Muße statt Muse

Ich hatte viel vor in meinem Urlaub. Das Schlafzimmer neu ausmalen, in einem mediterranen Orangeton, die Türen streichen, in einem polaren Weißton, schreiben, in wortgewaltigem Sprachton, Manuskripte an Verlage schicken, Werbung für Femmes frontales machen und Wellnesshotels anrufen (nicht um dort Urlaub zu machen, sondern um dort aufzutreten), Knöpfe wollte ich annhähen und meine Texte ordnen, ein paar neue Hefte für die Lesungen binden, Sport betreieben, den Keller aufräumen und lauter so unheimlich sinnvolle Sachen wollte ich tun.

Geschrieben hab ich wenig. Was soll man auch schreiben, wenn das aufregendste, das man tagsüber erlebt, ein Gespräch mit dem Bäcker ist? Was soll man erzählen, wenn man keinen Stress hat, sondern mit den Kindern am Lagerfeuer sitzt und Kukuruz brät? Was soll man schreiben, wenn einem nicht mal speckessende, fleischallergische Vegetarier oder solche, die mein Schnitzel als „verwesendes Leichenteil“ verunglimpfen, das Leben schwer machen?

Ein Wellness-Hotel hab ich angerufen. Als die gesagt haben, sie haben kein Interesse, setzte ich mich mit einem Glas Prosecco traurig in den Garten und beschloss, mir so eine Schmach kein zweites Mal anzutun. Deshalb hab ich auch keine Manuskripte an Verlage geschickt. Ich bin für Niederlagen einfach nicht geboren. Keine Ahnung, warum sie trotzdem immer wieder ungebeten eintreten.

Keine einzige Wand hab ich gestrichen, denn erstens hab ich die Farbe nicht gefunden und außerdem war ich nach dem Aufräumen des Schlafzimmers völlig erschöpft. Mein Sohn hat mir dabei keine Pausen gegönnt.

Sport hab ich nicht getrieben. Entweder war das Wetter schlecht oder der Boden matschig oder Besuch da. Zwar keine Niederlagen, aber mein innerer Schweinehund lümmelte auf der Couch rum und wollte, dass ich ihm Gesellschaft leiste. Leider war er grad auf Urlaub, als ich im Hochseilgarten war. Da hat er seinen Kusin, den Ehrgeiz vorbeigeschickt.

Ich musste mich über fast nichts ärgern, außer über den Mann und das Wetter, aber beides kann ich nicht ändern, weshalb das Ärgern irgendwie nur kostet und nichts bringt und ich beschlossen habe, lieber in Gummistiefel und Gelassenheit zu schlüpfen.
Keine Termine, keine drohenden Schularbeiten, sogar mein Auto sprang an, wenn ich es gebraucht hab.

Der Keller ist noch immer nicht aufgeräumt. Aber seien wir mal ehrlich, welcher Besuch geht schon in den Keller und sieht dort nach, ob aufgeräumt ist? Nicht mal meine Mutter hätte das gemacht.

Was ich getan hab in den letzten Wochen? Lang geschlafen, in die Wolken geschaut (da gab es viel zu schauen), Schmuck geschmiedet, Katzen gestreichelt, Eis gegessen, das Lektorat für die Masterthese einer Freundin gemacht, damit sie nicht nur ein Mag. vor dem Namen, sondern auch ein Master of Science nach dem Namen hat, Schwammerl gesucht und gefunden, eingekauft und an der Kassa Kindern, alten Damen und jungen Männern den Vortritt gelassen, gekocht, Kräuter gepflanzt, Tomaten gepflanzt, Unkraut gezupft, Hecken stümperhaft zurückgeschnitten, Kräuter geerntet (das Kräutergießen wurde mir von oben abgenommen), Tomaten gegessen, gekocht, gepuzzelt, gespielt, im Internet gesurft, gebacken, gelesen, Diskuswerfen, Tischtennis und Synchronschwimmen geschaut.
Ja, mich hat die Muße geküsst, nicht die Muse. Ein orthographischer Irrtum mit Folgen.

Ich war nicht tüchtig in meinem Urlaub. Ich habe nichts geschafft. Vielleicht war das gut so.

"Muße, nicht Arbeit, ist das Ziel des Menschen"
(Oscar Wilde, Der Sozialismus und die Seele des Menschen)
datja - 20. Aug, 19:37

bravissimo.

wie sagt der entspannte freund meiner freundin immer wieder? "lass zeit"
super sache!

Becksi (Gast) - 20. Aug, 20:54

Urlaub....

kommt von erlauben. Und du hast dir erlaubt was dir Spaß macht. Ist doch Super. Deinen tollen Schmuck habe ich wirklich bewundert. Den Silberring mit der Koralle würde ich sofort nehmen.

Herzliche Grüße

P. S. Prödl geht es immer noch gut!
testsiegerin - 23. Aug, 10:14

Ehrlich gesagt, mir gefällt der Korallenring auch besser als ein ausgemaltes Schlafzimmer. Das kann ich nächstes Jahr auch noch machen.
Außerdem hab ich jetzt auch noch einen niegelnagelneuen Ohranhänger mit einem Stachelschweinstachel gemacht.

p.s. prödl hat auch gegen italien gut gespielt. vielleicht wird ja mein foto mit ihm noch mal viel wert ;-)
katiza - 20. Aug, 21:11

Chapeau

das hast du richtig gut gemacht!!!!!!

testsiegerin - 23. Aug, 10:17

Ja, das find ich auch. Das schlechte Gewissen kommt wahrscheinlich irgendwann später.
Becksi (Gast) - 23. Aug, 12:06

Projektplanung

Vielleicht schaffen wir es ja doch noch unser Cordoba-Marketing-Projekt in die Tat umzusetzen. Mit deinen Connections zu Prödl und Werder und mit Vitamin B würde das bestimmt hinhauen.


Hier die Werderseite: http://www.werder.de/

Das Mannschaftsfoto ist auch auf der Seite drauf. Hier bekomme ich es leider nicht hochgeladen.

Möchtest du vielleicht das Bild als Poster haben? Gab es letzt als Beilage in unserer Tageszeitung und ich habe es extra für dich aufgehoben!
Das ist ganz ernst gemeint und kein Jux.


P. S. Streich doch dein Schlafzimmer, wenn es draußen kalt und nass ist und du sowieso nichts besseres zu tun hast.

Irene (Gast) - 27. Okt, 18:27

Und Oscar Wilde beweist mal wieder, dass er einer der größten Denker der Weltgeschichte ist. Sehr schöner Satz zum Abschluss. Ich musste auch erst wieder feststellen, dass das Leben immer Niederlagen und Rückschläge mit sich bringt. Das gehört dazu und man geht daraus gestärkt hervor. Also nicht verzagen und trau dich, die Manuskripte abzuschicken. Weniger als ein Nein kann nicht kommen.
Und zur Not einfach mal Frustshoppen.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
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Lo - 5. Feb, 17:25
Vielen Dank! Du findest...
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kontor111 - 29. Jan, 08:44
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OHHH!
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