Freitag, 26. Juli 2013

Was Frauen wollen

„Ich bin so wütend“, sagt er und löffelt die indische Spinatsuppe, die leider genauso schmeckt, wie sie aussieht, „Doris hat eine SMS geschrieben. Sie ist wieder zu ihrem Freund zurückgegangen.“
„Wie jetzt?“ Auch bei ihrer Linsensuppe stimmen Aussehen, Geschmack und Konsistenz im negativsten aller Sinne überein. „Zu dem, unter dem sie so gelitten hat, weil er sie wie Dreck behandelt und nicht ernst genommen hat?“
„Genau der, der sie gedemütigt, abgewertet und genauso schlecht behandelt hat wie früher ihr Vater.“
„Bekannte Muster und so“, sagen sie beide und legen die Löffel zur Seite. Sie lachen. Sogar, wenn er behauptet, so wütend zu sein wie schon lange nicht, strahlen seine Augen und seine Stimme Sanftmut und Rücksicht aus. „Kränk dich nicht", sagt sie, „das hat nichts mit dir zu tun, nur mit ihr. Sein Verhalten gefällt ihr zwar nicht, aber es ist ihr vertraut, das kennt sie, damit kennt sie sich aus."
„Der brauchte nur mit dem Finger zu schnippen, einen Dackelblick aufzusetzen und Es tut mir so leid murmeln, und dass er jetzt alles versteht und sich ändern wird, und nein, eine Paartherapie wäre nicht nötig, weil sie hat ihm ja die Augen geöffnet... und schon kriecht diese intelligente, schöne und liebenswerte Frau auf Knien zu ihm zurück.“ Jetzt schleicht sich ein kleines bisschen Rage in seine sanfte Wut. „Weißt du, ich dachte immer, ich will das nicht - ich mach es anders, begegne Frauen mit Respekt... Ich bin ein Vollidiot, so schaut’s aus.“
„Bist du nicht“, sagt sie, aber er hört sie nicht.
„Ich versteh euch Frauen einfach nicht“, fährt er fort, „warum steht ihr so drauf, von Männern schlecht behandelt zu werden? Und wenn ihr die Typen endlich losgeworden seid, habt ihr nichts besseres zu tun, als euch das nächste Arschloch zu suchen, das euch schlecht behandelt. Wie verdammt dämlich sind Frauen?“
Sie schluckt. Sehr dämlich, denkt sie. „Verallgemeinere bitte nicht!“, sagt sie, aber sie weiß, dass er Recht hat, das beobachtet sie Tag für Tag. Früher hat sie das auch an sich selbst beobachtet, als ihr damaliger Freund sie auf der Autobahn einfach aus dem – zum Glück stehenden – Auto geschmissen hat, weil sie ihn kritisiert hatte. Oder ihr eines Abends die Luftmatratze hingeworfen hat, weil er zur Erkenntnis gekommen war, dass ein 1,60 Meter breites Bett zu schmal für sie beide war. Sie hat die Luftmatratze brav aufgeblasen anstatt sie aufzuschlitzen. Anstatt ihn aufzuschlitzen. Wenn sie wütend ist, ist sie alles andere als sanftmütig.

„Vielleicht solltest du in anderen Gewässern fischen“, schlägt sie beim Goa-Fish vor, der auch keine Offenbarung ist, „auf Selbsterfahrungswochenenden und Psychoworkshops lernt man vermutlich keine Frauen mit gesundem Selbstwertgefühl und innerer Stärke kennen, sondern nur solche, die kämpfen und auf der Suche sind.“
„Hey, ich hab auch ein gesundes Selbstwertgefühl und innere Stärke. Und bin trotzdem neugierig auf mich.“
Daran zweifelt sie nicht.
„Ich glaube, ich muss meine Performance dramatisch ändern!“, meint er. Wenigstens der Reis schmeckt, wie Reis schmecken soll, nämlich nach nichts. „Wenn du mit einer Frau eine Beziehung willst, dann gib ihr die Peitsche.“
„Trink dein Mango-Lassi und red’ keinen Scheiß“, lacht sie. „Und sei mal ehrlich, was willst du mit Frauen, die solche Männer wollen?“
„Sie wollen Männer mit Eiern verstehst du? Aber Teddybären haben keine Eier, das weiß jedes Kind. Und da man die Anderen nicht ändern kann, muss man sich selbst ändern, um zu seinem Ziel zu gelangen - so einfach, so pragmatisch, so logisch ist das...“
„Aber du bist noch lange kein Teddybär, nur weil du nicht am ersten Abend mit ihnen in die Kiste steigst und ihnen zuhörst, anstatt nur über dich selbst zu reden. Du hast Eier. Du bist nicht umsonst Eierkönig. Einer der liebenswürdigsten Eierkönige, die ich kenne, kapier das endlich! “ Schön langsam wird sie wütend, nicht er.
„Aber genau das ist ja das Problem. Keine Sau steht auf liebenswürdige Eierkönige. Früher dachte ich auch, Nietzsche ist ein Idiot, aber offenbar hatte er Recht. Ich sehe ja in meinem Umkreis, wie gut das funktioniert. Alle Männer, die bei Frauen erfolgreich sind, verarschen sie nach Strich und Faden. Schluss jetzt mit Empathie, Aufrichtigkeit, Ebenbürtigkeit, Augenhöhe...! Unterdrück sie, behandle sie wie Scheiße und sie werden dich lieben. Das krieg ich auch noch hin.“
„Quatsch, sie werden dich höchstens fürchten, mit Liebe hat das nichts zu tun. Außerdem... “, sie deutet mit dem Zeigefinger auf sein Dessert, „außerdem zittert vor dir höchstens der Mangopudding.“

*

Italienisch statt Indisch. Carpaccio statt vegetarischer Fleischbällchen. Er kommt im Dreitagesbart, das Hemd hängt lässig aus seiner Hose.
„Und? Wie geht’s dir mit deiner neuen Strategie?“ Sie nippt am Prosecco.
„Geht so. Hab eine Frau kennengelernt, indem ich arrogant war und sie beleidigt hab. Nachdem ich auf ihre SMS nicht reagiert und ihre Anrufe weggeklickt hab, ist sie mit einer roten Rose vor der Firma gestanden und hat mich zum Essen eingeladen. Lass dir das mal auf der Zunge zergehen. Sie hat mich zum Essen eingeladen.“
„Und? Glücklich darüber?“
„Geht so.“ Er kann nicht gut reden mit vollem Mund und schluckt die Miesmuscheln hinunter. „Nicht wirklich, um ehrlich zu sein“, sagt er, „was ich wirklich gut kann, ist geben, nicht nehmen. Aber ich gebe nicht auf. Ich bin auf dem richtigen Weg, ich spüre das.“
„Ich sag es noch einmal“, sie wickelt die Spaghetti auf die Gabel, „deine Theorie ist Nonsens. Sie geht nicht auf!“
„Keineswegs ist sie Nonsens. Beobachte doch mal Frauen, wenn sie über Männer sprechen und schau auf ihre nonverbalen Signale - wenn sie sich furchtbar über einen Typen aufregen und ihn Arschloch schimpfen, dann leuchten ihre Augen vor Bewunderung - wenn sie hingegen über einen lieben, fürsorglichen Mann sprechen, entdeckst du Zeichen der Verachtung um ihre Mundwinkel.“
Sie muss lächeln. Einmal hat sie ihn Arschloch genannt - es war nicht einmal ernst gemeint - und er war gekränkt gewesen. „Wie du meinst.“ Sie gibt es auf, ihn davon überzeugen wollen, dass es Frauen gibt, die ihn genauso gernhaben, lieben und begehren, wie er ist. Noch bevor der Nachtisch serviert wird, geht sie. Ein wenig enttäuscht.

*

„Ich hab mich verliebt“, platzt es im Biergarten aus ihm heraus, noch bevor der Erdäpfel-Vogerlsalat serviert ist.
„Oh! Erzähl!“
„Sie ist Single, aufregend und intelligent, hat einen ähnlichen Humor wie ich und steht auf die Wiener Austria.“
Kurz zuckt sie zusammen, erinnert sich aber daran, dass ihre eigenen Fußballpräferenzen grad nicht so wichtig sind wie das Glück ihres besten männlichen Freundes.
„Und?“ Der Suppenlöffel fällt ihr aus der Hand. „Was war? So spann mich doch nicht so auf die Folter.“
„Nichts war.“ Seine Mundwinkel ziehen sich nach unten. „Sie sagt, vor ein paar Jahren wäre sie auf diese Masche hereingefallen. War ein Muster von ihr, sich immer in die größten Idioten zu verlieben. Aber da ist sie drüber weg. Sie findet mich witzig, aber sie steht nicht mehr auf Arschlöcher. Sie will einen Mann, der sie auf Augenhöhe respektiert, der ihr Herz und ihren Verstand mag und nicht nur ihre weichen Brüste. Einen Mann, dem sie vertrauen kann.“
„Ja super, da bist du genau der Richtige! Dann zeig ihr doch einfach, wie du wirklich bist.“ Die Stelze wird serviert, sie beißt genüsslich hinein, „ach, ich freu mich so für dich!“
„Zu spät“, sagt er und rührt sein Schnitzel nicht an, „ich hab’s versucht. Sie hat gemeint, ich wäre doch nur wie alle anderen. Die sagen auch, dass sie in Wahrheit ganz anders sind und kapiert haben, worauf es ankommt. Ach du“, er schaut traurig. „Ich fürchte, ich hab’s vergeigt.“
Sie schluckt ihr „Na, was hab ich dir gesagt?“ hinunter. Sagt stattdessen einfach „Scheiße, das tut mir leid.“ Ein „Hoffentlich lernst du was draus“ kann sie sich aber nicht verkneifen.
„Hab ich schon. Ich hab gelernt, ganz egal wie mann es macht, es ist immer verkehrt."

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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