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Mittwoch, 12. Februar 2014

Revolution im Satzbau

„An die Arbeit!“, rief der Minenbesitzer, ein älteres Hauptwort mit grauen Schläfen und einer brummigen Stimme, und die Wörter packten ihre Speckbrote ein um sich wieder an die Arbeit zu machen. Es galt, nach Buchstaben zu schürfen, glänzende Sätze aus dem Felsen zu schlagen und Geschichten daraus zusammenzusetzen. Ein paar besonders abenteuerlustige (und romantische) Wörter hofften immer noch darauf, endlich den Wortschatz zu finden.

Manche der Wörter waren schon alt, wie der Oheim, der alleine in einer Ecke verschnaufte und sein Gabelfrühstück schnabulierte. Er fühlte sich nicht mehr wertgeschätzt, nicht gebraucht, und er verstand die vielen jungen Wörter nicht mehr. „Es ist, als würden wir eine andere Sprache sprechen“, vertraute er dem Werkspsychologen an, zu dem der Minenbesitzer ihn geschickt hatte, weil seine Arbeitsleistung zusehends schwand. „Das ist nicht gut“, sagte der narzisstische Psychologe, der sich gern in seinem Wissen spiegelte, „denn gemocht zu werden, gebraucht zu werden, zu verstehen und verstanden zu werden zählt zu den wichtigsten emotionalen Grundbedürfnissen. Sie sind von einem Burnout bedroht.“
„Sie sind fürwahr ein Philister!“, sagte der Oheim und verstand nichts, denn er war nicht nur alt, sondern auch ein bisschen schwerhörig.

„An die Arbeit!“, schrie der Minenbesitzer abermals, diesmal ein wenig lauter, und auch die letzten Wörter seufzten und griffen zu Schlägel und Eisen.

Alle, bis auf eines. Ein kleines Wort machte nämlich keine Anstalten, auf seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. „Ich streike!“ rief es, und die anderen Worte erstarrten.
„Du Zwerg!“, rief der Minenbesitzer, aber das kleine Wort ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ja, ich streike. Und ich kann euch auch erklären, warum." Es kletterte auf einen Felsvorsprung, damit alle es gut hören konnten. „Wer arbeitet denn wirklich am meisten hier in der Grube, wer bewegt Unmengen von Gedanken und Buchstaben, wer schuftet und schwitzt und schindet sich, wer malocht und ackert von früh bis spät?“
„Wir, die Zeitwörter!“, schrien die Zeitwörter und schwenkten ihre Fahnen.
„Und wer steht nur herum und kommt sich wichtig vor?“
„Die Hauptwörter“, skandierten die emsigen Zeitwörter. „Buuuuh!“ Die Pfiffe wurden lauter.
„Und wer verdient trotzdem mehr, bekommt die ganze Aufmerksamkeit und hat ein Haupt- wie Häuptling vor seinem Namen stehen?“
„Die Haupt-wör-ter! Die Haupt-wör-ter!“ Die Zeitwörter trommelten rhythmisch mit ihren Werkzeugen auf die Helme, die sie abgenommen hatten und machten einen Höllenlärm.
„Sogar, wenn wir nicht Schicht haben, wenn wir ruhen, schlafen, genießen, tun wir etwas, während die Hauptwörter so gut wie unbeweglich sind! Dabei sind wir es, die wichtig sind. Ohne uns würde kein Stern glänzen, keine Blume blühen und keine Katze schnurren, und was wäre das für ein Leben, ohne glänzende Sterne, blühende Blumen – seien es noch so ausgefallene Orchideenarten - und ohne schnurrende Katzen?“
Bei den Wörtern glänzend, blühend und schnurrend wurden auch die Eigenschaftswörter wach.
„Wir streiken auch!“ rief ein mutiges, freches Eigenschaftswort und bekam von seinem Nachbarn sogleich einen festen Stoß in den schmerzenden Rippenbogen. „Wir streiken solidarisch mit!“, korrigierte ihn sein überheblicher Kollege.
„Wie?“ „Was?“ „Wer?“ „Wann?“ „Wo?“, kreischten die Fragewörter durcheinander. Sie hatten viele Fragen, aber keine Antworten und gaben sich nicht besonders politisch engagiert.
„Warum eigentlich?“, fragte eines, „wollt ihr denn mehr Lohn?“

„Es geht nicht um Geld“, hallte die Stimme des streitbaren Verbs durch die Bäuche des Bergwerks, „es geht um Anerkennung und Gleichberechtigung. Wir fordern, dass unsere Arbeit gewürdigt und wertgeschätzt wird, dann packen wir gerne weiter zu.“ Oh, dachte der Oheim, das Kleine war wohl auch beim narzisstischen Werkspsychologen.
„Genau“, bestätigte ein Eigenschaftswort wichtig, „mit der schweren, rostigen Schaufel in der zerfurchten linken Hand!“

„Viva la revolucion!“, schrie ein spanisches Wort mit einer Che Guevara Mütze und die anderen Wörter verstanden zwar nicht, was es sagte, wiederholten aber mit voller Inbrunst die Worte: „Viva la Revolucion!“

Plötzlich sackte eines der Worte zusammen. Es hielt sich verkrampft den Bauch. „Ist dir schlecht?“, fragte ein Hilfszeitwort und beugte sich zu ihm. „Ich bin in anderen Umständen“, sagte das Umstandswort, „eigentlich dürfte ich in diesem Zu- und Umstand gar nicht im Satzbau arbeiten, aber meine Familie ist auf das Geld angewiesen. Außerdem wurde heute der Kumpel des Monats gewählt, das wollte ich nicht versäumen.“
„Und? Wer ist es geworden?“
„Habt ihr gehört? Schon wieder hat ein Hauptwort gewonnen!“, ereiferte sich das kämpferische Verb. „Immer gewinnen die Hauptwörter die Wahl zum Kumpel des Monats, nie ein Zeitwort!“ Die Hauptwörter spendeten Applaus, die Verben und die Eigenschaftswörter pfiffen den Mitarbeiter des Monats gnadenlos aus.
„Welches Hauptwort hat überhaupt gewonnen?“
„Babo hat gewonnen. Einer von uns“, sonnte sich ein Hauptwort im Ruhm des Siegers.
Es wurde wieder laut im Schacht. Vor allem rechts außen regte sich Widerstand. „Was heißt hier einer von uns? Babo ist ein dreckiges Fremdwort! Ausländer haben in unserem Satzbau nichts zu suchen“, erboste sich jemand.
„Was heißt das überhaupt, Babo?“, wollte der Oheim wissen, dem das alles zu viel war und der spürte, wie sein Herz gelegentlich aussetzte. "Wie ist mir blümerant zumute", raunte er.

„Babo ist türkisch für Cheffe“, erklärte ein Gastarbeiter, der schon seit vielen Jahren im Schacht beschäftigt war und zu den anständigen und fleißigen Ausländern zählte und sogar von den Verben respektiert wurde.

Der Streit eskalierte zusehends. Hauptwörter prügelten sich mit Zeitwörtern, Fürwörter mit Vorwörtern, jeder war gegen jeden. Sogar die Hilfszeitwörter gingen auf die Zeitwörter los, weil auch sie sich ungerecht behandelt fühlten, wie Hilfsarbeiter unter Knappen. Umstandswörter bezeichneten die Eigenschaftswörter als „lästige Anhängsel“, die ohne Hauptwörter nicht überlebensfähig waren. Unglaubliches im war Tohwabohu Satzbau. Wortfetzen Gegend durch die flogen,Verstand alles keiner war niemand durcheinander.

Der große Kampf ging als der blutigste in die Geschichte des Satzbaus ein. Der Oheim und der Barbier starben einen qualvollen Tod, andere Wörter hatten einander offene Wortbrüche oder andere schwere Verletzungen zugefügt. Die Bindewörter kamen kaum mit dem Verbinden nach.

„An die Arbeit“, die Stimme des Minenbesitzers war schwach, auch ihm hatten die Tumulte in seiner Grube zugesetzt.

Beim hochschwangeren Umstandswort setzten vorzeitige Wehen ein. „Wir müssen jetzt alle zusammenhalten“, sagte das kriegerische Zeitwort, das längst bereute, diese blutige Revolution angezettelt zu haben, kleinlaut.
„Klar. Wir helfen“, sagten die Hauptwörter, die ebenfalls ein schlechtes Gewissen hatten, krempelten die Ärmel auf und packten zu.

So kam es, dass tief unter Tag ein neues Wort geboren wurde.
„Und, was ist es?“, stichelten die Pressefotografen, die von den Unruhen gehört und sofort in die Grube geeilt waren. „Ein Hauptwort, ein Zeitwort, oder etwas anderes? Gar ein Fremdwort?“

Drei Security-Wörter schmissen den Pressefritzen aus der Grube. „Das ist nicht wichtig“, sagten sie einstimmig, „Hauptsache, es ist gesund!“

Montag, 10. Februar 2014

Von A bis Y

A wie Äpfel von Testsiegerin

B wie Birne von Lamamma

C wie Computer von Steppenund

D wie Dummheit von David Ramirer

E wie E-Dur von Steppenhund

F wie Feige von Yenta

G wie Gurken von der Testsiegerin

H wie Himbeere von Wortmischer

und H wie H.H. von Steppenhund

I wie I auch von Steppenhund

J wie Johannisbeere von Lamamma

K wie Kastanie von der Testsiegerin

L wie Litschi von Katiza

M wie Marianne aus Mannheim von Rosmarin

N wie Nüsse von Steppenhund

O wie Obst von Sternenstaub

P wie Pfirsich von der Testsiegerin

Q wie Qual von Lamamma

Das R, das Räudige von Katiza

S wie Soso von Datja

T wie Tanzen von Lamamma

U wie Ugli von der Testsiegerin

W wie Weintraube von Wortmischer

Y wie Nacktmull von Jossele
Y wie Ylang Ylang von Frau Frogg

X wie Xixa von Charlotte

Y wie das nackte U und die Tugend von Trithemius

Z wie Zampano von Datja

Samstag, 8. Februar 2014

Mach sie fertig...

… die Geschichte. Kopiere den Text ins Word oder ein anderes Schreibprogramm. Ergänze die leeren Stellen (auch mehrere Wörter möglich) und mach deine ganz persönliche Geschichte daraus, die du entweder direkt als Kommentar postest oder verlinkst.
Die bekannt unabhängige Jury wird eine Siegergeschichte wählen. Der/die SiegerIn gewinnt einen Preis.


...

Nichts war mehr wie vorher, nach diesem … . Dabei hatte alles so ... begonnen.
… drehte den … in der Hand. „Das Leben ist …“, dachte ... .
„Woher hast du das?“, fragte…, denn der ... weckte Erinnerungen in … . … Erinnerungen. Erinnerungen an … .
„Gefunden, geschenkt. Keine Ahnung. Er lag im … .“
Sie waren seit … ein Paar, wenn man die Zeit ab dem ersten … rechnete. „Keine Geheimnisse“, hatten sie einander versprochen, damals am … . Sollte das alles nur so dahingesagt gewesen sein?
„Und was hast du jetzt damit vor?“, wollte … wissen.
… sah auf. „Ich weiß es nicht. Glaubst du an … ?
… setzte sich neben …, nahm … den … aus der Hand. „Ich glaube vor allem an … .“
Dann trafen sich ihre Blicke. … kannte diesen Blick. Er bedeutete … .
… Kuss schmeckte nach …, es lag aber auch eine Prise … darin. „Lass uns …, dann erzähle ich dir seine Geschichte. Aber versprich mir, nicht … zu sein, ja?“

Eine Stunde später waren sie … . … begann ohne Umschweife: „Du erinnerst dich an …?“
… nickte.
„Wir kannten uns damals noch nicht. Ich war … und … . Du hast zu der Zeit wahrscheinlich … .“
… lachte. Ein … Lachen. „Du denkst immer noch an …, oder? Warum sonst hast du ihn aufgehoben?“
… rollte mit den Augen. „Du verstehst das völlig … .“ … wusste nicht, wie man etwas erklären sollte, das so unerklärlich war.
„Ich habe viel gelernt damals, vor allem … .“
… erzählte. Fast eine Stunde lang. Als … geendet hatte, holte … den … aus der Tasche und … ihn in … .
„Wenn ich gewusst hätte, dass du so … warst“, sagte … und berührte … .
„Was wäre dann gewesen?“
„Ich hätte dich auf der Stelle … .“
„Dann tu es doch. Dafür ist es nie zu spät.
… nahm … ganzen Mut zusammen und … .

Dienstag, 4. Februar 2014

U wie Ugli

Nein, das ist kein Tippfehler. Nicht U wie ugly. Eine Ugli ist eine Zitrusfrucht. Der Name leitet sich allerdings tatsächlich vom englischen ugly ab.

Die Ugli ist die einzige Frucht, die ich zu U gefunden habe.
U verbindet man nicht mit frechen Früchten, zu U fällt mir beinahe ausschließlich Unheilvolles ein. Das Un- verneint alles. Unbill, Unglück, Ungeduld. Unkraut. Unhold. Das U suggeriert Bedrohliches, Fremdes. Uganda. Ugandugu (aber das schreibt man mit O, das zählt nur halb) und Uruguay.

Das U ist ein dunkler, geheimnisvoller Vokal. U wie Unterleib. Uterus. U ist der Vokal der Furcht. Nicht offen und beschützend wie das A, nicht wie das I, welches Himmel und Erde mit einer Linie miteinander verbindet. Das U kommt nicht aus dem Herzen wie das E, ist nicht geschlossen und rund wie das O, das im Bauch hockt und ooooomt.
Das U hat die Form einer tiefen Schlucht, in die man hineinfällt und nicht mehr herauskommt. Urchuisch ist das U. Urschrei. Urwald. Urinstinkte.
Während einem beim L Wörter wie Liebe, Lust, Lachen, Lecken, Lavendel und Lychees einfallen, alles Dinge, die man gern in den Obstsalat des Lebens schneidet, oder beim S Sonne und Sex und Spiel und Sternfrüchte, fällt einem mit U hauptsächlich Unglück ein. Ungenießbares. Unken. Usbekistan, Uckermark und Unterstinkenbrunn. Zwischen allem der dunkle Ruf des Uhus auf der Ulme.
Ich fürchte, die Ugli wird sich nie durchsetzen. Allein das U am Anfang macht sie unbeliebt.

Sonntag, 2. Februar 2014

L wie Lavendel

Exkurs (Oder ist ein Exkurs, der gleich am Anfang beginnt, ein Präkurs?):
Es gibt da eine Übung, die ich in Seminaren gerne durchführe, die nennt sich ZRM. Zürcher Ressourcen Modell. Man kann sie googeln, ich werde aber kurz drüber erzählen. Mit dieser Übung kann man sich über eigene Themen klar werden, Ziele entwickeln und Ressourcen aktivieren.
Wir erreichen Ziele oft nicht, weil wir sie mit dem Verstand formulieren und nicht mit dem Bauch. Weil der Bauch sich aber so viel schneller entscheidet als der Verstand. Und weil der Verstand manchmal keine Rücksichte auf unsere wahren Bedürfnisse nimmt, der Bauch aber schon.
Die Übung funktioniert so: Jeder sucht sich eine Bildkarte aus. (Auf den Karten sind Landschaften, Menschen, Gegenstände...) Und zwar eine Karte, die für ihn ausschließlich positiv besetzt ist. Eine Karte, die zu ihm will. Die ihn berührt. Die sich gut anfühlt, körperlich. (Diesen Prozess finde ich immer lustig, weil die meisten Leute die Karten sehen und sofort auf "ihre" zustürmen. Manchmal kann man sich nicht so gut entscheiden, was aber auch o.k. ist)
Dann geht man in Gruppen zu dritt oder viert zusammen, der erste legt seine Karte in die Mitte, die anderen („Fremdgehirne“) assoziieren 4 Minuten lang zu dieser Karte, Farben, Formen, Gefühle, Gedanken (auch ausschließlich positiv, es geht schließlich um Ressourcen), einer schreibt alles mit. Aus diesen mitgeschriebenen Wörtern formuliert man dann ein Mottoziel für sich. Ein Mantra. Positiv, kurz und knackig, selbst erreichbar. (Also nicht „ich möchte, dass Kollegin S. mir nicht mehr auf die Nerven geht“)
Ich habe das letzte Mal bei dieser Übung auch mitgemacht. Meine Karte (bis dahin hat sie mich nie angesprochen) zeigte ein Lavendelfeld, und mein Motto lautete: „Ich wandere mutig und frei durch mein Lavendelfeld und spüre die Wärme“. Sogar, wenn ich das aufschreibe, merke ich, wie mir ganz warm und frei wird.
Exkurs 1 Ende.


Exkurs 2.
Bisher war mir der Lippenblütler Lavendel ziemlich egal. Ich hatte weder eine positive noch eine negative Beziehung zu ihm. Nicht einmal verwechselt hab ich ihn mit irgendetwas, wie Petersilie und Schnittlauch. Er wuchs einfach im Garten und roch gut und manchmal hängte ich ein Sträußchen in den Kleiderschrank, wegen der Motten. .

Im vergangenen Jahr fing ich an, Lavendelbrot zu backen, führte ein kleines Säckchen Lavendel, das eine Freundin mir geschenkt hatte, in meiner Tasche herum und griff zur Lavendelfeldkarte. Von den Motten zum Motto
Exkurs 2 Ende.



Jetzt kommen wir zur eigentlichen Geschichte.

Nach 19 Jahren habe ich beschlossen, dass es Zeit für neue Matratzen wird. Meine ist mir zu hart geworden oder ich ihr zu weich und empfindlich. Nun ist es ja mit Matratzen nicht so wie mit Strumpfhosen, dass man die einfach so kauft und wenn sie nicht gefällt oder passt kauft man sich neue. Oder zieht sie halt ein paar Mal an, dann erledigt sich das Problem von selbst. Matratzen sind eine Lebensentscheidung. Die Testsiegerin stöberte also im Internet, las Testberichte, die besagten, dass es auch unter den preiswerten sehr gute gab und die Entscheidung keine leichte ist. Überraschung! Rosshaarmatratzen und solche, wo man die Metallfedern im Kreuz spürte, gab es kaum noch.


„Diese hier besticht durch hohe Punktelastizität, extreme Atmungsaktivität und beste Eignung für Hausstauballergiker“, erklärte die Beraterin einem Ehepaar. „Und dieses Modell hier passt sich Ihrer Körperform an und gibt Ihnen ein Gefühl der Schwerelosigkeit.“
Ich will das auch, Schwerelosigkeit.

„Bittesehr?“ wandte sich die Bettberaterin, eine Deutsche (aber das tut nichts zur Sache) an mich.
„Nichts, nichts, ich hör einfach zu, wenn es nicht stört“, sagte ich und da es nicht störte, lernte ich alles über Memoryschaum oder viskoelastischen Schaum, 7-Zonen-Matratzen, Wellenprofil und Würfelschnitten und Geltex. Ich war völlig überfordert.

„Was suchen Sie denn?“, fragte sie mich, als sie mich Stunden später zusammengekauert weinend in einer Ecke fand.
„Eine Matratze.“
Sie lächelte lieb. „Welche Bedürfnisse soll sie denn erfüllen?“
„Na ja, sie soll so zum Schlafen sein. Zum Lesen auch. Zum Schreiben in der Früh. Hin und wieder Sex, vielleicht.“
Sie lächelte immer noch lieb. Also erzählte ich ihr, dass in letzter Zeit oft die Hüfte und das Knie schmerzte, auch nachts.

„Kommen Sie mit“, sie nahm mich an der Hand und führte mich in einen entlegenen Teil des Geschäftes. „Hier. Für Sie.“
Ich stand vor einem Bett. Über dem Bett ein riesiges Plakat mit Lavendelfeldern drauf. Ich legte mich in mein Lavendelfeld. Fühlte mich mutig und frei und spürte die Wärme.
Ich hörte nicht, was sie mir über die neue Mischpore EvO2 und die natürlichen Zusätze aus Alpenkräutern und Lavendel erzählte. Ich lag einfach da und träumte.

„Ich muss mich erst entscheiden“, sagte ich später zu ihr, als sie mir ausrechnete, um wie viel mein Budget dadurch überschritten würde, „es ist ja nicht so, als würde ich eine Strumpfhose kaufen.“ Sie lächelte immer noch lieb. „Lassen Sie sich ruhig Zeit. Die Aktion gilt bis Ende Februar.“

In Wahrheit habe ich mich in dem Moment entschieden, als ich das Lavendelfeld sah.

Schere schlägt Papier, Stein schlägt Schere, Bauch schlägt Verstand.

Freitag, 31. Januar 2014

Und-Oder und die Liebe / Version mit Happy End

Es war einmal ein Und. Das Und verliebte sich in ein Oder. Das Oder verliebte sich zurück, zum Glück. Zumindest zum anfänglichen Glück. Sie waren ein seltsames, ungleiches Paar. Das Und konnte nicht genug kriegen, während das Oder sich nicht entscheiden konnte. Das Oder grübelte beim ersten Date, ob es die Krautfleckerl oder das Steinpilzrisotto nehmen sollte. So lange grübelte es, bis sowohl das eine als auch das andere vom Wirt auf der Schiefertafel ausgelöscht wurde. Zum Glück hatte das Und beides bestellt und teilte. Bald teilten sie nicht nur das Essen, sondern auch Bett und Tisch.

Das Lieblingswort von Und war: Beides. Bier und Wein. Duschen und Baden. Freiheit und Sicherheit.
„Du musst dich entscheiden“, sagte das Oder eines Tages, als es beobachtete, wie das Und begehrliche Blicke auf das Sowohl warf, „du kannst nicht alles haben.“
„Verlang nichts Unmögliches von mir“, bat das Und. „Ich liebe dich doch. Und ich kann doch neben dir auch noch andere Wörter lieben.“
Das Oder aber verlangte das Unmögliche und blieb hartnäckig. „Ich oder das Sowohl“, sagte es und das Und gab nach.

Es war eine schöne, schlichte Hochzeit. Als der Standesbeamte die Worte „lieben und achten und die Treue halten“ sprach, zwinkerte das Und dem Oder zu. „Oder?“, grinste das Und. Das Oder stieß ihm den Ellbogen in die Rippen. „Und, ausnahmsweise.“
„Wie soll denn der Name lauten?“, fragte der Standesbeamte, als sie die Urkunde unterschrieben. Das Oder dachte nach. Darüber hatten sie sich noch nicht unterhalten. „Also, entweder jeder behält seinen , oder wir nehmen Oder als gemeinsamen Familiennamen?“, schlug es unsicher vor. "Oder vielleicht Und, ich weiß nicht, was meinst du?"

„Wir nehmen einfach beide“, sagte das Und. „Einen Doppelnamen. Und-Oder, das klingt hübsch.“
Sie einigten sich auf Oder-Und.


„Machen wir die Hochzeitsreise ans Nordkap oder ans Kap der guten Hoffnung?“, fragte das Oder, nachdem sie sich in der Hochzeitsnacht heftig geliebt hatten. Das Und presste das Oder an sich und lachte. „Wieso oder? Wir machen einfach eine Weltreise! Erst zum Nordkap und dann zum Kap Hoorn und dann zum Kap der guten Hoffnung.“
Trotz ihrer Gegensätze waren sie guter Hoffnung.

Guter Hoffnung war auch das Oder wenig später. Seine Rundungen wurden runder, seine Stimmung gereizter und es wollte entweder Essiggurkerl oder Chilischokolade. Zum Glück hatte das Und beides und noch viel mehr gekauft.

„Wie soll das Kleine denn heißen?“, fragte die Hebamme die strahlenden, aber erschöpften Eltern. "Sowie", sagte das Und. "Entweder", das Oder. Die Hebamme rollte mit den Augen. Das würde ja noch schwieriger werden als die Geburt.
„Na gut, dann eben wie wir“, sagte das Ehepaar Oder-Und.
„Doppelnamen sind für Kinder verboten“, murmelte die Hebamme, schon etwas genervt. „Sie müssen sich schon für einen entscheiden.“

So bekam das Kleine mit dem zerknautschten Gesicht den Namen Beziehungsweise. „Das kann entweder Und oder Oder bedeuten“, erklärten sie. „Und man kann es gut abkürzen. Bzw.“

Beziehungsweise hatte es nicht leicht im Leben. Es wurde von den anderen Kindern wegen seines komplizierten Namens gemobbt und wegen seiner Identitätsstörung zur Schulpsychologin geschickt.

Ach das Ehepaar Oder-Und hatte es nicht leicht im Leben. Was sie am Anfang so anziehend aneinander fanden, war mit der Zeit nur noch mühsam. Immer wieder schlich sich ein Aber in ihre Beziehung und vergiftete sie.

„Ich kann nicht mehr“, sagte das Oder eines Abends, Beziehungsweise lag schon im Bett und schlief. Zumindest dachte das Ehepaar Und-Oder das. „Entweder du bleibst oder ich gehe“, sagte das Oder.

„Wohl besser so“, antwortete das Und und begann seine Sachen zu packen.

„Und was ist mit mir?“, brüllte das Beziehungsweise, das auf der Treppe stand und den Streit mitgehört hatte. „Ich will nicht auch noch Beziehungswaise werden! Ich hab’s ohnehin schon schwer genug.“ Sein Schluchzen kam tief aus seinem Inneren.
Das Und und das Oder schauten erschrocken erst ihr Kind und dann einander an. „Es hat recht“, fanden sie und nahmen das Beziehungsweise behutsam in ihre Arme. "Wir dürfen nicht so egoistisch sein".
„Die Eltern vom Vielleicht machen eine Paartherapie“, schniefte das Beziehungsweise, „Das fiel ihnen nicht leicht, aber mittlerweile ist alles viel leichter. Möglicherweise wäre das etwas für euch?“

„Was haben wir für ein kluges Kind“, zwinkerte das Oder. Das Und wuschelte ihm zärtlich durchs Haar und fügte hinzu: „So klein und schon so beziehungs-weise.“

Mittwoch, 29. Januar 2014

Preisverleihung

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Stundenlange Diskussionen, genaues Ab- und Hin- und Herwägen und eine intensive Auseinandersetzung mit den Texten, ihrer Syntax, Grammatik, Semantik und Semiotik liegen hinter uns.

Unter den Besten:
Wortmischer mit "Aus Gordon Shumways Instagram-Account" (ich gebe zu, ich musste googeln, aber dann fand ich es extrem witzig)

Das Bee mit "Nudeln mit Catschapp"

Spätlese trocken"Idioten! Erstens mag ich keine Pasta und zweitens ist das Badewasser schon wieder zu kalt!"

Hier aber der Sieger, von der zweistimmigen Jury einstimmig gewählt:

Nömix mit "Symbolbild: Auf der Nudelsuppe dahergeschwommen"

Applaus, Applaus an Herrn Nömix, der den nächsten Bewerb ausrichten darf/muss/kann/soll.

Sonntag, 26. Januar 2014

P wie Pfirsich...

... und peinlich und überhauPt.

Als Kind hab ich Pfirsiche und Marillen immer verwechselt. Für mich waren sie beide rund und hatten eine pelzige Haut – eine Haut wie ein Babypopo – und waren matschig zu essen. Ich mag Obst nicht, das matschig zu essen ist. Deshalb hab ich auch das O wie Orange gerne jemand anderem überlassen, weil das Essen einer Orange für mich eine Zumutung ist. Es ist nicht so, dass ich mir generell im Leben nicht gerne die Hände und die Phantasie dreckig mache, aber wenn der Obstsaft über die Finger rinnt, wenn man dann trotzdem noch die weißen Fasern mit den pickigen Fingern rauskletzeln muss, bevor man die Frucht schmecken darf, dann hört sich der Spaß auf. Es ist nicht so, dass mir Orangen nicht schmecken, ich mag nur das Essen einer Orange nicht, im Obstsalat oder gepresst mag ich das gern. Sonst bevorzuge ich Bananen, die zerrinnen einem nicht zwischen den Fingern.

Zurück zu den Pfirsichen. Zu den Pfirsichen hab ich keine so emotionale Beziehungen wie zum Beispiel zu Äpfeln oder Himbeeren oder Feigen. Feigen sind für mich immer mit meiner ersten großen Liebe verbunden. Mit Griechenland, wo wir sogar in Gärten eingebrochen sind, um an die violetten, frischen Feigen zu gelangen. Aber wir waren ja bei den Pfirsichen. Sie sehen schon, werte Leser, Pfirsiche lenken mich ab von den Pfirsichen. Vielleicht hab ich deshalb Marillen gebracht, wenn meine Mama mich um Pfirsiche geschickt hat, weil ich abgelenkt war.

Beim Schnittlauch und beim Petersil verhielt es sich genauso. Mama hat mich in den Garten geschickt – und dazu muss man wissen, dass wir im 10. Stock eines Hochhauses gewohnt haben, und Hochhäuser für gewöhnlich keinen Obst- und Gemüsegarten haben; das heißt, unser Garten war unendlich weit weg, so fühlte es sich zumindest damals an. Zehn Minuten Fußweg, mindestens. Vielleicht sogar zwölf. Ich stand also im Garten, streichelte Hoppel, den Hasen und murmelte vor mich hin: „Du darfst den Schnittlauch nicht mit dem Petersil verwechseln, das eine ist das mit den Stangen, das andere das mit den Blättern“ und... nahm überzeugt das falsche. Obwohl die Chance, das richtige Kraut abzuschneiden, ohnehin bei 50:50 lag. Damals hatten wir noch nicht so exotische Kräuter wie Basilikum, Thymian, Salbei, Rosmarin und Minze. Vermutlich hätte das aber nichts daran geändert. Gegen meine Petersil-Schnittlauch-Schwäche war kein Kraut gewachsen.
Ich schämte mich dafür, dass ich Petersilie (wenigstens fängt das wie Pfirsiche auch mit P an) so konsequent mit Schnittlauch verwechselte. Das gab ich aber nicht zu, sondern aß ebenso konsequent Butterbrot mit Petersilie und zum Schnitzel Schnittlaucherdäpfel und behauptete noch konsequenter, dass das doch keinen Unterschied machte.

Ich verwechselte Marillen mit Pfirsichen, Schnittlauch mit Petersilie und Kristallzucker mit Kandiszucker. Ich fand, dass Kandiszucker viel schönere und größere Kristalle hatte als Kristallzucker. Und ich schämte mich dafür, es war mir total peinlich. Das hätte ich aber nie zugegeben. Ich war ein stolzes Kind und ein wenig störrisch. Wenn Mama schimpfte, weil ich Petersilie statt Schnittlauch gebracht hab, behauptete ich „aber du hast doch Petersilie gesagt!“
Ich liebe weder Pfirsich noch Marillen und ich nehme lieber Rohrzucker und Honig als Kristall- oder Kandiszucker. Vielleicht hat das mit dieser schweren emotionalen Kränkung in der Kindheit zu tun.

Ich liebe allerdings Schnittlauch genauso sehr wie Petersilie. Eine Suppe ohne Grün drin ist für mich keine Suppe. Erdäpfel ohne was Grünes drauf sind für mich keine Erdäpfel.

Vielleicht sollte ich doch eine Psychoanalyse machen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

Neu

"Pinguin"
"Pinguin"
bonanzaMARGOT - 11. Mär, 11:11
Sleepless im Weinviertel
Ich liege im Bett. Ich bin müde. Ich lese. Eine Romanbiografie...
testsiegerin - 13. Jan, 11:30
... ich könnte mal wieder...
... ich könnte mal wieder eine brasko-geschichte schreiben.
bonanzaMARGOT - 8. Jan, 07:05
OHHH!
OHHH! Hier scheint bei Twoday etwas nicht zu stimmen. Hoffentlich...
Lo - 7. Jan, 13:36
OHHH!
OHHH! Hier scheint bei Twoday etwas nicht zu stimmen. Hoffentlich...
Lo - 7. Jan, 13:36
loving it :-)
loving it :-)
viennacat - 2. Jan, 00:51
Keine weiße Weste
Weihnachtsgeschichte in 3 Akten 1. „Iss noch was,...
testsiegerin - 16. Dez, 20:31
ignorier das und scroll...
ignorier das und scroll weiter nach unten.
testsiegerin - 27. Okt, 16:22

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