Auf die Länge kommt es an

...
so der Titel eines Buches, das ich mir heute bestellt habe. Sehr, sehr kurze Geschichten mit maximal 140 Zeichen.

Jetzt übe ich mich in dieser Kunstform. Hier meine ersten Versuche:
  • Ein halbes Jahr im Bau, Arbeit auf engstem Raum. Endlich Freiheit. Als sich der Kerl näherte, kam die Angst. Sie stach zu. Und starb.
  • Er würde jetzt zu seiner heimlichen Geliebten fahren. Seine Frau weinte. „Was hast du schon wieder?“, fragte er. „Krebs.“
  • Der Gourmet nahm am festlich gedeckten Tisch Platz. Seine Frau steckte ihm den Trichter in den Mund. „Gänsestopfleber, Schatz.“
  • Wütend warf sie ihm Erde nach. Auf dem Heimweg hängte sie einen Zettel an die Straßenlaterne: Brautkleid zu verkaufen. Ungetragen.
steppenhund - 27. Dez, 15:19

Halte ich für eine ganz schlechte Modeerscheinung

Ist ja schon so, dass Twittern weniger Zeichen zulässt als SMSen.
Aber warum bei dem Zwischenschritt halt machen?
Da gibt es erstens Haikus. (Älter, erprobt und poetischer)
Zweitens sollte man auf die lästigen Buchstaben und Wörter verzichten. Einfach Icons und Smileys verwenden.
Die chinesische Sprache basiert auf 214 Radikalen. Das Zeichen für Schwein ist zwar ein bisschen schwieriger, doch Feld, Reis, Mann, Frau, Sonne, Mond kann man sich schon leicht merken.
Die Smileys haben dann auf einer Zeile Platz.
Und schließlich empfiehlt es sich, ganz zu verstummen. Es wird sowieso nur Blödsinn geschrieben und gesprochen.
Ich lese gerade über die Abstraktion.

Meine Kurzform sieht so aus:
Fressen, Saufen, Vögeln
Fressen, Vögeln, Saufen
Saufen, Fressen, Vögeln
Saufen, Vögeln, Fressen
Vögeln, Fressen, Saufen
Vögeln, Saufen, Fressen
...
Man kann natürlich noch die Tätigkeit des Sch.... dazu nehmen. Dann gibt es 24 Variationen.
...
Also wenn das richtungsgebend für die tolldreisten Weiber werden soll, dann komme ich nicht.

"Abends Besuch der tolldreisten Weiber geplant. Titel gelesen: 140 Zeichen. Plan verworfen."

david ramirer - 27. Dez, 17:29

@steppenhund

die beschränkung in der form auf eine bestimmte zeichenanzahl, um in ihr eine qualitativ hochwertige geschichte unterzubringen empfinde ich als keine per se "schlechte modeerscheinung".
vielmehr ist es von jeher so, dass beschränkungen der form die phantasie anregen und sie beflügeln. die smileys und "roflols", die heutzutage in massen die SMSen bevölkern haben mit derartigen formbeschränkungen NICHTS gemein.

das gibt es auch in der musik: stücke, die nicht länger als eine minute sein dürfen. da gibt es ganz enorme ergebnisse: war anton weberns musik z.b. eine "schlechte modeerscheinung", weil sie die zeit meist auf das kleinstmögliche reduzierte?

ich empfehle die fokussierung auf die ergebnisse.
die tiny tales sind teilweise richtig gut. finde ich.
steppenhund - 27. Dez, 20:27

Schon komisch

Mathematik nicht mögen. Obwohl gerade die Spitze dieser Entwicklung darstellt;)
Gegen Webern habe ich nichts. Aber der hat das ja selbst erfunden.
Wenn Du dir selbst diese Beschränkung auferlegst, ist es etwas anderes, als wenn Du das bereits von jemanden anderen vorgekaut bekommst. Dann wird es Mode. Und ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass es deinem Schreibstil entgegen kommt.
testsiegerin - 27. Dez, 21:54

Ungleichung

So viele Worte und Emotionen für so wenig Zeichen.
T1 + T2 > ;-)
katiza - 29. Dez, 11:03

Seit Tagen suche ich im Netz nach diesem Link, Herr Stepepnhund, bezaubernde B.; so weit zur "Modeerscheinung", der die Literaturgeschichte eine der besten Kurzegeschichten Hemingways verdankt': "For sale: baby shoes, never worn." Großartig, liebe B.."Toll3st", sagte er. Sie waren es." EDIT (und besser)

david ramirer - 29. Dez, 11:16

kurz- und kürzestformen sind keine "modeerscheinung" - das ist eine völlig an der realität vorbeizielende etikettierung. warum ein haiku (als formidee!) "poetischer" sein soll wie die beschränkung auf 140 zeichen oder exakt drei sätze mit je exakt zehn wörtern oder nur zehn zeilen oder nur 100 wörter kann ich beim besten willen nicht erkennen.

abgesehen davon sollte man niemals prosa mit lyrik vergleichen: großer fehler!
testsiegerin - 29. Dez, 11:27

@ katiza: es muss heißen: sie waren es.

@ david: seh ich auch so. außerdem versteh ich nicht, warum man nur in einer form schreiben dürfen sollte, die man selbst erfunden hat.

@ alle: muss ja nicht jedem gefallen.
david ramirer - 29. Dez, 11:29

@testsiegerin

wenn man nur in "selbsterfundenen" formen schreiben dürfte, dürfte überhaupt niemand mehr etwas schreiben! ;)
Jossele - 28. Dez, 14:50

Warum nicht?
Muss man sich halt ein bisserl mehr dazu denken.

testsiegerin - 28. Dez, 22:35

ja, seh ich auch so. bei mir spielen sich da filme und lange geschichten ab im kopf.
Anja-Pia - 29. Dez, 09:19

Sehr durchgeknallte minimalistische Texte!

testsiegerin - 29. Dez, 10:58

mir macht die übung im reduzieren spaß. ich werd die nächsten ergebnisse halt nicht mehr wieder veröffentlichen ;-)
erphschwester - 29. Dez, 20:18

nr.2

habe ich erlebt. nur, dass die geliebte nicht mehr heimlich war und der krebs nur ein - sich hernach als null und nichtig erwiesener - verdacht.

testsiegerin - 29. Dez, 20:54

das leben schreibt bekanntlich die schwärzesten geschichten. da sind sie ja noch halbwegs gut davongekommen.
steppenhund - 29. Dez, 20:53

@katiza
Vier Worte reichen auch.

@testsiegerin
Die etwas längeren Geschichten beherbergen den Witz, dass die Fantasie des Lesers auf eine falsche Fährte gelockt wird. Die Schlusspointe zeigt Originalität.
Wenn die Reduktion so gut gefällt, bleibt es natürlich unbeschränkt, der Kreativität freien Lauf zu lassen.

@david ramirer
Wenn schon Reduktion, dann vielleicht gleich Cage;)

Und ganz allgemein: ich sehe mich da in einer Minderheit einer nach und nach aussterbenden Rasse. Die Reduktion hat uns bereits erfasst. Es geht gar nicht mehr um die Länge der Texte. es geht um die Reduktion der Zeitdauer. Es gibt keine Zeit mehr, lange Texte zu lesen, längere Musikstücke zu hören, sich etwas vielleicht erst mühsam zu erarbeiten.
Und letztlich überholen wir uns in der Zeit. Kleines Beispiel gefällig: Pelinkas Job wird am 23.12.2011 von Wrabetz verkündet. Eine allfällige Ausschreibung erfolgt am 28.12.2011. Ups, da waren wir etwas zu schnell und die Zeit hat nicht ausgereicht.
-
Wie wäre es denn, wenn wir überhaupt per Gesetz beschließen, dass alle Bücher, die mehr als 63 Seiten haben, verbrannt werden? Liest doch eh keiner mehr.
Nicht einmal Germanistinnen lesen mehr die Bücher, die sie rezensieren sollen: http://www.begleitschreiben.net/zumutungen-auf-ndr2/

Blogger-Hype. Das Lesen dauert zwei Tage. Blogger wandern ab. Texte verkürzen sich. Nullday symbolisiert soziale Vernetzung. Ausgehyped.

testsiegerin - 29. Dez, 20:57

ich schreibe sehr wohl noch lange geschichten, herr steppenhund, das wissen sie. ganz lange sogar. aber die stell ich nicht mehr rein, weil fast niemand sie liest. da kann ich sie gleich auf der festplatte ruhen lassen.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


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Von Herzen und Seelen - CD

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