Freitag, 11. Juli 2008

Rolle vorwärts

Nein. Ich turne neuerdings nicht. Ich bin schon beim Schreiben geblieben.
Heute abend war ich aufgeregter als vor meinen Lesungen. Dabei musste ich gar nichts tun, keine Stöckelschuhe anziehen, nichts in ein Mikro hauchen und nicht lesen. Nur dasitzen und zuhören und ich konnte nicht ins Geschehen eingreifen.

Heute war nämlich die Uraufführung meines Theaterstücks "Rolle vorwärts". Und die Jugendlichen (12 Stück an der Zahl, zwischen 11 und 16) haben nach einer Woche Schauspielworkshop so klasse gespielt, so witzig, berührend, authentisch, so leidenschaftlich und hinreißend, ich hab gelacht und hatte Tränen in den Augen und hab mich berühren lassen - und das, obwohl ich das Stück ja schon kannte.
Frau Dr. Blubb glänzte als Hans-Peter, und alle anderen glänzten auch. Vor allem aber meine Augen.


Ein Theaterstück über Jugendliche und ihre Lebenswelten

Für Emos, Krocha, Streber, Besserwisser, Schüchterne, Hexen, Normalos, Starke, Schwache und andere Menschen, die manchmal nicht wissen, wohin sie gehören und welche Rolle sie in ihrem Leben spielen.
Leicht und zugleich mit Tiefgang, voll Witz und Nachdenklichkeit, gerührt und geschüttelt. Mit vielen Fragen und wenig Antworten.
Wie das richtige Leben.



Besetzung

Jenny – Tussi, will gefallen, hätte gern einen Freund
Saskia – Emo, traurig
Jimmy - Krocha
Marcel, Jimmys Freund und Anhängsel
Alexandra, schüchtern, ungelenk, unsicher
Nici -Hip-Hop-Queen
Hans-Peter - Deutscher Globalisierungskritiker
Franziska – Klassenbeste, Streberin
Susi – Klassenfrechste, emanzipiert
Willi – Witzbold
Mona – Junghexe
Nilüfer – türkisches Mädchen
Silke - Schauspiellehrerin

Und für die, die es nicht gesehen haben (also die meisten von euch) stell ich das Stück jetzt einfach in seiner ganzen Länge herein. Falls es wen interessiert.


1. Akt

Jenny, Saskia und Franzsika sitzen auf den Stufen. Jenny frisiert sich, Saskia rotzt in ihr Taschentuch und Franziska liest.
Jenny: Habt ihr eigentlich schon mal?
Saskia: Nein, noch nie. Du, Franziska?
Franziska: Ein bisschen, in der Aula. Mit den Jungs aus der Vierten. Aber noch nie so richtig.
Saskia: Ich hab Angst. Was, wenn sie uns nicht mögen?
Jenny: Sie werden uns lieben. – Vielleicht.

Jimmy und Marcel betreten die Bühne

Jenny (bemalt sich die Lippen): Der Blonde ist echt süß.
Franziska (blickt aus ihrem Buch auf): Zu lang im Solarium gewesen. Die UV-Strahlen beschleunigen die Hautalterung und erhöhen das Krebsrisiko. (vertieft sich wieder in ihr Buch)
Saskia: Süß? Krocha sind nicht süß, sondern Menschen ohne Emotionen und Hirn. Krocha in L.E. (Anm. Langenzersdorf) Ich dachte, die gibt’s nur in der Stadt.
Jenny: (lächelt dem Blonden zu und klimpert mit den Wimpern)
Saskia: Bevor ich es mit einem von denen mach, schneid ich mich.

Abseits
Jimmy: Und? Kroch ma eine in de Hittn, Oida?
Marcel: Braq. Bist du deppert? Des hob i no nie gmocht.
Jimmy: Geh kumm, des wird sicha a Ur-Theater, Oida.
Marcel: Fix. Wer is’n auf de g'schissene Idee kumman?
Jimmy: Mei Oida, Oida. Der hod Angst, dass ma sunst fad wiad in d`Ferien. Mogst obeißen? (hält ihm den BigMac hin)

Nici und Susi biegen um die Ecke.
Susi: Ein bisschen mulmig ist mir schon zumute.
Nici: So ging es mir auch beim ersten Mal. Aber schon nach ein paar Minuten hat es angefangen Spaß zu machen.
(setzen sich zu den anderen Mädchen)

Mona bewegt sich suchend durch den Raum, setzt sich auf den Boden und murmelt:
Du mußt versteh'n!
Aus Eins mach Zehn,
Und Zwei laß geh'n,
Und Drei mach gleich,
So bist Du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex',
Mach Sieben und Acht,
So ist's vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmaleins!

Franziska: Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber...

Hans-Peter (tritt auf) Das ist noch lange nicht vorüber. Hi ihr. Ich bin der Hans-Peter.
Jimmy und Marcel: Sche für di.
Hans-Peter (zwinkert): Ihr wisst aber schon, dass McDonalds zur umweltschädlichen industriellen Fleischproduktion beiträgt und in aller Welt regionale Ernährungstraditionen bedroht?
Jimmy: Bam Oida.
Hans-Peter: Weißt du überhaupt, was das ist? (zupft ihn am Palästinenser-Tuch)
Jimmy: Na Krawattn is des kane, Oida. A Gschirrtiachl, a Pali-Schneizer.
Hans-Peter: Und, weißt du zufällig auch, woher das kommt?
Jimmy: Na aus Bali, Oida.
Hans-Peter (schüttelt den Kopf:) Ich fasse es nicht. Das Symbol des palästinensischen Befreiungskampfes kommt aus Bali. Alle Achtung.
Jimmy (geht auf Hans-Peter los): Jetzt huach amoi zua, Oida. I bin vielleicht a Prolo, owa solche Typen aus da Bessawissaszene hob i scho gfressen.
Marcel (hält Jimmy zurück:) Loss eam in Ruah, Ollabesta. Der is eh urgstroft mit seine Woidviertler Bock, Oida.
Willi (biegt im Roller um die Kurve, sieht Jimmy und Marcel) Oh! Krocha-Ausgang heute?
Marcel (zeigt ihm den Stinkefinger)
Willi: Was sagt ein Krocha, wenn er gegen einen Baum rennt?
Jenny, Saskia, Franziska (gleichzeitig und gelangweilt) Bam, Oida, des hot krocht.
Willi (geht auf die Mädels zu und hebt die Hand zum Raumschiff Enterprise-Gruß): Ich bin in friedlicher Mission auf diesem Planeten gelandet. Darf ich mich vorstellen? Captain Willi.

Alexandra tritt auf, geht unsicher auf und ab.
Jenny und Saskia stoßen sich in die Rippen und kichern.

Alexandra (wendet sich schüchtern an die Mädchen): Entschuldigung, ist hier der Theaterworkshop?
Susi: Was dachtest du? Ein Kindergeburtstag?
Franziska (schaut von ihrem Buch auf): Wann geht’s eigentlich los?
Hans-Peter: Vor zehn Minuten. Das ist wahrscheinlich die österreichische Gemütlichkeit.
Nici: Bleib locker, Piefke!
Franziska: Oh Gott!
Mona: Alle Götter sind ein Gott und alle Göttinnen eine Göttin.
Franziska: Wo bin ich hier gelandet? Auf einem Geheimtreffen von Psychiatriepatienten oder in einem Theaterworkshop?
Willi: Wo ist der Unterschied?
Nilüfer (kommt herein): Entschuldigt bitte die Verspätung. Bin ich die letzte?
Die anderen zucken die Schultern.
Jenny (drückt am Handy herum): Eine SMS von Silke.
Marcel: Who the hell ist Silke?
Jimmy: Na die Theatertrainings-Tussi. Die Bekannte vo mein Oidn.
Jenny (liest): STECKE IM STAU UND VERSPÄTE MICH. FANGT BITTE SCHON MAL AN. DER SCHLÜSSEL FÜR DEN PROBERAUM STECKT IM TOPF MIT DER TOMATENPFLANZE. ZUM AUFWÄRMEN STELLT SICH JEDE UND JEDER VON EUCH AUF DER BÜHNE VOR. WARUM SEID IHR HIER, WAS LIEBT IHR, WAS HASST IHR, WER SEID IHR?
Saskia (wischt sich eine Träne aus dem Auge und murmelt) Tja, wer bin ich? Wenn ich das wüsste, wär ich wahrscheinlich nicht hier.

Schweigen.

Jenny (schaut verzweifelt auf die vielen Blumentöpfe): Weiß irgendjemand von euch, wie eine Tomatenpflanze aussieht?
Alexandra leise: Ja, ich.
(wird ignoriert)
Mona (zuckt die Achseln): Paradeiser waren noch kein Thema in der Junghexenausbildung. Nur Angelikawurzeln und Wermutblätter.
Susi: Ey, sind Tomatenpflanzen nicht diese grünen Sträucher mit den roten, runden Früchten dran?
Nici (schnuppert an den unzähligen Pflanzen): Gras ist keins dabei. Schade.
Franziska: Die Tomate gehört zur Gattung der Nachtschattengewächse. Ursprünglich stammt sie aus Südamerika. Kolumbus hat sie 1498 nach Spanien gebracht.
Jimmy: Bam Oida, wos’d ned sogst.
(Franziska wendet sich beleidigt ab)
Alexandra nimmt den Schlüssel aus dem richtigen Topf und sperrt auf.



2. Akt

Jenny schaltet den CD-Player ein. Alle bewegen sich im Raum, betrachten die Kostüme und Accessoires, probieren dies und das aus. Irgendwann setzen sich die Jugendlichen einer nach dem andern im Halbkreis auf.
Nervöses Schweigen.

Mona (zieht mit Kreide einen Kreis um die Gruppe)
Hans-Peter: Was soll das werden? Der kaukasische Kreidekreis?
Mona: Ein Schutzkreis. Er bewirkt, dass die Energie im Kreis bleibt und nicht verpufft.

Hans-Peter: Also, wer fängt an mit Vorstellen?
Franziska: Ich schlage vor, wir gehen alphabetisch vor. Ist hier jemand, dessen Vorname mit A beginnt?
Alle nennen reihum ihren Namen, zuletzt Alexandra.
Alexandra (nervös) Ich ... ich... also ich ... heiße Alexandra. Aber meine Freunde ... ähm ... meine Eltern ... nennen mich Sascha.
Hans-Peter: Gut. Du fängst an, Alexandra. Die Bühne gehört dir.

Alexandra (schluckt, quält sich hoch und stellt sich unsicher auf die Bühne - spricht leise und schnell): Ich heiße Alexandra Tröstlinger. Ich bin hier, weil meine Therapeutin meint, Theaterspielen wäre gut gegen meine Schüchternheit. Ich mag Peter Alexander. Viele fremde Menschen mag ich nicht so. Danke.
(setzt sich wieder und schaut zu Boden)

Schweigen.
Susi (applaudiert als einzige) Ich fand das jetzt sehr mutig von dir, Alexandra.

Franziska (macht einen Knicks): Franziska. Ich bin hier, weil ich Literatur und Theater liebe, vor allem die deutschen Klassiker. Ich mag auch Mathematik, Chemie und Biologie.
Willi: Und wie hält sie’s mit der Religion? Der Physik, Geographie und Geschichte?
Franziska: Die mag ich auch. (setzt sich)

Hans-Peter (baut sich auf und wartet, bis alle still sind): Hans-Peter. Ich denke global und agiere lokal. Ich bin hier, um zu lernen, wie ich Menschen durch überzeugende Rhetorik und Körpersprache dazu gewinnen kann, sich für mehr Fairness in der Welt einzusetzen.

Jenny und Jimmy stehen gemeinsam auf und gehen auf die Bühne.
Jenny: Ich bin die Jenny.
Jimmy: Und ich der Jimmy.
Jenny (kokett): Ich steh auf blonde Jungs. Auf die Schule steh ich nicht.
Jimmy (verlegen) Ich mag Mädels, die Jungs wie mich mögen. Und ich mag Jumpstyle. (macht ein paar Schritte)

Marcel: Marcel Maier. (verbeugt sich) Ich bin da, weil der Jimmy hier ist. Wo Jimmy draufsteht, ist auch Marcel drin. Was ich mag? (kratzt sich am Kopf) Ich mag mein Ed Hardy –Kapperl, und Jumpstyle in der Nachtschicht mag ich auch. Die Schicht ist Pflicht. Und (wirft einen Blick auf Saskia) ich hasse Emos. (setzt sich)

Mona: Ich bin Mona. Ich liebe das Licht und das Dunkel, den Himmel und die Erde. Ich trage zwar keinen spitzen Hut und ich habe auch keine Warzen, aber ich bin eine Hexe. Unser Leitspruch lautet: Tu was Du willst, aber schade niemandem. Daran versuche ich mich zu halten.
Franziska: Hexen gibt’s doch nur im Märchen. Also ich glaub nicht an den Schmarrn.
Mona lächelt sanft: Tu was du willst, aber schade niemandem.
Nici rappt:
Ich bin ich, Lady Nici ist mein Name
was ich bestimmt nicht bin, das ist ne Dame
und schon gar nicht eine nette, anschmiegsame
Frau wie aus der Superweißwasch-Reklame

Ich hasse fette Kerle mit fetten Autos und fetten Villen
die in fetten Banken irgendwelche fetten Rollen spielen
nach dem Geldverdienen in den glattrasierten Gärten Grillwurst grillen
Alles was ich will, ist rappen, sprayen, feiern und chillen

Nilüfer: Ich bin Nilüfer.
Jimmy (klopft sich auf die Schenkel): Hallo Nil-Ufer.
Alle außer Marcel: Pssscht!
Nilüfer: Ich bin türkischstämmige Österreicherin. Mein Name hat nichts mit dem Ufer des Nil zu tun, sondern bedeutet Seerose. Warum ich hier bin? Weil mein Vater mich ohne Begleitung meines Bruders nur in die Bücherei oder einen Kurs gehen lässt.
Jimmy: Der wird scho wissen warum, Oida.
Nilüfer (lässt sich nicht aus der Ruhe bringen): Ich liebe Toleranz. Und ich hasse primitive Anmachsprüche.

Saskia: Mein Name ist Saskia. Ich mag die Dunkelheit und tiefe Emotionen. Vor allem mag ich die Traurigkeit. Sie ist so viel verlässlicher als das Glück. Hier bin ich, weil meine Mutter in ihrer Jugend Schauspielerin werden wollte. Geworden ist sie Finanzbeamtin.
Willi: Weiß eigentlich jemand, wie viele Emos man braucht, um eine Glühbirne reinzudrehen?
Marcel (klopft sich auf die Schenkel): Drei. Eine, die schraubt, eine, die ein Gedicht drüber schreibt, und eine, die heult.
Saskia (schreit): Das ist nicht wahr! Ich kann auch im Dunkeln heulen.
Nici: Du bist dran, Susi.

Susi: Ich bin Klassenfrechste, sagen die Lehrer. Dabei lass ich mir nur nichts gefallen. Von niemandem mehr. Ich mag Musik und Karate. Macker machen mich aggressiv.

Willi (ahmt Nici nach):
Ey, was die Nici kann, das kann ich auch.
Ich bin der Willi und steh oft auf dem Schlauch
Bin kein Krocha, kein Piefke, kein Emo, keine Hex
im Fernsehn schau ich gern den Kommissar Rex
Wenn ihr euch fragt, wie komm ich hier hin?
Ich bin da, weil ich ne Rampensau bin.

Alle lachen und applaudieren

Nici: Und jetzt? Wann kommt Silke nun eigentlich?
Jenny (schaut auf ihr Handy): Sie hat geschrieben. (liest) HATTE EINEN AUFFAHRUNFALL UND WARTE AUF DIE POLIZEI. TEILT EUCH IN DREI GRUPPEN (AM BESTEN MIT JEMANDEM, DEN IHR NOCH NICHT GUT KENNT) UND ERFÜLLT FOLGENDE AUFTRÄGE:...
Marcel: Supa. Jimmy, moch ma a Gruppn?
Jimmy: Bam, jetzt kennst mi imma no ned, Oida?
Jenny: Jimmy, willst du mit mir...?
Jimmy nickt
Franziska: Ich schlag vor, wir losen drei Leute aus, die ihre Gruppe wählen. Wie im Turnunterricht.
Hans-Peter (springt auf): Einspruch! Das geht überhaupt nicht.
Jimmy: Warum geht des net? Hot di friacha kana gwöhlt, Piefke?
Hans-Peter wendet sich ab.
Willi: Hans-Peter hat Recht, das geht nicht. Ich leide nämlich seit der Volksschule an einer chronischen und unheilbaren Form des weit verbreiteten Völker-Volley-und-Basketballmannschaftswähltraumas. (wendet sich ans Publikum) Gibt es hier noch mehr Patienten, die von dieser heimtückischen Krankheit betroffen sind?
(wartet die Reaktion aus dem Publikum ab) Na also.
Saskia: Wenn ich ehrlich bin, will ich auch nicht nicht gewählt werden.
Alexandra (nickt)
Franziska: (verschränkt die Arme vor dem Körper) Dann halt nicht.
Mona: Wir können doch auch ohne Wahl zueinanderfinden.

Alle außer Alexandra, Saskia und Hans Peter gehen durch den Raum (Musik)
Hans-Peter (selbstsicher) Ich suche nicht, ich lasse suchen.
Es finden sich zwei Gruppen.
Jenny, Jimmy, Nilüfer und Nici
Willi, Susi, Franziska und Mona
Als Marcel sich anschließen will, signalisieren sie ihm, dass die Gruppe vollständig ist.
Marcel bleibt nichts anderes übrig, als mit Alexandra, Saskia und Hans-Peter eine Gruppe zu bilden. Er stöhnt.
Alle gehen ab.


3. Akt – 1. Teil

Jenny, Jimmy, Nilüfer und Nici betreten.die Bühne.
Jenny: Wir sollen Szenen aus unserem Alltag als Oper singen. Und dabei nicht auf Gefühle und unseren Körper vergessen.
Jimmy: Mei Opa soi singan? Den sein Körper hob’n längst die Wirma gfressn.
Nici: Dürfen wir die Arien auch rappen?
(ab jetzt wird gesungen)
Nilüfer (singt zornig und theatralisch): Was seid ihr doch für Deppen! Jetzt reißt euch zusammen.
Jenny: Ich will mich nicht zusammenreißen.
Nilüfer: Was willst du dann?
Jenny: Wenn ich das nur wüsste! (denkt nach) Ha! Ich hab’s! Ich will einen Freund. Und ich will endlich Sex. Ich will doch nicht als Jungfrau sterben!
Jimmy: (wird nervös und rückt ein Stück ab) Mama mia. Die Schnalle ist noch Jungfrau! (wendet sich ans Publikum) Ich hab doch auch noch nie!
Nici: Ich will weg. Raus aus dem öden Kaff. Ich will frei wie der Wind sein. Ich will in den Süden, ans Meer, in die Sonne. In die Freiheit.
Nilüfer: Glaub mir, die Freiheit findest du nicht im Süden. Sie schwimmt nicht im Meer. Sie versteckt sich nicht hinter blendenden Sonnenstrahlen. Die Freiheit wohnt nicht am Strand!
Jimmy: In der Nachtschicht hab ich sie auch nicht gesehen.
Nici: Wo verdammt ist sie dann?
Nilüfer: Sie sitzt hier, in deinem Herzen. Und da,. in deinem Kopf.
Jenny: In meinem auch?
Nici: Na ja.
Finale der Oper
Jenny: Ich will gar nicht frei sein.
Jimmy: Was willlst du dann?

/: Jenny: Ich will geliebt werden. So wie ich bin.
Jimmy: Das will ich auch!
Nici: Und ich auch!
Nilüfer: Wer will das nicht? :/
(diese vier Zeilen gleichzeitig 3 x wiederholen)
Verbeugung. Gehen ab.

Jimmy (peinlich berührt) Bam Oida, so a Schas.
Saskia (ruft ihm zu): Ich fand das richtig gut. Du hast halt noch nicht den richtigen Zugang zu deinen Gefühlen. Aber das wird schon, Jimmy!



3. Akt – 2. Teil

Mona, Franziska, Susi und Willi gehen auf die Bühne
Mona: Also, hier ist unser Auftrag von Silke. (liest) Stellt euch vor, ihr seid eine Familie. Spielt eine Frühstücksszene in dieser Familie.
Susi: Was für eine Familie denn?
Franziska: Na eine ganz normale Familie halt.
Susi, Mona und Willi starren Franziska an. Gleichzeitig: Was bitte ist eine ganz normale Familie?
Franziska (doziert): Der Begriff Familie kommt vom lateinischen Wort familia – familiae, feminin. Soziologisch ist eine Familie eine durch Heirat und/oder Abstammung begründete Lebensgemeinschaft, im westlichen Kulturkreis meist aus Vater, Mutter und Kindern bestehend.
Willi: Meine Mutter lebt mit ihrer Freundin bei mir. Sind wir keine Familie? Oh Gott, (spielt den Entsetzten) wenn ich das geahnt hätte!
Mona: Aber natürlich seid ihr eine Familie. Ich hab eine Mutter, zwei Schwestern, eine Tante und eine Großmutter. Mein Vater hat sich angesichts der weiblichen Übermacht aus dem Staub gemacht. Bei uns herrscht das Matriarchat.
Susi (zählt mit den Fingern auf): Ich hab einen echten und einen unechten Vater, eine Mutter, eineinhalb Stiefmütter und zwei echte und drei halbechte Geschwister.
Willi: Cool!
Susi: Das ist meistens alles andere als cool. Jeder von denen will das Beste für mich. Aber keiner schnallt, dass ich am besten weiß, was für mich das Beste ist.
Pause
Willi: Und du, Franziska?
Franziska: Ich schäme mich fast. Ich hab eine ganz normale Familie: Einen Vater, eine Mutter und einen kleinen Bruder.
Willi: Glückwunsch! (schüttelt ihr die Hand) Darf ich ein Autogramm haben?
Franziska (nach einer Pause) Na ja, normal sind die aber alle nicht. Los, spielen wir.

Gemeinsam holen sie einen Tisch und vier Stühle.
Willi: Ich bin der Vater!
Franziska: Aber du hast doch gar keinen Vater, hast du gesagt.
Willi: Eben drum. (setzt sich und schlägt die Zeitung auf) Ist der Kaffee schon fertig?
Susi: Ja. Beim Mäckie, dort gibt’s ab sechs Uhr Frühstück. Ich hab es satt, dich zu bedienen.
Mona: Das ist gut, Mama. Sehr gut. (ins Publikum) Endlich wacht sie auf.
Willi: Diese Weiber immer mit ihrer Selbstverwirklichung. Glauben die vielleicht, ich verwirkliche mich selbst, wenn ich ganzen Tag im Büro am Computer sitze und ... und Raumschiffe abschieße? Geh, Franzi, Bub, mach du mir einen Kaffee. Ich kenn mich mit der neuen Espressomaschine nicht aus.
Susi: Die hast du mir vor fünf Jahren zum Muttertag geschenkt, gemeinsam mit dem Staubsauger. Völlig geschmacklos!
Franziska: Ich hab keine Zeit mehr. Heute ist Geographie-Schularbeit. Seismologie. Ich muss das Kapitel mit der Plattentektonik noch einmal durchgehen.
Mona: Wenn du einen Zweier kriegst, wäre das auch kein Erdbeben, Kleiner. Es gibt wichtigere Dinge zwischen Himmel und Erde als die Schule.
Franziska: Nämlich?
Mona: Die Macht des Mondes. Die Kraft der Kräuter. Die wilde Magie der Liebe.
Susi (seufzt) Ja, ja, die wilde Magie der Liebe. Wo ist sie nur hingekommen in all den Jahren?
Willi: Heute Abend wird’s spät. (ans Publikum) Ich muss mit meiner Flotte einen neuen Planeten erobern.
Mona und Franziska: Bussi und Baba. Der Bus kommt gleich. (gehen ab)
Susi: (hängt die Tasche um) Übrigens. Ich lasse mich scheiden.


Die vier sitzen im Halbkreis.
Willi: Woran liegt es, dass es kaum noch glückliche Familien gibt?
Susi: An den Männern. Willi streckt die Zunge raus. O.k., an den Frauen auch. An den Menschen halt.
Franziska: An den Erwartungen. Frustration ist lediglich die Differenz zwischen Erwartetem und Erreichtem.
Mona: Daran, dass wir keine Verbindung mehr zu den Göttinnen, dem Kosmos und den Seelen unserer Mitmenschen haben. Wir alle sind gemeinsam einsam.
(gehen ab)





3. Akt – 3. Teil

Alexandra, Saskia, Marcel, Hans-Peter gehen auf die Bühne
Hans-Peter: Und, wie lautet unsere Challenge?
Marcel: Was ist eine Challenge?
Alexandra (flüstert ihm zu): Eine Aufgabe ist das, eine Herausforderung.
Saskia (liest) Stellt euch einander gegenüber auf. Die Aufgabe lautet: Ich bin du und du bist ich.
Marcel und Saskia stehen einander gegenüber
Marcel: Des geht überhaupt ned. Mir san mir, owa i bin doch nie und nimmer du. I kann überhaupt ka Emo sei (krempelt die Ärmel hoch). Do schauts her, i bin jo ned amoi gritzt.
Saskia (wütend): Und ich kann kein Krocha sein. Mein Wortschatz umfasst nämlich mehr als fünf Wörter.
Alexandra: Könnten... könnten... könnten wir es nicht wenigstens versuchen? Wir sind doch hier um zu lernen. (unsicher) Oder?
Hans-Peter (nimmt Saskia den Zettel aus der Hand): Da steht noch etwas. Versetzt euch in die Rolle eures Gegenübers, nehmt seine/ihre Haltung ein, schlüpft in seinen/ihren Körper. Bewegt euch, ohne zu sprechen.
Marcel (spuckt auf den Boden) Glaubts, mir graust vo goa nix?
Alexandra (haut auf den Tisch): Jetzt reicht es aber mit Gehässigkeiten. Glaubt ... glaubt ... glaubt ihr, für mich ist es einfach, ein Großmaul zu spielen? (Pause) (zu Hans-Peter) Tschuldigung.
Alle staunen über den Ausbruch von Alexandra.
Hans-Peter (legt die Finger auf die Lippen): Psssst. Auch wenn mir Schweigen alles andere als leicht fällt.

Alle vier bewegen sich schweigend (zur Musik) auf der Bühne, jeweils einer im Vordergrund, wechseln sich ab. ApplausDie vier setzen sich auf den Boden.

Saskia: Und? Wie war ich? Also du?
Marcel: Ähm ... ähm ... es hat so gedrückt da. (fasst sich an die Brust)
Saskia: Ja, ich weiß. Es drückt so sehr, dass ich manchmal nicht mehr weiter weiß.
Marcel: Scheiße. (verlegene Pause) Und wie war es für dich in mir?
Saskia: Komisch. Ich hatte das Gefühl, ich bin nicht echt. Dass das eine Haut ist, die mir nicht passt.
Marcel (triumphierend): Du meinst, eine Nummer zu groß?
Saskia (schüttelt den Kopf) Nein, im Gegenteil. Zu eng. Viel zu eng. Ich hatte keinen Spielraum, keine Bewegungsfreiheit.
Marcel: Bam Oida, i oft a net.

Hans-Peter (zu Alexandra): Wie hat es sich angefühlt, die Schüchternheit abzulegen und ein toller Hecht zu sein, Alexandra?
Alexandra: Ich... ich.. ich hab mich mehr wie ein Goldfisch mit Hechtschuppen gefühlt. Es war anstrengend, jede Sekunde beweisen zu müssen, dass ich ein intellektueller und politisch korrekter Mensch bin. Ich hab meine ganze Kraft gebraucht, um meine Schwächen zu unterdrücken.
Hans-Peter (schluckt - verwundert) Welche Schwächen?
Alexandra: (lächelt)
Hans-Peter (lenkt ab). Also ich kam mit deiner Haltung nicht klar. Mit deiner Zurückhaltung. Ich halte dir vor, dass du zu wenig Halt hast, zu wenig Rückhalt. Wie hältst du das aus?
Alexandra: Schwer. Aber ich arbeite dran.
Nilüfer (von außen): Das hast du super gemacht, Alexandra.
Mona (kramt in ihrem Beutel) Ich kann dir später ein Elixier aus Blutzwurzeln und Sternanis brauen, Hans-Peter. Das stärkt dich von innen.

Die vier nehmen sich an der Hand und gehen ab.



4. Akt

Alle stehen verteilt im Raum mit dem Gesicht zum Publikum.

Mona geht zu Jimmy, stellt sich neben ihn und legt die Hand auf seine Schulter: Ich glaub, unter deiner großen Kappe versteckt sich ein großes Herz. Vielleicht nimmst du das Kapperl ja mal ab, damit es zum Vorschein kommt.
Jimmy zu Hans-Peter: Irgendwia bist eh ur-leiwand, Großgoscherter.
Hans-Peter zu Jenny: Geiler Lippenstift, Jenny. Du bist nicht die einzige, die gern geliebt werden mag. Sogar ich will das.
Jenny zu Alexandra: Ich find dein Stottern irgendwie rührend. Und du weißt wenigstens, wann man besser den Mund hält.
Alexandra zu Susi: Am Anfang hab ich mich ein bissl gefürchtet vor deiner Schlagfertigkeit. Aber ich glaub, dahinter steckt ein verletzlicher Mensch.
Susi zu Marcel: Ich versteh die Krochaphilosophie ja immer noch nicht. Aber ich find super, dass du dich eingelassen hast.
Marcel zu Nilüfer: Für eine Türkin bist du eh halbwegs gut drauf.
Nilüfer zu Willi. Was hältst du von einem Deal? Du gibst mir ein bisschen von deiner Leichtigkeit und ich dir etwas Tiefe?
Willi zu Nici: Du rappst echt besser als ich. Gibst du auch Kurse?
Nici zu Saskia: Versuch es mal mit reden statt heulen. Wenn du möchtest, hör ich dir zu.
Saskia zu Franziska: Du bist auch wertvoll, wenn du einmal etwas nicht weißt, weißt du? Schwächen machen einen manchmal auch liebenswürdig.
Franziska zu Mona: Ich würde gern mal an einem Junghexentreffen teilnehmen. Darf ich? Tun, was man will und niemandem schaden, das klingt nämlich gut.

Silke (stürmt atemlos zur Tür herein): Entschuldigt bitte die Verspätung. Habt ihr meine Nachrichten bekommen?
Nicken
Silke: Habt ihr schon angefangen? Habt ihr euch kennengelernt und aufgewärmt? Erzählt mal, was ist bisher geschehen?
Alexandra: Ähm ... na ja ...
Jimmy: Nix is gschegn.
Saskia: Und gleichzeitig alles.
Willi: Ja, so kann man das zusammenfassen
Silke ans Publikum:
So sehen wir betroffen
den Vorhang zu und alle Fragen offen.


Alle gemeinsam „Du bist nicht allein“
(nach der Melodie von „With a little help“)

Nici: Wie weit muss man geh’n um die Freiheit zu seh’n?
Bis zum Meer und ans Ende der Welt?
Nilüfer: Lauf nicht davon, denn du musst erst versteh’n,
Nur die Freiheit in dir selber zählt.

Saskia, Alexandra, Susi, Mona
Oh, wenn du willst bist du nicht allein,
Mmm, ruf nur an und du bist nicht allein,
Hey, wenn du willst bist du nie allein

Jenny: Bin ich so geil, dass die Jungs auf mich steh’n?
Hans Peter: Wär das schlimm, wenn es nicht so wär?
Jenny: Das Leben ist leichter so blond, schlank und schön.
Hans Peter: Aber auch Britney Spears hat es schwer.

Saskia, Alexandra, Susi, Mona
Oh, wenn du willst bist du nicht allein,
Mmm, ruf nur an und du bist nicht allein,
Hey, wenn du willst bist du nie allein.

Refrain:
Jimmy: Wüst so sei wia de Aundern?
Marcel: I wü nua i sei, no na!
Jimmy: Anders ois olle ’Ander’n?
Marcel: Daun warat i ziemlich allaa!

Franziska: Habt ihr gemerkt? Ich bin klüger als ihr!
Willi: Leider nein, dazu sind wir zu dumm.
Franziska: Ich hör ja schon auf, seid nicht böse mit mir.
Willi: Aber nein, wir nehmen’s dir nicht krumm.

Saskia, Alexandra, Susi, Mona
Oh, wenn du willst bist du nicht allein,
Mmm, ruf nur an und du bist nicht allein,
Hey, wenn du willst bist du nie allein.

Refrain
Jimmy: Wüst so sei wia de Aundern?
Marcel: I wü nua i sei, no na!
Jimmy: Anders ois olle ’Ander’n?
Marcel: Daun warat i ziemlich allaa!

Alle
Oh, wenn du willst bist du nicht allein,
Mmm, ruf nur an und du bist nicht allein,
Hey, wenn du willst bist du nie allein.



The End

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

Neu

"Pinguin"
"Pinguin"
bonanzaMARGOT - 11. Mär, 11:11
Sleepless im Weinviertel
Ich liege im Bett. Ich bin müde. Ich lese. Eine Romanbiografie...
testsiegerin - 13. Jan, 11:30
... ich könnte mal wieder...
... ich könnte mal wieder eine brasko-geschichte schreiben.
bonanzaMARGOT - 8. Jan, 07:05
OHHH!
OHHH! Hier scheint bei Twoday etwas nicht zu stimmen. Hoffentlich...
Lo - 7. Jan, 13:36
OHHH!
OHHH! Hier scheint bei Twoday etwas nicht zu stimmen. Hoffentlich...
Lo - 7. Jan, 13:36
loving it :-)
loving it :-)
viennacat - 2. Jan, 00:51
Keine weiße Weste
Weihnachtsgeschichte in 3 Akten 1. „Iss noch was,...
testsiegerin - 16. Dez, 20:31
ignorier das und scroll...
ignorier das und scroll weiter nach unten.
testsiegerin - 27. Okt, 16:22

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