Briefverkehr 37
Liebe Barbara,
oh, die Madame ist eifersüchtig. Wer hätte denn das gedacht? Und Madame hat ein angeschlagenes Selbstwertgefühl und fühlt sich von Kelly Clarkson-Sattmann-Tauber bedroht. Da schau her!
Meine Güte, hast du immer noch nicht bemerkt, dass du für mich total attraktiv bist? Dass ich deine Rundungen genauso gern mag wie deine Ecken und Kanten?
Barbara, ich bin froh, dass du mir nicht erzählst, dass der Nachmittag für dich schön war und dass du dich wohl gefühlt hast, als du mich gespürt hast und all das andere, dass du mir in deinem Brief auch nicht erzählst. Vielleicht könnte ich nämlich damit nicht so gut umgehen wie mit deinen ständigen Sticheleien.
Ich habe Jenny nicht erzählt, dass du eine dämliche Zicke bist. Ich hab ihr nur gesagt, sie soll sich nicht wundern, wenn du den ganzen Tag schweigst, das läge an einer sehr seltenen und geheimnisvollen Krankheit, über die man noch nicht viel weiß. Und dass es nichts mit ihr zu tun hat, wenn du in Gummistiefeln über den Tisch kletterst und den Krampus verprügelst und dass du eigentlich ganz nett bist, aber totale Angst davor hast, dass die Leute das bemerken. Das hab ich ihr gesagt, sonst nichts. Sie hat es trotzdem bemerkt, meine Tochter.
Und du hättest ruhig fragen können, was mit Jennys Mutter passiert ist.
Nichts Spektakuläres, obwohl ich wahrscheinlich aufgrund deines Hanges zur Dramatik in deiner Achtung steigen würde, könnte ich mit wilden und tragischen Geschichten auffahren. Vielleicht hättest du Mitgefühl mit mir, wäre sie vor unseren Augen vom Tsunami ins Meer gerissen worden, in der Standseilbahn verbrannt, von einem alkoholisierten Raser niedergemäht worden oder wenigstens an Brustkrebs verstorben.
Kann ich alles nicht bieten. Sabine wohnt drei Häuser weiter, ist seit drei Jahren meine Ex-Frau und wir verstehen uns wunderbar. Sorgen und Sorgerecht teilen wir und Jenny findet es mittlerweile cool, zwei Wohnungen zu haben. Das war aber nicht immer so, eh klar. Sabine ist noch bis Mitte Jänner auf Ausbildung in Deutschland, deshalb kann ich abends und am Wochenende nicht alleine weg (außer Mittwochs, zum Volleyballspielen) und hab Jenny deshalb zum Adventmarkt mitgenommen. Aber ihr habt euch ja ohnehin prächtig amüsiert.
Zufrieden mit meiner Erklärung? Sicher nicht. Bist du eigentlich jemals so richtig zufrieden? Oder gar glücklich?
Ach Barbara, wie geht es mit uns weiter? Möchtest du denn überhaupt, dass es weitergeht? Ich hab ein bisschen Angst, dass dir mein beschauliches Leben zu langweilig sein könnte. Einen Mord im Hotel Orient konnte ich dir nicht bieten und jetzt nicht einmal einen soap-opera-reifen Rosenkrieg mit der Ex. Tja, nicht mal Sex mit der Ex.
A propos. Was hältst du davon, wenn wir in den nächsten Tagen telefonieren? Wenn du magst, könnte ich dir dabei ja etwas vorlesen.
Ich drück dich
Dein Herwig
oh, die Madame ist eifersüchtig. Wer hätte denn das gedacht? Und Madame hat ein angeschlagenes Selbstwertgefühl und fühlt sich von Kelly Clarkson-Sattmann-Tauber bedroht. Da schau her!
Meine Güte, hast du immer noch nicht bemerkt, dass du für mich total attraktiv bist? Dass ich deine Rundungen genauso gern mag wie deine Ecken und Kanten?
Barbara, ich bin froh, dass du mir nicht erzählst, dass der Nachmittag für dich schön war und dass du dich wohl gefühlt hast, als du mich gespürt hast und all das andere, dass du mir in deinem Brief auch nicht erzählst. Vielleicht könnte ich nämlich damit nicht so gut umgehen wie mit deinen ständigen Sticheleien.
Ich habe Jenny nicht erzählt, dass du eine dämliche Zicke bist. Ich hab ihr nur gesagt, sie soll sich nicht wundern, wenn du den ganzen Tag schweigst, das läge an einer sehr seltenen und geheimnisvollen Krankheit, über die man noch nicht viel weiß. Und dass es nichts mit ihr zu tun hat, wenn du in Gummistiefeln über den Tisch kletterst und den Krampus verprügelst und dass du eigentlich ganz nett bist, aber totale Angst davor hast, dass die Leute das bemerken. Das hab ich ihr gesagt, sonst nichts. Sie hat es trotzdem bemerkt, meine Tochter.
Und du hättest ruhig fragen können, was mit Jennys Mutter passiert ist.
Nichts Spektakuläres, obwohl ich wahrscheinlich aufgrund deines Hanges zur Dramatik in deiner Achtung steigen würde, könnte ich mit wilden und tragischen Geschichten auffahren. Vielleicht hättest du Mitgefühl mit mir, wäre sie vor unseren Augen vom Tsunami ins Meer gerissen worden, in der Standseilbahn verbrannt, von einem alkoholisierten Raser niedergemäht worden oder wenigstens an Brustkrebs verstorben.
Kann ich alles nicht bieten. Sabine wohnt drei Häuser weiter, ist seit drei Jahren meine Ex-Frau und wir verstehen uns wunderbar. Sorgen und Sorgerecht teilen wir und Jenny findet es mittlerweile cool, zwei Wohnungen zu haben. Das war aber nicht immer so, eh klar. Sabine ist noch bis Mitte Jänner auf Ausbildung in Deutschland, deshalb kann ich abends und am Wochenende nicht alleine weg (außer Mittwochs, zum Volleyballspielen) und hab Jenny deshalb zum Adventmarkt mitgenommen. Aber ihr habt euch ja ohnehin prächtig amüsiert.
Zufrieden mit meiner Erklärung? Sicher nicht. Bist du eigentlich jemals so richtig zufrieden? Oder gar glücklich?
Ach Barbara, wie geht es mit uns weiter? Möchtest du denn überhaupt, dass es weitergeht? Ich hab ein bisschen Angst, dass dir mein beschauliches Leben zu langweilig sein könnte. Einen Mord im Hotel Orient konnte ich dir nicht bieten und jetzt nicht einmal einen soap-opera-reifen Rosenkrieg mit der Ex. Tja, nicht mal Sex mit der Ex.
A propos. Was hältst du davon, wenn wir in den nächsten Tagen telefonieren? Wenn du magst, könnte ich dir dabei ja etwas vorlesen.
Ich drück dich
Dein Herwig
testsiegerin - 7. Dez, 16:19
(Würd' ich mich außerdem nie trauen!)