Glück

Ich bin ja meistens aufgeregt vor Lesungen. Das gehört dazu, ich weiß, das hebt den Adrenalinspiegel und erhöht die Spannung, die wiederum notwendig ist, um wirklich gut zu lesen. Daran hab ich mich halbwegs gewöhnt.

Trotzdem war der Freitag ein ganz besonderer Tag. Eleonore und ich traten nämlich nicht vor einem mir mehr oder weniger fremden Publikum auf, sondern vor dem schwierigsten, das es gibt. Vor meinen kritischen Kollegen und Vorgesetzten, anlässlich der Eröffnung unseres neuen Standortes.
Die Spannung war noch dazu nicht erst kurz vor der Lesung groß, sondern schon den ganzen Tag, denn ich fühlte mich (und war wohl auch ein bisschen) für das Gelingen der ganzen Feierlichkeiten verantwortlich. Kommt der Flieger mit dem deutschen Gastreferenten pünktlich an? Reicht das Buffet für alle? Werden die Ansprachen pointiert und eloquent oder lähmend und langweilig sein? Wird das Essen rechtzeitig geliefert? Funktionieren Laptop, Beamer und Mischpult? Tappe ich in im Weg stehende Fettnäpfchen? Ist genug Sekt eingekühlt? Werden sie Eleonores Gesang lieben? Und mich?

Kurz vor unserem Auftritt die Frage, die ich mir immer stelle, wenn ich auftrete und noch kurz die Texte überfliegen. Sind meine Texte gut genug? Bin ich gut genug? (Die Antwort auf diese Fragen lautet in diesen Momenten immer "nein", oder wahlweise "definitiv nicht."
Länger als sonst habe ich diesmal überlegt, welche Texte ich lese. Und noch länger überlegt, welche ich auf keinen Fall lese. Es war eine Gratwanderung. Mir war klar, ich zeige an diesem Tag eine Seite von mir, die die meisten der Anwesenden nicht kennen, obwohl sie natürlich alle wissen, dass ich neben meiner Arbeit auch "ein bisschen schreibe". Mir war klar, dass ich mit jedem meiner Texte - und seien sie noch so harmlos und brav - viel von mir preisgebe. Meine Gedanken, Gefühle, Haltungen. Wie werden sie darauf reagieren?

Herzklopfen. Hirntosen. Gänsehaut. Angst. Alle Sessel besetzt, ein paar Leute mussten sogar stehen.

Dann Flötenklänge von Eleonore. Und plötzlich vollkommene Ruhe. Konzentration. Ganz tief tauche ich ein in meine Geschichten, so, als würde ich sie das erste Mal hören und von den Pointen und Wendungen selbst überrascht sein. Ich bin ganz bei mir. Und bei den Figuren in den Geschichten. Ich bin Hilde, die aus dem Jenseits spricht. Mathilde, die mit Raki Goa Fish isst, Lieselotte, die nach dem Geriatriekongress mit dem Referenten schläft. Ich bin sie alle und trotzdem ganz ich. Und spüre , dass das Publikum bei mir ist. Als Eleonore "Dreamland" singt, fühle ich Gänsehaut und Stolz, mit ihr gemeinsam auftreten zu dürfen.

Applaus. Lachen. Tränen in den Augen meiner Vorgesetzten, diesmal nicht aus Unmut über meine Arbeitsleistung.

In mir tief empfundenes Glück. Demut. Dankbarkeit. Es gibt nichts Schöneres, als Menschen mit dem, was man gerne macht, zu berühren. Deshalb lese ich. Deshalb lebe ich.

Später dann im Stroboskopgewitter und im Disconebel die Anspannung von mir schütteln. Zu "Gloria" tanzen und zu "Arbeit nervt". Und stolz zu sein auf den Lieblingskollegen, der das gleiche tut wie ich. Nämlich mit seiner Leidenschaft (in diesem Fall für die Musik) die Menschen zu unterhalten und berühren. Als grandioser DJ.

Thanks. Allen KollegInnen, die trotz aller Dissonanzen, die es immer wieder gibt, dazu beigetragen haben, dass der Tag ein harmonischer war. Das sind die Momente, in denen ich spüre, warum ich noch immer gerne arbeite, wo ich arbeite. Der Menschen wegen.
steppenhund - 29. Mär, 14:05

.

gerda (Gast) - 29. Mär, 17:08

das hört sich richtig gut an.
ich spüre beim lesen, wie sehr du bei dir warst.
und schön, dass du durch die schilderung deiner ureigensten gefühle und eindrücke dazu beiträgst, dass wir dir nah sein dürfen.

*in erinnerungen schwelg*
du gibst unheimlich viel von dir beim lesen.

lieben gruß
gerda

walküre - 29. Mär, 23:44

.

rosmarin - 30. Mär, 18:34

.

LadylikeKandis - 30. Mär, 18:46

ich wäre sogern einmal dabei, um dich lesen zu hören-zu sehen.

*lächel*

Uta-Traveller - 31. Mär, 08:04

vor Menschen zu lesen, die einen kennen (zu kennen glauben), stelle ich mir wirklich schwer vor
wie schön, wenn alles dann so gut läuft
und wie schön, dass dir daraus dann Kraft für den Alltag (und für neue Geschichten) erwächst

lieben Gruß
Uta

datja - 31. Mär, 21:44

punkti punkti strichi strichi:

:-)

Lo - 31. Mär, 23:10

Lesestolz.

Ein Freund, der schon Bücher schrieb, als ich noch davon träumte, wünschte sich von mir zu seinem 60. Geburtstag, dass ich während seiner Feier zwei meiner Geschichten lese.
Damit hat er mir ein Geschenk zu seinem Geburtstag gemacht...
Es ist wirklich ein schönes Gefühl, mit dem, was man einmal in Worte gefasst hat, andere Menschen zu berühren.
Und es macht mächtig stolz..............

Liebe Grüße!
Lo

rauch - 31. Mär, 23:13

wunderbar!

ich freue mich für dich! hört sich wirklich toll an - ich vermute ungefähr ziemlich genau so, wie du schreibst und bist! ich war zu lange nicht hier, merke ich. wird sich wieder ändern! Liebe Grüsse - j

bonanzaMARGOT - 2. Apr, 13:57

gratuliere zum erfolg.

katiza - 2. Apr, 14:11

Glück, eben! So schön.

Sternenstaub - 3. Apr, 17:48

also ich hab dich ja schon öfter ghört und bin jedesmal wieder absolut begeistert !!!!!

auch gestern wieda - aba ups ich wiederhol mich grad ;))))))) ich denk so ne Wiederholung wird dir nix ausmachen ;)))

testsiegerin - 3. Apr, 20:00

und noch einmal danke. tut das gut!

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
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Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
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