Die Höhle

Tagsüber sammle ich Pilze, Kräuter und Beeren und Holz. Hole Wasser von der nahen Quelle. Spaziere hinauf zur Lichtung und schaue hinab ins Tal.
Abends ziehe ich mich in die Höhle zurück. In meine Höhle.
Davor geht ein schwarzer Panther auf und ab und bewacht den Eingang. Er schmiegt sich an meine Beine und lässt mich hinein. Er ist mein treuer Begleiter, seit vielen Jahren. Er ist all das, was ich so gerne wäre. Schön, stark, stolz, unabhängig. Und jedesmal, wenn ich über sein Fell streiche, schenkt er mir etwas von seiner Schönheit, von seiner Stärke, seinem Stolz, seiner Freiheit.
Aus Tannenzapfen und vertrockneten Zweigen mache ich ein Feuer, später lege ich Buchenholz nach. Ich mag das Lodern, das Brennen, das Glühen, das Feuer in all seinen Schattierungen. Manchmal werfe ich Rosmarinzweige in die Glut und atme den Duft ein. Brate die Pilze oder ein Stück Wild, das der Panther für mich gerissen hat. Esse Beeren und trinke Wasser.
In einer Felsnische habe ich mein Lager, es ist mit Fellen ausgelegt und weich und wohlig warm.
Meistens bin mir selbst genug. Hin und wieder darf jemand mein Lager, meine Nächte und mein Leben mit mir teilen.
Manchmal im Morgengrauen schmiegt der Panther sich an mich und gibt mir Wärme.

In einer anderen Nische sprudelt eine heiße Quelle. Darin bade ich, trete danach nackt und dampfend aus der Höhle und spreche mit dem Mond. Ich habe viele Fragen an ihn. Fragen über den Sinn, die Sehnsucht, die Liebe. Als ich mit meinen Fragen fertig bin, geht er unter. Es ist tröstlich, dass er nichts besser weiß als ich.

Ich bin glücklich in meiner Höhle. Ich habe keine Angst. Ich habe nichts zu verlieren.

Trotzdem flüchte ich mich immer wieder hinaus ins laute, lärmende Leben. In ein Leben, in dem ich mich klein, überfordert, unzulänglich fühle. In dem ich ständig suche. Noch mehr Glück suche, noch mehr Kraft, noch mehr Stolz. Aber davon finde ich da draußen nur Bruchstücke. Die sammle ich ein, für die stillen, zufriedenen Abende in meiner Höhle.
„Ich muss noch mal hinaus“, sage ich zum Panther, „mir fehlen noch ein paar Stücke, bis das Bild vollständig ist.“ Er weicht zur Seite und schweigt. Wie der Mond.
david ramirer - 16. Sep, 23:22

mein panther ist schwarz-weiss gefleckt.
und weiblich.

:-)

testsiegerin - 16. Sep, 23:27

dein panther ist eine kuh?
david ramirer - 16. Sep, 23:41

so in der art: hat den namen milka.
:)
rosmarin (Gast) - 16. Sep, 23:43

betrüblich, das mir gerade ein licht aufgeht und mir zeigt, was mir fehlt.

testsiegerin - 17. Sep, 08:20

die wahren höhlen sind in deinem kopf. und sind sie nicht in deinem kopf, dann sind sie nirgendwo.
rosmarin - 17. Sep, 10:24

ach ... eine höhle fehlt mir nicht, die habe ich.
ich meinte den panther, den hätt ich gern :-)
testsiegerin - 17. Sep, 18:01

die wahren schwarzen panther sind im kopf. und sind sie nicht in deinem kopf, dann sind sie nirgendwo (frei nach andré heller)
datja - 17. Sep, 07:54

ja, ohne höhle geht gar nichts!
in deiner liegen bestimmt funkelnde steine in einer ecke.

ich werde von einer schönen grünen schlange bewacht, die ein krönchen trägt.

testsiegerin - 17. Sep, 08:22

und jetzt auch von einer silbernen schlange mit einem grünen stein.

ich weiß nicht, ob da funkelnde steine liegen. auf jeden fall brennen da viele kerzen. und das wasser plätschert und es riecht gut und der panther schnurrt. und manchmal knurrt er.
bonanzaMARGOT - 18. Sep, 17:11

hat was von dschungelbuch. ich träumte als kind gern bei der tarzan-lektüre von einer romantischen ursprünglichkeit, in der natur zu leben ... mit den wilden tieren, auf einem baum ...
irgendwo lebt dieser traum noch in mir. vielleicht in jedem menschen? auch in dir?

testsiegerin - 18. Sep, 21:52

ja. ich glaub, das sind so ganz archaische sehnsüchte. nicht abhängig zu sein von anderen menschen, nicht von materiellen dingen, schutz finden in der höhle. es dort warm und geborgen haben. nichts müssen. sondern einfach sein.

jetzt komm ich grad von einem zwölf stunden arbeitstag nach hause (so viel darf ich gar nicht arbeiten) und bin nur eins. völlig erschöpft.
Uta-Traveller - 21. Sep, 21:07

was wären wir ohne unsere Höhlen !
und ohne unsere Panther (oder Kühe oder ...)

ich mag vor allem, dass die Zufriedenheit der Höhle das "Normale" ist und die lärmende Welt da draußen eher die Ausnahme
ein schöner Traum ...

lieben Gruß
Uta

steppenhund - 21. Sep, 22:31

Meine Höhle: ein unaufgeräumtes stark verramschtes Zimmer. Bewacht von einem gelben Wolf, der immer zur Stelle ist, wenn es nach etwas Freßbarem riecht. Manchmal werde ich in der Höhle besucht und besonders schätze ich es, wenn man meine Zurückgezogenheit achtet. Ich schlafe fast auf dem Boden. Meine Bücher schützen mich, manchmal kommen sie in meine Träume.
Meine Träume sind schön, selbst wenn sie von Pflichten erfüllt sind. Ich bin ein Hilfslehrer, welcher auf französisch Kinder unterrichten soll. Ich werde um verschiedene Dinge gefragt. Ich erzähle und beantworte Fragen. Selbst im Traum merke ich, dass ich Teile der Sätze auf russisch spreche. Doch ich gebe die richtigen Antworten. Wenn ich aufwache, erinnere ich mich an eine schöne Zeit.
Jemand hat dem Eremiten Tee in die Höhle gestellt. Das passiert jeden Morgen.
Manchmal fällt es leicht, die Höhle zu verlassen. Aber am liebsten würde ich sie nicht verlassen. Der Tod ist nur eine andere Nacht.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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