Harald B. oder wie ich zum Dirndl kam
Dies ist eine Geschichte zum Projekt Kleider machen Leute
Ich war jung und brauchte das Geld. Also hab ich das Angebot, bei einer Dinnerparty zu servieren, gerne angenommen.
„Harald B. Schwarz“, stellte sich der Gastgeber mir vor und verbeugte sich. Harald B. zahlte für einfache Arbeit gut, war witzig und es war leichtverdientes Geld. Und so kam es, dass ich, das Mädchen vom Land, in einer Nobelvilla in Wien Währing, in schwarzem Kleid mit weißer Schürze die Perserjacken und Nerzmäntel der prominenten Gäste entgegennahm.
Nach dem Fest saß ich noch mit Harald B. vor dem Kamin, hörte mir Schnurren aus seinem Leben an und trank feinsten Portwein. Auch dafür wurde ich fürstlich entlohnt, denn es war ein Stundenlohn vereinbart.
Nie wollte Harald B. mehr von mir als meine Gegenwart und vor allem mein Ohr für seine Lebensbeichten. Dabei studierte ich damals noch Russisch und nicht Sozialarbeit. Hin und wieder führte er mich zum Essen aus. Einmal überreichte er mir danach den Schlüssel seines Jaguars und sagte: „Fahr du bitte“
„Ich hab keinen Führerschein.“
„Warum hast du keinen Führerschein?“
„Weil ich ihn mir nicht leisten kann.“
Ein paar Wochen später hatte ich den Führerschein und brachte Harald B. im Jaguar nach Hause.
„Siehst du, wie praktisch das ist“, sagte er.
„Ich hol dich in einer halben Stunde ab, wir gehen essen“, rief Harald B. eines Tages an. Auf dem Festnetz, das Handy war noch nicht erfunden.
„Das geht nicht, ein paar Freundinnen kommen nach Wien, ich muss zum Bahnhof.“
„Dann holen wir sie eben ab.“
Eine halbe Stunde später saßen wir im Jaguar, am Steuer der Chauffeur, und tranken Sekt.
„Harald B. Schwarz“, stellte er sich meinen staunenden Freundinnen vor, die mich verwundert ansahen, weil ich ihnen nie von ihm erzählt hatte.
„Die jungen Damen haben bestimmt Hunger“, sagte Harald B. und die jungen Damen nickten. In einer schummrigen Bar im ersten Bezirk gab es Steaks und Champagner. Den ersten Champagner meines Lebens.
„Warum hast du uns nie etwas von dem erzählt?“, stießen sie mich in die Rippen.
Ich zuckte die Schultern. Keine Ahnung.
Danach bummelten wir durch die Stadt. Harald B. beschimpfte die Pestsäule am Graben. Warum, weiß ich nicht mehr, nur, dass sich alle Leute nach uns umdrehten.
Dann kamen wir beim besten Trachtengeschäft der Stadt vorbei.
„Ein Dirndl würde dir bestimmt gut stehen“, meinte Harald B. und ich lachte. „Lass uns reingehen, die Besitzerin ist eine gute Freundin von mir.“
Während Harald B. mit der Besitzerin plauderte, wurden meine Freundinnen und ich eingekleidet. Vier sagenhaft teure und schöne bodenlange Dirndl, Trachtenschuhe, je zwei Blusen und Schürzen, zum Wechseln, Tücher, alles, was es so braucht.
Meine Freundinnen hatten sich den Wientag mit mir ein bisschen anders vorgestellt. Aber sie genossen es.
Es stand mir wirklich gut, das Dirndl. Einmal hab ich es getragen, am Bauernball in Puchberg am Schneeberg. Ich war wunderschön und wundereinsam. Verkleidet hab ich mich gefühlt und falsch, wie ein Pinguin in der Wüste. Und Polka tanzen konnte ich auch nicht.
Irgendwann hab ich das Dirndl hergeborgt und nie wieder zurückbekommen. Und irgendwann hat auch Harald B. nicht mehr angerufen. Vielleicht, weil ich alle Schnurren aus seinem Leben kannte.
Vor ein paar Jahren hab ich mir ein neues gekauft, weil mein Papa sich gewünscht hat, dass zu seinem runden Geburtstag alle Frauen im Dirndl kommen. Für meine Tochter fanden wir eins mit Totenköpfen statt Edelweiß. Ich hab mir ganz bewusst das billigste und kitschigste ausgesucht, das ich gefunden habe. Mit einem großen pinkfarbenen Herz drauf. Wohl und lustig hab ich mich darin gefühlt, weil mein Papa sich so gefreut hat, dass ich ihm diesen Wunsch erfülle.
Die Liebe macht einfach den Unterschied.
Nachtrag: Wie man sieht, verklärt die Erinnerung einiges. Das Herz war nicht pink, sondern grün.
Ich war jung und brauchte das Geld. Also hab ich das Angebot, bei einer Dinnerparty zu servieren, gerne angenommen.
„Harald B. Schwarz“, stellte sich der Gastgeber mir vor und verbeugte sich. Harald B. zahlte für einfache Arbeit gut, war witzig und es war leichtverdientes Geld. Und so kam es, dass ich, das Mädchen vom Land, in einer Nobelvilla in Wien Währing, in schwarzem Kleid mit weißer Schürze die Perserjacken und Nerzmäntel der prominenten Gäste entgegennahm.
Nach dem Fest saß ich noch mit Harald B. vor dem Kamin, hörte mir Schnurren aus seinem Leben an und trank feinsten Portwein. Auch dafür wurde ich fürstlich entlohnt, denn es war ein Stundenlohn vereinbart.
Nie wollte Harald B. mehr von mir als meine Gegenwart und vor allem mein Ohr für seine Lebensbeichten. Dabei studierte ich damals noch Russisch und nicht Sozialarbeit. Hin und wieder führte er mich zum Essen aus. Einmal überreichte er mir danach den Schlüssel seines Jaguars und sagte: „Fahr du bitte“
„Ich hab keinen Führerschein.“
„Warum hast du keinen Führerschein?“
„Weil ich ihn mir nicht leisten kann.“
Ein paar Wochen später hatte ich den Führerschein und brachte Harald B. im Jaguar nach Hause.
„Siehst du, wie praktisch das ist“, sagte er.
„Ich hol dich in einer halben Stunde ab, wir gehen essen“, rief Harald B. eines Tages an. Auf dem Festnetz, das Handy war noch nicht erfunden.
„Das geht nicht, ein paar Freundinnen kommen nach Wien, ich muss zum Bahnhof.“
„Dann holen wir sie eben ab.“
Eine halbe Stunde später saßen wir im Jaguar, am Steuer der Chauffeur, und tranken Sekt.
„Harald B. Schwarz“, stellte er sich meinen staunenden Freundinnen vor, die mich verwundert ansahen, weil ich ihnen nie von ihm erzählt hatte.
„Die jungen Damen haben bestimmt Hunger“, sagte Harald B. und die jungen Damen nickten. In einer schummrigen Bar im ersten Bezirk gab es Steaks und Champagner. Den ersten Champagner meines Lebens.
„Warum hast du uns nie etwas von dem erzählt?“, stießen sie mich in die Rippen.
Ich zuckte die Schultern. Keine Ahnung.
Danach bummelten wir durch die Stadt. Harald B. beschimpfte die Pestsäule am Graben. Warum, weiß ich nicht mehr, nur, dass sich alle Leute nach uns umdrehten.
Dann kamen wir beim besten Trachtengeschäft der Stadt vorbei.
„Ein Dirndl würde dir bestimmt gut stehen“, meinte Harald B. und ich lachte. „Lass uns reingehen, die Besitzerin ist eine gute Freundin von mir.“
Während Harald B. mit der Besitzerin plauderte, wurden meine Freundinnen und ich eingekleidet. Vier sagenhaft teure und schöne bodenlange Dirndl, Trachtenschuhe, je zwei Blusen und Schürzen, zum Wechseln, Tücher, alles, was es so braucht.
Meine Freundinnen hatten sich den Wientag mit mir ein bisschen anders vorgestellt. Aber sie genossen es.
Es stand mir wirklich gut, das Dirndl. Einmal hab ich es getragen, am Bauernball in Puchberg am Schneeberg. Ich war wunderschön und wundereinsam. Verkleidet hab ich mich gefühlt und falsch, wie ein Pinguin in der Wüste. Und Polka tanzen konnte ich auch nicht.
Irgendwann hab ich das Dirndl hergeborgt und nie wieder zurückbekommen. Und irgendwann hat auch Harald B. nicht mehr angerufen. Vielleicht, weil ich alle Schnurren aus seinem Leben kannte.
Vor ein paar Jahren hab ich mir ein neues gekauft, weil mein Papa sich gewünscht hat, dass zu seinem runden Geburtstag alle Frauen im Dirndl kommen. Für meine Tochter fanden wir eins mit Totenköpfen statt Edelweiß. Ich hab mir ganz bewusst das billigste und kitschigste ausgesucht, das ich gefunden habe. Mit einem großen pinkfarbenen Herz drauf. Wohl und lustig hab ich mich darin gefühlt, weil mein Papa sich so gefreut hat, dass ich ihm diesen Wunsch erfülle.
Die Liebe macht einfach den Unterschied.
Nachtrag: Wie man sieht, verklärt die Erinnerung einiges. Das Herz war nicht pink, sondern grün.
testsiegerin - 14. Jan, 21:00
Aber das Bild von Mutter und Tochter in Dirndln mit Totenkopf und pinkfarbenem Herz hätt ich nur allzu gerne gesehen. - Darauf ein Gläschen Schampus!
Und ich hab das Bild dem Text zugefügt.