Samstag, 25. September 2010

Die kleine Prinzessin

Es war einmal eine kleine Prinzessin, die lebte mit dem König, der Königin und ihrem Prinzenbruder in einem alten, baufälligen Schloss.
Der König war immer sehr beschäftigt, denn sein Reich war groß und er musste es Tag und Nacht vor Angriffen und Bedrohungen schützen.
König und die Königin waren zwar reich an Kreativität und Humor, jedoch arm an irdischen Gütern. Gold und Geschmeide waren längst verkauft, Kammerzofen und Kammerdiener konnten sie sich keine mehr leisten.
(Hofnarren brauchten sie hier ohnehin nicht, diese Rolle übernahm abwechselnd jemand aus der königlichen Familie).
Deshalb kümmerte sich der große Prinzenbruder um die königliche Wäsche, das königliche Geschirr und die königlichen Haselnüsse, baute im Schlossgarten Kräuter, Früchte und Kartoffel an und pflegte die weitläufige Parkanlage.
Die kleine Prinzessin ging noch zur Schule, rechnete tagein, tagaus und entwickelte sich dank des weisen Beraters und Hofgelehrten zum Mathematikgenie. Auf dem Hof sorgte sie sich um die zahlreichen Tiere in den Stallungen, striegelte ihr Fell, sprach mit ihnen und schüttete ihnen ihr Herz aus. Weil so ein Leben sehr anstrengend war, schlief die Prinzessin lange und oft.

„Liebes Kind“, sagte die Königin eines Tages und drückte die Prinzessin an sich. „Du bist zwar jetzt erwachsen. Irgendwann wirst du auch eine stolze und schöne Königin sein wie ich“, sie wischte sich eine Träne aus dem Auge, „aber noch bist du mein kleines Mäuschen.“ Eine andere Königin hätte vielleicht hinzugefügt: „Tu nichts, was ich nicht auch tun würde.“ Diese Königin aber sagte: „Tu lieber nicht, was ich alles getan hab.“
Die Prinzessin rollte mit den Augen, die Königin war wieder einmal peinlich. Peinlicher war nur noch die adoptierte Großmutter, die – vermutlich aufgrund ihres Alters - verlernt hatte, sich in Gesellschaft zu benehmen.

„Pack dein Köfferchen, Kind“, fuhr die Königin fort. „Wir werden anlässlich deiner Volljährigkeit eine kleine Reise machen. Und vergiss dein Abendkleid nicht, wir wollen heute Abend schön sein.“
Der König wuchtete das Gepäck in die schwarze Kutsche mit dem königlichen Wappen der Sonnenspirale und verabschiedete sich hastig von der Königin und der Prinzessin. „Ich kann euch leider nicht begleiten…“, stammelte er, „sie greifen schon wieder an.“
„Ich kann auch nicht“, sagte der Prinzenbruder, „die Bauern im Reich ernten Kartoffeln. Ich muss die Ernte überwachen.“

Die Kutsche fuhr durch ein malerisches, grünes Tal und hielt vor einem prunkvollen Bau. „Wir werden uns hier ein wenig von der Mühsal des königlichen Alltags erholen“, nahm die Königin ihr Prinzesschen an der Hand, geleitete sie in den Südtrakt und schenkte ein Glas Champagner ein. „Auf’s Leben“, lächelte sie, und: „Hab keine Angst vor dem Älterwerden, man kann auch noch Spaß haben, wenn man erwachsen ist. Es gibt nicht nur königliche Pflichten, sondern auch königliche Vergnügungen. Das ist eine davon“, ließ sie sich in ihr Bett fallen.

Königin und Prinzessin lustwandelten durch die sanften Gärten des malerischen Tales. Später ruhten sie sich aus, widmeten sich ihrer Lektüre und machten sich frisch. Eine liebreizende Kammerzofe träufelte ein paar Tropfen Öl auf den Körper der kleinen Prinzessin und knetete sanft den von den Kümmernissen des Lebens gemarterten Rücken.
Später schöpfte der Kammerdiener Wasser aus einem hölzernen Zuber und goss es auf die heißen Steine. „Hmmm…“, stöhnte die Prinzessin, und „Aaaaahhh“ die Königin.

„Aufwachen, mein kleines Mäuschen“, flüsterte die Königin der Prinzessin ins Ohr, die vor Entspannung eingeschlafen war. „Wir haben noch etwas vor. Mach dich schön!“

In der nahen Stadt trafen sie auf die wunderhübsche, wunderkluge, blondbeinige Prinzessin aus dem Nachbarreich. Sowohl die Königin als auch die kleine Prinzessin hatten sie in ihre Herzen geschlossen und freuten sich. Gemeinsam gönnten sie sich ein üppiges Mahl, aßen von silbernen Löffelchen und tranken aus kristallenenen Gläsern. „Du bist endlich erwachsen!“, hob die Nachbarprinzessin ihren Becher, „also wollen wir dich in die Welt der Erwachsenen einführen.“
Die Prinzessin hob die Augenbrauen. Oh, dachte sie, das klingt spannend. Sie schloss die Augen. In ihrer Fantasie ritten wilde, stolze Prinzen auf wilden, stolzen Pferden durch die Landschaft. Einer der Prinzen, der letzte, der ein wenig krumm auf seinem hinkenden Pferd saß, ritt geradewegs auf sie zu. Er zitierte lateinische Verse. Die kleine Prinzessin zuckte zusammen. „Neiiiiin!“, schrie sie.
„Keine Angst.“ Die blondbeinige, große Prinzessin legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter. „Es war nur ein Alptraum. Prinz Figidor kommt nicht mit. Wir frönen heute dem Glücksspiel.“

Die Königin setzte alles auf Rot. Sogar ihr Halsband, die Brosche und den Ehering. Die Kugel rollte. „Sie sind so peinlich, Frau Königin“, seufzte die kleine Prinzessin lächelnd, denn tief in ihrem Inneren liebte sie die Königin fast so sehr wie diese sie.
„Rien ne va plus“, sagte der Croupier. „Nichts geht mehr.“
„Geht eh!“, sagte die große, blondbeinige Prinzessin.
„Gehen wir?“, fragte der stattliche, wunderschöne Prinz mit seinen strahlenden Augen, der aus dem Nichts aufgetaucht war. Er nahm die Hand der kleinen Prinzessin. „Du hast soeben den Hauptpreis gewonnen.“ Sein Lächeln war hinreißend. "Mich.“
Der kleinen Prinzessin schlotterten vor Aufregung die Knie. Sie blickte abwechselnd zur Königin, zur blondbeinigen Prinzessin und dem wunderschönen Prinzen.
„Geh ruhig!“, sagte die Königin. „Tu, was du tun musst. Leb dein Leben. Und sag ihm, wenn er sich als Frosch entpuppt, reiß ich ihm höchstpersönlich den Kopf ab.“


Den Prinz und den Hauptpreis kann ich dir nicht versprechen, Kind. Den Rest schon. Aber sollte der Prinz tatsächlich auftauchen und du mit ihm in die dunkle Nacht verschwinden, teile ich halt die Suite mit der blondbeinigen Nachbarprinzessin.

Alles Gute zum Geburtstag, Kleines!

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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