 17. Sep, 13:35

!


PeZwo - 17. Sep, 15:48

Fortsetzung. 10 Jahre später.

Kevin: „Sag mal Horst, stimmt es dass du dich scheiden lässt? Horst nickte und ein stahlharter Ausdruck ging durch seine Augen. „Sie hatte überhaupt keine Zeit mehr für mich und die Kinder, sie lebte nur mehr für ihren Job. Ich habe jetzt eine andere Frau gefunden, welche viel Zeit hat und mich und die Kinder auch versteht.“
„Ich weiß, die Doris ist deine Neue“ gab sich David wissend „aber die arbeitet ja kaum was, Wovon wollt ihr leben?“ Die Stimme von Horst erhob sich: „Was heißt sie arbeitet nichts? Sie ist Künstlerin und lebt von ihren Bildern.“.
„Das kann doch nie und nimmer funktionieren. Von dem Ertrag der paar Bilder, welche sie ab und zu verkauft, kann doch niemand leben.
„Das macht doch nichts. Ich bekomme nach der Scheidung von meiner zukünftigen Ex-Frau Unterhalt und Alimente für die Kinder. Zusammen mit dem Kindergeld und der Wohnbeihilfe geht sich das schon aus.“
Kevin schüttelte den Kopf: „du hast doch keine Ahnung, wie viel Probleme da auf dich zukommen werden. Wo wollt ihr denn wohnen?“
„Naja, in meinen Haus natürlich.“.
Ali schüttelte den Kopf: „Ich verstehe das nicht. Deine Frau hat doch die ganzen Jahre so viel gearbeitet und es ist das Haus fast schon zur Gänze abbezahlt. Glaubst du, dass sie so einfach auszieht?“
Horst schüttelte verständnislos den Kopf: „das muss sie doch. Wenn ich ausziehen muss, dann verlieren auch die Kinder ihren Lebensmittelpunkt und -stil. Das kann ihnen doch eine verantwortungsvolle Mutter nie und nimmer antun.“
Stille.
„Und was machst du, wenn die Kinder groß sind und eigene Wege gehen? Wie findest du dann Arbeit“
Horst überlegt kurz: „Brauche ich nicht. Meine Frau muss für mich solange Unterhalt zahlen, solange ich mich nicht selbst ernähren kann. Und da ich schon zu lange vom Arbeitsmarkt weg bin, finde ich ohnehin keinen meinen Lebensstil angemessenen Job mehr.“
Kevin schaut ungläubig: „und du meinst, dass alles geht so einfach?“
„Natürlich. Ich war schon beim Jugendamt, Scheidungsanwalt und beim Richter. Die haben mir gesagt, dass dies alles gesetzlich gedeckt ist und auch der rechtlichen Praxis entspricht.“
„Und wenn sich deine Frau weigert? Schließlich bist es ja du, der eine neue Freundin hat.“
„Das nutzt ihr nichts. Die Frage der Schuld wird bei einer Scheidung wird vor Gericht nicht mehr gestellt. Außerdem weiß sie ganz genau, dass Streitereien zu Lasten der Kinder gehen würden. Und dies würde sich auf das spätere Besuchsrecht wiederum negativ auswirken“
Wieder Stille.
David, ganz leise: „sag mal, will deine Frau die Scheidung auch?“
Horst, ohne zu zögern: „Nein. Aber ich will mich jetzt auch endlich einmal selbst verwirklichen.“

testsiegerin - 17. Sep, 15:59

pezwo,
danke für die fortsetzung.
immer diese männer, die sich plötzlich selbst finden wollen. meine güte!
monsi2403 - 18. Sep, 16:46

Klasse

ja so ist das mit der Emanzipation... leider hält diese Gesellschaft ja Beruf und Familie für Frauen weitestgehend unvereinbar, da waren sie in einem Teil Deutschlands schon mal weiter (zumindest ansatzweise), aber da sind ja auch die Kinder in Kindergärten verwahrlost ;-)

LG Mr.D.
steppenhund - 17. Sep, 19:22

JA!

genau...

rosmarin - 18. Sep, 10:28

juchz.... immer wieder hübsch.... ich muss das hier mal rauskopieren..... vorsichtshalber. ist ja immer gut, wenn man mal sowas zur hand hat.
und erinnert mich an "die töchter egalias", meine bibel mit 14..... feix :-))

svashtara - 18. Sep, 11:15

*grins* Die Entwicklungen auf dem Baumarkt sind wirklich reizend. Schön, zumal Miss Tagessprecher gerade den krassen Gegenzug vermarktet.
:-)

testsiegerin - 18. Sep, 11:23

vielleicht sollte ich ja auch ein buch schreiben?

titel: das horst-prinzip
svashtara - 18. Sep, 11:27

Eine gute Idee. Das Horst-Prinzip, 101 Gründe, warum Männer zu Hause bleiben sollten. Einer, vermutlich der wichtigste überhaupt, wäre dabei, dass sie dann eben nicht die Entwicklungen auf dem Baumarkt verpassen. Kommt ja genug Werbung mit der Morgenpost...
testsiegerin - 18. Sep, 11:41

hab gleich mal den titel geändert und werde mir den buchtitel schützen lassen. *grinst*
svashtara - 18. Sep, 11:42

klingt nach einem interessanten Projekt... :-D
steppenhund - 18. Sep, 15:48

Das wird in der heutigen Zeit des überhöhten Ratgeberbedarfs sicher ein Bestseller! :)
pringle - 18. Sep, 12:41

ganz nach meinem geschmack. ich habe mich die ganzen jahre schon gefragt, wo sie sind, die feministinnen. irgendwie schien das thema auf eis gelegt... weiter so!

derdickemann - 18. Sep, 18:10

Horst? :)

Sehr schön .....

testsiegerin - 18. Sep, 21:32

natürlich horst. heißt heute noch jemand "adam"?
und ich denke, die welt wartet auf mein neues buch.

und sie sind eh da, die feministinnen, pringles, keine sorge. auch wenn sie sich ständig gefallen lassen müssen, als frustriert und männerhassend hingestellt zu werden.

ich liebe männer ... also zumindest einige von ihnen.
rosmarin - 19. Sep, 02:08

joooo..... grad heute brauch ich deinen text. als buch wärs dann auch nett. zwar werfe ich ratgeber ins feuer, aber nicht die, die ich anderen zuteil werden lasse. iiiiiiiiiiihhhh wie gemein. egal :-))))
larousse - 18. Sep, 22:35

Darum lese ich hier so gern!!

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

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... ich könnte mal wieder eine brasko-geschichte schreiben.
bonanzaMARGOT - 8. Jan, 07:05
OHHH!
OHHH! Hier scheint bei Twoday etwas nicht zu stimmen. Hoffentlich...
Lo - 7. Jan, 13:36

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