Ausradieren

Die strahlende Frau
auf der vergilbten Kinderzeichnung
war mal sie

Damals war der Lack
von den roten Stiefeln
noch nicht
ab/gebrochen
nicht das Herz
ungetrübt der Blick

Mit schwarzen Filzstiften
malt sie dicke Wolken
in den blauen Himmel
und dunkle Regentropfen
über ihren Kopf

Vielleicht sollte ich mich
einfach ausradieren
verschmiert sie mit dem Stück Gummi
lustleidend ihre Konturen
Kein Kummer mehr
und kein Schmerz
Immer dünner
wird das Papier
dem Zerreißen nahe

Das ist mein Bild
brüllt das Kind
vor Kummer und Schmerz
Du hast kein Recht es zu kaputten!

Mit neongelbem Leuchtstift
malt es trotzig
fette Sonnenstrahlen
zwischen die Regentropfen
Mit blutrotem Nagellack
ein Lächeln auf
Stiefel und Lippen

und unendlichen Scham
in ihre Seele
LadylikeKandis - 8. Nov, 11:00

Oder

vielleicht einfach mal mit tarnkappe (es gibt sie in unterschiedlichen farben und variationen)durchs leben gehen...soll auch spaß machen;-)
ich wünsche ihnen eine wunderschönes wochenende...mit blauem himmel- weißen quellwolken- ohne regentropfen und strahlend gelber sonne..

testsiegerin - 8. Nov, 14:47

danke für die guten wünsche.
ich glaub, sie wirken schon: draußen regnet es, ist neblig und grau;-)
david ramirer - 8. Nov, 14:41

gefällt mir sehr gut, dieser intime dialog zwischen kindlichen erwartungen/hoffnungen/träumen und späterer realität - aber auch die kraft, wenn diese träume sich wieder gehör verschaffen. wunderbar.

technische frage: gehört die dritte zeile in der fünften strophe wirklich in italic/kursiv, oder hab ich etwas falsch verstanden?

testsiegerin - 8. Nov, 14:49

sehr gut, dass das auch so angekommen ist, dass es sich bei dem kind auch um das innere kind in ihr handeln kann.

und natürlich gehört die zeile nicht kursiv, was ich auch sofort geändert hab.
danke!
david ramirer - 8. Nov, 14:52

interessant, ich hab eine andere lesart, als die mit dem eigenen inneren kind gar nicht angenommen, aber klar: es kann auch ein anderes kind, als das eigene, innere, sein (obwohl das bei den eigenen kindern, vielleicht vor allem für frauen, kaum ein echter unterschied sein könnte?).

doch ich fand mich, wenngleich nicht frau, doch auch sehr darin wieder. es gibt dieses innere kind auch bei mir, und es ist in manchen dingen zu sehr präsent, es malt mich zu einsam, und zu glücklich damit.
ich muss da viele fröhliche farben hinzufügen (lernen), was auf dem schwarzen untergrund nicht immer einfach ist, quasi die inversion des gedichtes...
testsiegerin - 8. Nov, 15:25

es gibt bestimmt auch farben, die das schwarz übermalen.
die frage ist: willst du das? oder wollen die anderen das?
es ist ein ewiger kampf mit dem kinder-ich, dem eltern-ich und dem erwachsenen-ich.
und als wäre das nicht genug, mischt sich auch ständig das über-ich ein.

mir ging es auch darum, zu zeigen, dass das bild niemals nur unser eigenes ist, sondern immer auch teil eines anderen, größeren, und dass unser egoismus immer auch auswirkungen auf andere hat.
hm. hab ich mich klar ausgedrückt?
Uta-Traveller - 8. Nov, 17:44

so ist es bei mir angekommen
sowohl die Zensur dem eigenen inneren Kind gegenüber
als auch der Übergriff gegenüber einem anderen Kind/Menschen

lieben Gruß
Uta
david ramirer - 8. Nov, 19:10

du hast dich klar genug ausgedrückt (im gedicht) um einen schönen denk-/fühlprozess über all diese nuancen anzustoßen.

es gibt farben, die das düstere übermalen können; und JA: ich will und werde das das auch weiterhin. das ist dann auch für die anderen besser, wenn ich nicht die hartherzigen und aufgezwungenen welt- und selbstsichtweisen meiner kindheit bis ins hohe alter mitschleppe. eremit war ich aufgrund meines kinder-ichs lange genug, und werde es wohl auch immer zum teil bleiben. doch dieser teil rutscht behende nach innen, in dem maße als ich lerne, dass ich auch hinaustreten kann, in die welt, und ich dort auch gewollt werden kann... alles dinge, die das kind nicht wusste und ahnte.
ich aber schon.

und ja: es ist ein k(r)ampf :-)
testsiegerin - 8. Nov, 21:00

das ist schön.
und weißt du, dass frau doktor blubb sich richtig geärgert hat, dass sie nicht nach mistelbach mitkommen konnte, als sie gehört hat, dass du auch da warst? die fand dich nämlich total liebenswert.
und recht hat sie.
david ramirer - 8. Nov, 21:21

das wusste ich bisher nicht, dass frau dr. blubb sich ärgerte deswegen. ich sende ihr auf diesem wege ganz liebe grüße, ich hätte mich auch über ein wiedersehen sehr gefreut :-)
wortmeer - 8. Nov, 23:22

Sehr ergreifend und berührend! Wachrüttelnde Zeilen, die nachdenken...

testsiegerin - 9. Nov, 09:24

ich fürchte, das nachdenken bleibt noch immer den menschen überlassen, nicht den zeilen...

danke.
syntaxia - 9. Nov, 09:26

Hallo Testsiegerin,

das gefällt mir gut!
Ein Dialog mit dem inneren Kind, kann viel bewirken. Gerade bei Bildern ist es so deutlich wahrzunehmen!

..lässt Monika liebe Grüße hier

testsiegerin - 10. Nov, 09:12

Oft bewirkt auch der Dialog mit den äußeren Kindern viel. Wenn wir ihnen nur öfter zuhören würden.
Auch liebe Grüße
B.
la-mamma - 9. Nov, 22:08

besonders berührend

find ich die letzten zwei zeilen - ich hätte nicht gedacht, dass es für die frau mit scham endet, für mich macht den text aber gerade diese sicht/wendung so stark.

testsiegerin - 10. Nov, 09:13

merci.
in diesem fall ist scham vielleicht ein guter anfang.
in anderen fällen oft nicht.
bonanzaMARGOT - 11. Nov, 15:29

mit einem anständigen radierer gehts ohne schmierereien.
ein sehr "frauliches" gedicht, da und dort psychologisch etwas überzogen. wie eben launische/trotzige/zickige mädchen/frauen zur exzentrik neigen.
mann denkt: wer soll das verstehen?

testsiegerin - 11. Nov, 18:10

frauen. ;-)
bonanzaMARGOT - 18. Mär, 13:06

frauengedicht halt.
(unendlichen scham(?))

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