Dienstag, 30. Juli 2013

Sehr geehrte Behörde

Betreff: Artgerechte Haltung von Tieren

Ich nehme also Bezug auf Ihr Schreiben vom 27.7. in dem Sie mich darauf hinweisen, dass ich nicht berechtigt bin, in meinem Garten Elefanten zu halten. Einen Erlagschein haben Sie Ihrem Schreiben auch beigelegt. Einen Erlagschein. Wann kommen Sie im neuen Jahrhundert an?
Ich sag Ihnen einmal was. Ich hab Ihre Willkür so satt. Ihre Vorschriften. Ja, ich weiß, es braucht Regeln zum Zusammenleben, aber wir Menschen sind in manchen Bereichen durchaus fähig, miteinander Regeln zu vereinbaren – und diese zu übertreten. Kennen Sie übrigens das Buch Von den fortschreitenden Übertretungen des Major Aebi? Wir Menschen sind dazu geboren, von Regeln abzuweichen. Das nennt man L e b e n.
Ich würde Ihnen das Buch ja gerne schenken, aber bei Ihnen gibt es bestimmt ein Geschenkannahmeverbot, das Sie unterzeichnen mussten. Genau das meine ich. Auf eine Übertretung der Normen, weil Ihnen irgendjemand eine Million im Koffer übergeben hat, damit Sie etwas in seinem Sinn beeinflussen oder regeln, folgt ein strenges Gesetz. Eine Vorschrift. Sie haben die Relationen aus den Augen verloren, denn ich würde nichts erwarten von Ihnen, wenn Sie dieses Buch annehmen. Nicht einmal Dank.

Sie aber legen Ihre Regeln einfach wie einen Linienspiegel über das Leben und bestrafen jede Abweichung. Jede Ausnahme. Jeden Buchstaben, der zu lang geraten ist oder an einem falschen Platz gelandet ist. Sie ersticken damit die Kreativität im Keim. Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass ich letztens in Salzburg irgendein Menschenleben gefährdet habe, weil ich 41 statt 30 gefahren bin. Das hat sich bestimmt Ihr Herwig Steiner, den ich mir damals ausgedacht hab, ausgedacht, weil er sich an mir rächen will. Weil mit diesem strohblonden Avril Lavigne – Verschnitt, den er nach unserem Beziehungaus geheiratet hat, todunglücklich ist. Weil er heimlich auf der Bezirkshauptmannschaft in meinem Blog liest (ich hoffe, Sie haben diese fortschreitende Übertretung seinem Arbeitsalltag sofort hart und unerbittlich geahndet?) und sieht, dass ich glücklich bin. Und weil er gelesen hat, dass es jetzt einen Herwig gibt, der mir nicht vorgegaukelt hat, ein Waldviertler zu sein, sondern tatsächlich einen Hof hat, nicht nur einen erfundenen mit pflegebedürftigen Eltern. Ich war nämlich dort, und dieser Herwig kann fantastisch kochen und hat mir gestern Mohnmarmelade geschickt. Haben Sie schon mal Mohnmarmelade gegessen? Herrlich, sag ich Ihnen.
30 Euro haben mich diese 11 zu schnell gefahrenen km/h gekostet. Ein bisschen überteuert, finden Sie nicht? Nein, ich erzähle Ihnen jetzt nicht, was ich mit den 30 Euro alles machen hätte können. Und Sie können nichts dafür, das waren Ihre Salzburger Kollegen, es gibt keine Sippenhaftung.

Zurück zum eigentlichen Thema Ihres Schreibens. Es geht also um Raphael. Ach, das können Sie ja gar nicht wissen, dass unser Elefant Raphael heißt. Es ist Ihnen zu Ohren gekommen, dass in unserem Garten Elefanten gehalten werden, schreiben Sie. Falsch. Hier muss der Singular. Ein Elefant. Ein kleiner Elefant noch dazu. Wie gesagt, er heißt Raphael, ein hübscher Name für einen Elefanten, oder? Wir finden, er passt zu ihm. Und Sie finden also, dass mein Garten nicht artgerecht ist? Sie kennen doch meinen Garten überhaupt nicht, weil Sie nämlich Ihre Ärsche überhaupt nicht hochkriegen aus Ihren weich gepolsterten Schreibtischsesseln in ihren klimatisierten Amtsstuben. Mein Garten ist artgerecht. In meinem Garten tummeln sich unendlich viele Arten von Menschen und Tieren und Pflanzen, wild durcheinander leben sie da und wachsen und wuchern und sind glücklich. Ah, ich verstehe, genau das beunruhigt Sie. Das wilde Durcheinanderleben. War klar.

Hören Sie mir mal zu. Biodiversität nennt man das. Aber bestimmt kommt eh bald ein Beamter aus dem Landwirtschaftsministerium, wahrscheinlich erst, wenn es kühler ist, man will sich der Hitze ja nicht aussetzen, und kontrolliert die Flügelspannbreiten unserer Libellen, die Schwanzlänge der Mäuse (hoffentlich nicht unserer anderen Bewohner) und den Schärfegrad unserer Chilis. Sehr scharf sind die, sage ich Ihnen. Beinahe gesundheitsgefährdend scharf. Aber wir wollen hier selbst entscheiden, wie wir unsere Gesundheit gefährden, verstehen Sie. Fast so scharf wie ich sind sie, unsere Chilischoten.
Ich sag Ihnen mal was: Seien Sie bitte froh, dass ich so ein höflicher Mensch bin und Ihr Schreiben überhaupt reagiere. Ich finde, ich nehme mir viel zu viel Zeit für Sie. Meine Tochter hat gemeint: „Schreib einfach zurück: Geh mischen Sie sich Ihnen da nicht hinein!“ Mein Mann hat ihr Schreiben zerrissen und gesagt: „Die sollen scheißen gehen!“

Sehen Sie, wie weit es gekommen ist mit Ihren ständigen Überwachungen und Regeln, die das Zusammenleben erleichtern sollen? Sie verunmöglichen es. Man nimmt Sie und Ihre Bescheide nicht mehr ernst. Sogar Kinder belächeln Sie. Tut das nicht weh?
Jetzt soll ich also € 3.869,- Strafe zahlen, weil ich in meinem Garten Elefanten halte. Da es sich ja in Wahrheit nur um einen handelt, gehe ich davon aus, dass die Strafe nur einen Bruchteil davon ausmacht, oder? Und davon ziehen wir noch mal ein Viertel ab, weil eine Pfote verletzt ist und er – trotz der täglichen Mohnwickel - nur mit 3 Füßen auftreten kann, ja?
Die Höhe - also ich meine jetzt nicht die Höhe der Strafe - kommt aber erst. Sie schreiben nämlich, ich soll die nicht artgerecht gehaltenen Elefanten an einen Zoo oder einen Zirkus, der eine entsprechende Genehmigung für die Haltung dieser Tiere hat, geben. (Lesen Sie auch heimlich mein Blog? Der Steppenhund hat nämlich etwas Ähnliches vorgeschlagen)
Sind Sie noch ganz bei Trost? Oder – um es mit den gewählten Worten meines Mannes auszudrücken – „hat Ihnen wer ins Hirn geschissen?“

Ich reg mich auf. Ich reg mich sowas von auf. Sie glauben ja selbst nicht, dass Raphael in irgendeinem schmuddeligen, schummrigen Zirkus artgerechter aufgehoben ist als in unserem Garten? In einem abgefuckten von Bezirkshauptstadt zu Bezirkshauptstadt tingelnden Zirkus, wo er dämliche Kunststücke vorführen muss und außerhalb der Vorführungen in einem Riesenkäfig eingesperrt ist? Wo die Mütter aus Mitleid hingehen, damit der Zirkus nicht ausstirbt, obwohl sie Zirkusse noch nie leiden konnten, und wo die Kinder aus Mitleid mit ihren Müttern hingehen und Freude heucheln? Wo halbnackte Tänzerinnen, die auch schon mal bessere Zeiten und bessere Kostüme gesehen haben, auf Raphael herumturnen und er einem depressiven Clown die Tränen aus seinem mit Make-up verschmierten Gesicht lecken muss? Wo keiner ihm Mohnwickel macht und ihn einfach in Ruhe lässt?

Raphael geht es gut bei uns. Er ist ein fröhlicher, kleiner Elefant, er isst viel, die Wunde heilt von Tag für Tag besser zu, die Katzen haben sich mit ihm angefreundet und Herta, der dreibeinige Kater, schläft am liebsten hinter seinem linken Ohr. Die Nachbarn bringen frisches Obst und haben ihn ins Herz geschlossen. Also mischen Sie sich Ihnen gefälligst nicht hinein!

Und kommen Sie mir jetzt nicht mit Ihrer Pflicht. Solche hatten wir schon genug, die nur ihre Pflicht getan haben. Ich kann das nicht mehr hören, wenn Menschen meinen, ihr Pflichtbewusstsein entbindet Sie von der Verpflichtung selbst zu denken. Oder hat man Ihre Gedanken eingesperrt, weil Sie es gewagt haben, gegen eine Ihrer unzähligen Verordnungen zu verstoßen?

Mit wütenden Grüßen
Barbara A. Lehner

P.S. Eine Kopie dieses Schreibens habe ich gleich selbst an die NSA, die NASA, das Innenministerium, die Finanzmarktaufsicht und den Papst geschickt. Arbeitserleichterung und so.
P.S.2: Wer hat uns eigentlich angezeigt?

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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