Mittwoch, 31. Juli 2013

Rück- und Einblick

Als ich vor mehr als einem Monat mit meinem Forscherinnentagebuch begonnen habe, war ich aufgeregt. Es war ein Experiment, von dem ich nicht wusste, wo es hinführen würde. Ich hatte Angst, dass mir schon bald nichts mehr einfallen würde, oder dass es total langweilig würde, weil ich bei dieser Reise allein sein würde und sich alles nur umdreht. Würde ich so viel über mich erfahren wollen? Würden mir nicht die Länder ausgehen, die ich bereisen wollte? Manchmal lag ich im Bett – ja, ich habe mir angewöhnt, im Bett zu schreiben, und ich schreibe mit der Hand. Auch das ist spannend zu beobachten, wenn ich in meinem Forscherinnentagebuch zurückblättere, wie sich meine Handschrift verändert hat. Ich habe jahrelang kaum etwas mit der Hand geschrieben, außer Einkaufszettel, oder manchmal in meiner Arbeit eine Post-it-Notiz mit „bitte 20x kopieren“, und sogar das habe ich abgekürzt. Jetzt ist meine Handschrift wieder eine Handschrift, und sie trägt meine Handschrift. Sie ist klarer geworden. Ich weiß nicht, ob ich selbst auch klarer geworden bin, das ich natürlich gerne schreiben, aber ich fürchte, das wäre gelogen. Wie man sieht, bin ich keineswegs klar, sonst hätte ich jetzt nicht den _Faden verloren, von dem man behauptet, er wäre rot. Kommt diese Metapher von Ariadne? War dieser Faden rot, der Ariadne aus dem Labyrinth geführt hat? Mich führt der Faden nicht hinaus, sondern hinein. In meine Verstrickungen und Verwirrungen und ich mag sie alle. Ich mag es sowohl, in den Fäden verworren zu sein als an ihnen zu ziehen.
Wie gesagt, ich hatte etwas Bammel vor dieser Reise. Trotzdem habe ich den Koffer gepackt und mich auf den Weg gemacht. Der Koffer war leer und ich fülle ihn mit Seiten. Mit Seiten dieses Buches. Auch mit meinen Seiten. Mit vielen unterschiedlichen Seiten von mir. Auch ein paar Saiten sind dabei.




Die Frau, die mich nämlich auf die Idee gebracht hat, war Geigerin. Geigerin, die irgendwann keine Lust mehr hatte, die zweite Geige zu spielen, weil sie andere Saiten in sich zum Klingen bringen wollte.
Oft liege ich in der Früh im Bett, noch voll von Träumen, von wirren Träumen, oder von Ideen, Rückblicken, Ausblicken, Einblicken, und überlege, worüber ich schreibe. Und dann nehme ich den billigen Kugelschreiber, ich glaube, das ist schon der vierte, und beginne einfach zu schreiben. Und das hat meistens nichts damit zu tun, was ich vorher überlegt habe. Oder es beginnt zwar damit und entwickelt sich in eine völlig andere Richtung. Ich habe geträumt, dass ich einen Elefanten geliefert bekommen habe. Seien wir uns ehrlich, das interessiert doch keinen.

Ich halte mich an die Regeln, die ich mir vorgenommen habe. Die Hand bleibt immer in Bewegung. Es wird nichts durchgestrichen, es wird nichts ausgebessert, es ist, wie es ist. Es gibt kein richtig und falsch. Mindestens 15 Minuten hab ich mir vorgenommen und im Moment, aber Körper und Geist haben grad Urlaub, und so wird es oft eine Stunde. Meine Hand gewöhnt sich daran, ich habe die richtige Liegeposition gefunden, in der ich gut schreiben kann – und lasse es fließen. Ungefiltert, natürtrüb fließt es aus mir heraus, plätschert manchmal einfach so dahin, schwillt an, andere Gedanken fließen ein, münden in den Schreibfluss, an manchen Stellen ein reißender Strom, an anderen eine Bergquelle, klar und rein manchmal, verdreckt und schlammig und all den Gefühls- und Gedankenmüll mitreißend ein andermal.

Und es darf einfach sein. Also darf auch schwierig sein. Es darf einfach sein, wie es ist, wie es will, nicht wie ich will will. Will will will... Wenn einem nichts einfällt, muss die Hand trotzdem in Bewegung bleiben, sie darf wiederholen wiederholen wiederholen aber nicht innehalten. Aber das passiert sowieso selten, dass ich beim Schreiben innehalte.
Eine der Regeln beim sogenannten Free writing Process – ich mag den Begriff Forscherinnentagebuch aber viel lieber – wäre noch: Es ist nur für mich. Nicht für die Öffentlichkeit. Diese Regel breche ich lustvoll. Die hab ich beinahe schon am ersten Tag meines FTB gebrochen, da schrieb ich „Wer bin ich“ und ich hatte danach total große Lust, es jemandem vorzulesen. Ich habe gemerkt, dass ich es auch bin, die sich mitteilen muss, die das, was sie tut, kocht, liebt, kann, denkt und schreibt mit anderen teilen will. Und muss.

Für euch mach ich mir – und eigentlich dann doch wieder nur für mich – für euch mach ich mir die Mühe die Arbeit die Lust das Vergnügen die Liebe die Leidenschaft den Zwang, alles abzutippen, was ich geschrieben habe, da und dort etwas zu ergänzen, weiterzuspinnen, in Form zu bringen, es lesbar zu machen. Es sind meistens nur so Kleinigkeiten, keine großen Änderungen und es verwundert mich meistens selbst. Das mein Hirn und meine Hand ziemlich strukturierte Geschichten einfach so runterschreiben können.

Ach ja, das ist mir so wichtig am Forscherinnentagebuch: Es ist, wie es ist. Es nimmt mir den Druck gut schreiben zu müssen. Es ist in diesem Moment nicht wichtig. Es einfach zu akzeptieren, dass manchmal etwas schönes entsteht, an dem es sich lohnt oder an dem es Lust macht, weiterzuschreiben; ich merke grad, dass mir das Wort Arbeit im Zusammenhang mit dem Schreiben nicht so gefällt, und jetzt ich kurz diesen ominösen roten Faden verloren, auf jeden Fall tut es mir wahnsinnig gut, diesen Druck, gut zu schreiben, ablassen zu dürfen. Pffffft... zischt er aus dem Ventil des Kochtopfs, der Druck, und entweicht. Übrig bleibt die Essenz, manchmal gatschig und zerkocht, manchmal bissfest.

Heute stelle ich diesen Text völlig unkorrigiert, ungefiltert und unverändert ins Netz. Naturtrüb. Wie ich. Und aus.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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