Gebt ihnen Namen

Sperrt die Wilden ein und gebt ihnen Namen! (Karl Popper)

Namen erwecken Dinge zum Leben. Fassungslos war ich, in dem kleinen griechischen Dorf vor vielen Jahren, als man die kleinen Kinder nur Baby (moro) gerufen hat. Einen Namen bekommen sie erst im Alter von sechs, hat man mir erklärt. Man weiß ja noch nicht, wie sie sich entwickeln, welcher Name zu ihnen passt. Vielleicht war aber auch alles ganz anders und meine Griechischkenntnisse zu schlecht, um es richtig zu verstehen. Der griechische Salat war wunderbar.

Namen machen Dinge und Projekte erst wirklich. Wir Toll3sten zum Beispiel, wir sind in dieser Formation nicht länger Katharina, Beate und Barbara; also natürlich sind wir das immer noch, aber wir sind viel mehr, indem wir die Toll3sten sind. Wir haben unserer Band mit dem Namen auch Gestalt gegeben. Uns sozusagen erschaffen.
Indem Eltern uns Namen geben, impfen sie uns mit Erwartungen und Ansprüchen. Werde!, sagen sie. "Werde, wie wir wollen, dass du wirst."

Namen prägen. Eine Barbara ist anders als eine Ingrid. Ein Marcel anders als ein Friedrich. Ein Waldemar anders als ein Kevin. Toll3ste Weiber anders als Drei Nette Mädels am Rande des Mädelssein.
Namen erfinden Menschen neu.

Wie wäre ich geworden mit einem anderen Namen? Reine Spekulation, ich weiß, aber lassen Sie mich ein wenig in die schwüle Sommerluft hineinschwurbeln und -spekulieren. Wie wäre ich geworden als Herta oder als Karin, das waren damals auch beliebte Namen, in den frühen Sechzigern? Barbara ist offen und weich. Also der Name auch. Barbra sagen die einen, Warwara die anderen, aber man kennt den Namen auch in fremden Ländern. Barbara, die Wilde, die Fremde. Vor allem sich selber fremd. Barbara, der Name kann gut getanzt werden, weich und offen. Barbara kann nicht gut tanzen.

Sperrt die Wilden ein und gebt ihnen Namen! Wenn man etwas einen Namen gibt, hat man weniger Angst. Ich habe keine Angst vor der fetten Spinne Susi in meinem Badezimmer. Vor der Nacktschnecke Elsa. Vor Fluppi, dem Fußpilz auch nicht. Wie könnte man vor etwas Angst haben, das Fluppi heißt?
Also, wie wäre ich geworden als Herta? Ohne jetzt die Hertas dieser Welt verunglimpfen zu wollen, aber vermutlich würde ich als Herta Faltenrock und gebügelte Rüschenblüschen tragen. (Ein schönes Wort; ein onomatopoetisches Rüschenblüschen. Man spürt die Rüschchen förmlich beim Aussprechen.) Als Herta hätte ich einen grünen Lodenhut und in der Schule hätten mir die Barbaras und Sabines und Beates eine Feder aus Papier gebastelt, mir in den grünen Lodenhut gesteckt und mich ausgelacht. Wie wir der Herta damals. Ich wäre Polizistin geworden und hätte mich Jahre später an den Lippenstift klauenden Barbaras und Sabines und Beates gerächt, indem ich sie eingelocht hätte. Ich hätte einen langweiligen Mann geheiratet, einen Numismatiker, der am Sonntag die Gartenzwerge abstaubt und Kinder bekommen, die den selben Haarschnitt wie der Gartenzwergrasen gehabt hätten. Noch später hätte ich mir die Pulsadern aufgeschnitten, weil ich die Welt nicht mehr ertragen hätte.

Als Hiltrud hätte ich wahrscheinlich irgendwann die FPÖ gewählt und blaue Socken und mich selbst in Vorurteilen verstrickt. Ich bin froh, dass ich mich als Barbara so gut wie niemals in Vorurteilen verstricke, vor allem nicht, was Namen betrifft.

Valentina hätte ich gerne geheißen. Als Valentina hätte ich schon aus Prinzip mein Russisch-Englisch-Dolmetsch-Studium abgeschlossen und wäre Doppelagentin geworden, berühmter noch als Mata Hari. Edward Snowdon wäre ein Lercherlschas gegen mich gewesen. Jeden Tag hätte man von mir in der Zeitung gelesen, in Steckbriefen „Wanted – Dead or Live“ oder anderen Kolumnen. Als Valentina wäre ich kein offenes braves, sondern ein verschlossenes, geheimnisvolles und spannendes Kind gewesen. Ich hätte viel geschwiegen, aber wenn ich etwas gesagt hätte, wäre das von immenser Bedeutung für die gesamte Weltgeschichte gewesen. Man hätte meine Worte schon als Baby aufgezeichnet und mittels modernster Techniken entschlüsselt und gedeutet. Meine Eltern wären einerseits sehr stolz auf mich gewesen, ich wäre ihnen aber schon in meiner frühen Kindheit ein wenig unheimlich gewesen. Trotz Namen hätten sie sich beinahe vor ihrem eigenen Kind gefürchtet.

Niemand dagegen würde sich vor drei Frauen fürchten, die sich Lust und Last von der Seele schreiben, hießen sie Die Lieblichen. Die Lieblichen würden auch keine Gangster- und Piratengeschichten oder halbpornografische Romane schreiben, sondern Heimatromane aus den Tiroler Alpen verfassen. Sie würden Zenzi, Annerl und Trude heißen und zu ihren Lesungen würden nur ein paar schwerhörige Jäger kommen, die sich an ihren aus den Dirndln quellenden Brüsten erfreuen.

So schauts nämlich aus.
la-mamma - 23. Jul, 20:55

als alte vornamenseigenschaftenforscherin wollt ich nur schnell eine lanze für alle hertas schwingen. die, die ich kenn, hat das leben ganz schön hart im nehmen gemacht, und NIEMALS würden sie ihre geliebten jeans mit faltenröcken tauschen oder gar rüschenblusen kombinieren. ihren freiheitsdrang leben sie auf motorrädern oder pferderücken aus und ihre töchter gehen ihnen über alles. also - in summe haben die irgendwie das beste aus diesem (oder trotz dieses?) grausamen vornamen gemacht;-)

ps: aber die lieblichen als name für uns hätt schon auch was gehabt. und haben wir eigentlich bei der suche auch die 3faltigen in erwägung gezogen;-)))

testsiegerin - 23. Jul, 22:59

Du hast ja recht. Auch unser Kater Herta ist ja härter im Nehmen.
Und so viele Falten haben wir auch noch nicht, dass wir uns die 3Faltigen nennen sollten. Aber "Liebliche Mädleins", das wäre schon was.
la-mamma - 24. Jul, 11:45

Lach - ich war gedanklich mehr bei der schoenen Blasphemie! Und waer froh, wenn ich NUR 3 Falten haett!;-)
testsiegerin - 24. Jul, 11:53

jede einzelne ihrer falten ist wunderschön, frau lamamma.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

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Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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