Dienstag, 26. Februar 2008

Stellen Sie sich vor

Schließen Sie die Augen und stellen sich vor, es ist ein schöner, sonniger Februartag. Ein Tag, der Ihnen vorgaukelt, es wäre schon Frühling, dabei fällt Ihnen einer seinen Kollegen demnächst bestimmt wieder mit aller Kraft des Winters in den Rücken.
Stellen Sie sich vor, Sie haben gestern eine Benachrichtigung für einen eingeschriebenen Brief in der Post gehabt. Sie gehen also heute zum Postamt, um diesen Brief abzuholen. Ihnen schwant Böses, denn Sie können sich dunkel erinnern, vor vielen Wochen eine Nachricht über eine erfolgte Anzeige in der Windschutzscheibe gefunden zu haben. Schon damals haben Sie Ihr Fieber verflucht, welches Sie veranlasst hat, anstelle keines Parkscheines einen bereits entwerteten in die Scheibe zu legen.
Beim Öffnen des Schreibens klopfen Sie sich dreimal an die Burst, murmeln „mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa“ und flehen zum Himmelvater: „Lieber Gott, lass die Strafe unter 100 Euro sein, wenn es dich gibt.“
Entweder Gott bestraft Sie augenblicklich für Ihre Zweifel oder es gibt ihn nicht. Das werden wir nie erfahren.
Sie beschließen, die Strafe von dem Geld zu bezahlen, dass Sie mit dem Schreibkurs an der Volkshochschule verdienen, erfahren aber leider etwas später, dass der Kurs mangels Anmeldungen nicht stattfinden wird.

Stellen Sie sich vor, Ihr Schreibtisch quillt dann über und Sie ersticken in Arbeit. Zwischendurch ärgern Sie sich – wahlweise oder gleichzeitig – über Behörden, Angehörige und/oder die Politik.
Am Nachmittag machen Sie Außendienste, hören zu, sind geduldig und liebenswert, sorgen sich um Klienten, freuen sich über Fortschritte und sind mit dem Leben beinahe ein bisschen versöhnt.
Weil vor dem beruflichen Abendtermin noch ein bisschen Zeit ist, fahren Sie aus der Kleinstadt hinaus, quer über Feldwege und parken dort. Stellen Sie sich vor, dort genießen Sie die Nachmittagssonne, üben einen Text zu lesen und denken nach, wie Sie Ihre finanziellen Probleme in den Griff bekommen, damit Sie Ihrem Kind seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen können.
Ein Traktor kommt Ihnen auf dem schmalen Feldweg entgegen. Sie drehen den Zündschlüssel, um ihm Platz zu machen. Stellen Sie sich vor, das Auto stottert und springt nicht an. Auch nach vielen Versuchen nicht.
Sie rufen den ÖAMTC, ersuchen um Hilfe und geben die Nummer Ihrer Clubkarte bekannt. Sie versuchen dem netten Herrn aus der Großstadt zu erklären, dass der Feldweg, auf dem Sie sich befinden, keine Adresse hat. Der nette Herr aus der Großstadt versucht seinerseits Ihnen zu erklären, dass der Clubbeitrag noch nicht bezahlt ist.
Während Sie nervös warten (der warme Frühlingstag hat sich längst in einen kühlen Spätwintertag verwandelt), rufen Sie Ihren Ehegatten an, der üblicherweise für die Bezahlung der Rechnungen zuständig ist und machen ihn zur Schnecke. Leichtsinnigerweise fragen Sie, ob Sie noch mit weiteren unbezahlten Rechnungen rechnen müssen.

Stellen Sie sich vor, der gelbe Engel mit schwarzen Haaren und Bart kriegt Ihren Wagen nicht flott. Vermutlich etwas mit der Elektronik, sagt er, der muss in die Fachwerkstätte. Sie werden abgeschleppt und denken nicht einmal daran, dass Sie in Ihrem Leben schon auf viel spannendere Weise abgeschleppt wurden.

Stellen Sie sich vor, Sie kommen am späten Abend endlich nach Hause (im Leihwagen, den Sie spätestens morgen wieder gewaschen und gebürstet und gefüttert zurückbringen müssen) und sagen Ihrem Kind unter Tränen, dass es lieber nicht damit rechnen soll, den heiß ersehnten Wunsch erfüllt zu bekommen. Nicht dieses Jahr. Vielleicht nächstes, oder irgendwann. Stellen Sie sich vor, das Kind nickt verständnisvoll und traurig und Sie sitzen da und halten sich in den Armen und heulen. Stellen Sie sich vor, dabei bricht Ihnen das Herz.

Stellen Sie sich weiter vor, es ist kein Wein zu Hause, um sich anzusaufen. Und so tief sind Sie noch nicht gefallen, dass Sie Birnenbrand zwitschern.
Sie schreiben sich Ihren Kummer von der Seele und schicken das Mail an eine Freundin. Und noch dazu ein paar Top Secrets der Marke "Schweige-wie-ein-ägyptisches-Pharaonengrab". Und jetzt stellen Sie sich vor, Sie kommen nach der Mitteilung "Mail versendet" drauf, dass Sie das Mail nicht an die Freundin, sondern einen Parteikollegen geschickt haben.

Vielleicht stellen Sie sich das alles besser nicht vor. Sie dürfen die Augen wieder aufmachen.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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