Briefverkehr 36

Lieber Herwig,

was ich mit dir mache, fragst du? Gar nichts mache ich. Das Schicksal macht. Glaubst du ans Schicksal? Ich finde die Sache mit dem Schicksal praktisch, da ist man für sein Tun nicht verantwortlich, weil sowieso dieses Schicksal seine dreckigen Hände im Spiel hat.

Ich muss dir etwas gestehen, Herwig: Ich habe mich am Wochenende verliebt.

In Jenny.
Die Kleine ist voll süß. Dabei hab ich vor ihr mehr Angst gehabt als vor unserem Zusammentreffen. Kinder können ja grausam sein, und habe befürchtet, deine Tochter wird mich verachten, weil ich ihr für ein paar Stunden den Papa stehle. Ich bin aber keine Diebin, oder zumindest eine anständige, die das Diebsgut gerecht teilt.
Was hast du Jenny eigentlich über mich erzählt? Sie hat mich angestarrt wie ein UFO, das soeben im Schulhof gelandet ist und mir ständig auf die Füße gestarrt. Hast du wirklich geglaubt, ich fahre in schwarzen Gummistiefeln auf den Adventmarkt? „Du kannst ja sprechen“, hat sie fassungslos gesagt und ein wenig später „und Schreckschraube bist du auch keine“, in mein Ohr geflüstert.
Du hast also deiner Tochter erzählst, ihr verbringt den Sonntagnachmittag mit einer stummen, gummibestiefelten, dämlichen Zicke, die kleine Kinder frisst, wie?
Im Übrigen kannte sie mindestens so viele Schimpfwörter wie ich, wenn auch nicht so schöne, und meine Witze hatten ausnahmslos eine Pointe, die hat sich Jenny nur nicht gemerkt.
Ach, ich beneide sie ein bisschen, ich hätte auch gerne jemanden, der mir manchmal vorliest.
Über Beatrix hat sie mir auch erzählt, deine Tochter. (Unaufgefordert, ich schwöre!) Dass sie letztens mit euch Eislaufen war und wie Kelly Clarkson ausschaut, hab ich in Erfahrung gebracht. Ich habe soeben nach dieser Kelly gegoogelt. Nach mausgrauer, netter Kollegin schaut die aber wirklich nicht aus! Ich weiß, es geht mich nichts an. Du kannst schließlich Eislaufen gehen mit wem du willst, sogar mit Kelly Clarkson. Mich friert dabei sowieso immer.
Aber Frauen, die so ausschauen, die schicken einen nicht aus Mitgefühl zum Amtsarzt. Die tun das aus eiskalter Berechnung.
Ich meine es nur gut mit dir, Herwig. Nimm dich bitte in Acht vor der. Wolltest du nicht irgendwann einen neuen Job suchen? Das kann ohnehin nicht die Erfüllung sein, so ein Ärmelschonerberuf auf einer Behörde.

Ich schick dir zwei Küsse. Einer ist für Jenny. Richte ihr bitte aus, dass ich sie sehr mag. Und einer ist für ihren Vater. Sag ihm, dass ich ihn auch mag. Sag ihm, meine Gefühle sind bestimmt tiefer und ehrlicher als die von Kelly Clarkson, und meine Küsse besser.

Ich weiß jetzt übrigens, warum du mir damals mohnroten Lippenstift geschenkt hast. Nicht aufgrund deiner Liebe zum Waldviertel und meiner Liebe zum Lippenstift, nein. Rote Lippen, hab ich gelesen, verstören das männliche Kleinhirn. Der Mund signalisiert Eros, während andere Körpersignale eine andere Sprache sprechen - "Jetzt nicht" zum Beispiel. Und das kleine Männerhirn nimmt diese Mischung aus widersprüchlichen Signalen als weibliche Dominanz wahr. Zu Recht, sagt die Studie.

Herwig?
Ich sag dir jetzt nicht, dass das ein wunderschöner Nachmittag für mich war. Und dass ich mich in Wahrheit gar nicht gefürchtet hab vor den Krampüssern (ist das Plural von Krampus?). Und dass ich das Lehnen und Lächeln bei der Trockenbeerenauslese sehr genossen hab. Das alles behalte ich bei mir. Es sind meine Geheimnisse. Sonst wirst du noch übermütig.

Deine Barbara

P.S. Ich hab weder Jenny noch dich fragen getraut. Wo ist eigentlich ihre Mutter? Du musst das aber nicht beantworten, wenn es dir unangenehm ist, ja?
rosmarin - 5. Dez, 22:16

ach .... ist das liab....
da ist plötzlich die ganze kratzbürstigkeit und wachheit in zuckerwatte verpackt. sehr süss.... gar nicht kitschig.... eine richtig hübsche weihnachtsgeschichte.... oh je.... nein.... bloss das nicht.... nicht alle unterm weihnachtsbaum vereinen bitte... das halt ich nicht aus....
aber die kelly mit doppelnamen ist ja glücklicherweise noch auf der gummistiefelträgerinnenjagd.....
unnötig zu erwähnen, wie gespannt ich jetzt schon wieder bin.....

wasserfrau - 5. Dez, 22:57

ich auch! gespannt!!!!! wie ein flitzebogen!

gerda (Gast) - 6. Dez, 09:18

genau das...

....hab ich mir heute gewünscht.
schööööön.
eine vereinigung, räusper, unterm weihnachtsbaum wäre mir bei meiner neigung zu romantik nicht unbedungt unangenehm.
aber wie ich barbara kenne wird das nichts.
zu vorrausschaubar.
ich lasse mich gerne überraschen.
gerda

testsiegerin (Gast) - 6. Dez, 12:26

liebe Gerda

bin grad im Pflegeheim. (und das in meinem Alter!)
auf jeden fall wünsch ich dir alles alles liebe zu deinem runden geburtstag, und dass das pflegeheim dir auch für das zweite jahrhundert erspart bleibt.
steppenhund - 6. Dez, 15:50

14. März 2008

Ich lese gerade in der Kurzversion des Inhalts von Folge 264 des Briefverkehrs Herwig-Barbara.

Beatrix von ihrer Südamerikareise zurückgekehrt bereitet Barbara neuerlich Sorgen. Eine geheimnisvolle Verbindung zwischen ihr und Herwig scheint nachwievor zu bestehen.
Da platzt Herwigs Frau mit einer Bombe in ein Treffen von Barbara und Herwig.
Zwischen Maronischnitte und Mohntorte erfährt Barbara etwas, dass ihr gerade gefestigtes Vertrauen in die Ehrlichkeit Herwigs bis in die Grundfesten erschüttert.


Ich habe es mir ja zu Nikolaus 2006 bereits ausgerechnet, dass so was ähnliches im Hintergrund stehen muss. Aber man ist dann doch immer wieder überrascht, wenn es tatsächlich so kommt, wie man es sich vorgestellt hat.

testsiegerin - 6. Dez, 16:32

boahh, wieso verrätst du schon alles?
;-)
ich werde das zu verhindern wissen.
steppenhund - 7. Dez, 14:11

Wenn ich die Programmzeitschrift des Jahres 2008 März lesen kann, dann können das andere auch.
Insofern habe ich gar nichts verraten!
rosenherz - 7. Dez, 21:09

So so, im Jahre 2008, da verkehren sie immer noch per Brief?

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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