bg

Samstag, 10. Januar 2009

Krautsuppe, einheimisch

Gegrüßet seist du, Maria
grummelte Großmutter
den dornenreichen Rosenkranz
in die Suppe
Das Kraut wurde weich
ihr Herz blieb hart

Gegrüßet seist du, Maria
betete sie gegen
den ungarischen Freund an
den Kochlöffel in der Hand
den Stacheldrahtzaun im Kopf

Maria grüßte zurück

Die Bombe riss
Zoltan aus dem Leben
und ein Loch
in die Hoffnung

...der du bist im Himmel
faltete die Alte die Hände
und teilte die Suppe
aus

Iss, Kind
sagte sie
und heul nicht
War eh nur ein Zigeuner


(A.M.See)

Mittwoch, 7. Januar 2009

Letzte Hoffnung

Der Skipper heißt Zoltan
und sein Boot „Végsõ remény“
Letzte Hoffnung

Nur die Hälfte des Tretboot-Törns
eine Jungfernfahrt

Bloody beginner
lachen Zoltans Lippen
als sie sich lösen
und der Sturm abflaut

Hoffentlich
geht die Hoffnung
nie unter
hofft sie


(A.M. See)

Montag, 5. Januar 2009

Mann gesucht

Der Gesuchte sollte zwischen 17 und 20, witzig, geistreich und gutaussehend sein. Reich muss er nicht sein, aber er sollte genug Geld haben, um mit ihr den Winter im Süden zu verbringen.
Er muss Grießkoch, Milchreis und Schokoladepudding kochen können, darf umgekehrt aber nicht erwarten, dass sie etwas für ihn zubereitet – ausgenommen Popocorn in der Mikrowelle.
Was er auf keinen Fall kochen und essen darf: Schwammerl, Spinat und Brot mit Kümmel drin.
Es sollte zumindest die Bereitschaft vorhanden sein, einen Tanzkurs zu besuchen.

Der Gesuchte kann ruhig Ausländer sein, sogar Piefke. Er sollte auf jeden Fall fähig sein, ihr verbal tausenddreihundertsiebenundsechzigmal täglich seine unendliche Liebe zu versichern. Die Frage „Hast du mich lieb?“ sollte er ebenso unendlich häufig und geduldig beantworten, ohne dabei genervt zu reagieren. Außerdem soll er ihr unaufgefordert ständig versichern, wie süß ihre Kätzchen sind.
Von Vorteil wäre es, wenn er alle Spongebob-Schwammkopf-Folgen auswendig kann. Zumindest sollte er nicht allergisch dagegen sein. Schön wäre es, läse er mit ihr gemeinsam Hamlet mit verteilten Rollen (nachdem er sie ausgiebig massiert hat).

Sein IQ sollte hoch, seine Persönlichkeit ausgeprägt und individuell, sein Haarschnitt cool und seine Kleidung lässig sein. Er soll eine souveräne Bescheidenheit ausstrahlen, nicht herumschleimen, kein Macho, aber trotzdem ein (wenn auch junger) Mann sein.

Sein Schlafbedürfnis sollte dem ähnlich einer Katze sein. Wenn sein Lieblingsplatz das Sofa ist, werden die beiden viele gemütliche Stunden gemeinsam verbringen. (Deshalb auch das Inserat: Auf dem Sofa findet man keinen Freund)
Grundkenntnisse im Orientierungslauf sind notwendig, um sich in ihrem Chaos zurechtzufinden.
Auch ein abgeschlossenes oder abgebrochenes Medizinstudium mit den Spezialgebieten verrenkte Mandeln, verstauchte Lymphknoten und chronische Hypochondrie wäre von Nutzen.

Das wichtigste: Er sollte mein Mäuschen liebhaben. Und sie ihn.

Nur ernstgemeinte Zuschriften. An mich.

Sonntag, 4. Januar 2009

Dreckiges Lachen

Die gleißende Sonne blendet
warnt sie die Fremden
und drückt den Tschick
mitten im lachenden Gesicht auf dem Foto
aus
Fahren Sie lieber nicht raus
Der blaue Himmel
ist ein elender Betrüger


Oberflächlich
das Lachen
und seicht der See

Fahren Sie lieber nicht raus
wiederholt sie
und wirft Loch und Bild in den See

Um zu ertrinken
reicht eine dreckige Lache



(A.M. See)

Freitag, 2. Januar 2009

Ohne Titel

„Der Tobias ist mein Freund“, sagt Sepp. „Wir verstehen uns super und haben viel Spaß miteinander.“

Sepp wird im Sommer siebzig. Ich werde mir extra ein Dirndl kaufen (oder ausleihen), weil es sein größter Geburtstagswunsch ist, dass alle Frauen und Mädels im Dirndl zu seinem großen Fest kommen. Ich seh schon das Bild vor mir, Frau Dr. Blubb und ich gemeinsam im Dirndl, das Bild werden wir einrahmen und ihm schenken. Hoffentlich fallen wir in diesen Kleidern nicht aus dem Rahmen. Frau Dr. Blubb hat sich schon ein hübsches ausgesucht, kurz, pink und anstelle von Edelweiß mit Totenköpfen drauf, aber das merkt wahrscheinlich eh keiner, weil man meistens im Leben sieht, was man sehen möchte und nicht, was ist.

Mindestens dreimal in der Woche ist der Sepp auf dem Berg, im Winter auf Tourenskiern, sonst in Bergschuhen oder auf dem Mountainbike. Er redet nicht viel drüber, aber ich glaub, dass er ihr dort oben noch immer sehr nahe ist. Die Berge halten ihn jung. Am Abend trägt er seine Touren in den Computer ein und lässt sich die zurückgelegten Höhenmeter ausrechnen. Fotos von verschneiten Tiefschneehängen oder saftigen Almen schickt er nach Neuseeland, Amerika oder Mexiko, je nachdem, wo seine Enkeltöchter grad sind. Deshalb hat er sich auch Skype installiert, damit die mit ihm reden können, auch wenn sie weit weg sind. „Man ist immer so alt, wie man sich fühlt“, antwortet auf die Frage nach seinem Alter: „Siebzehn.“

Ich glaub aber, nach ihrem Tod ist er ein bisschen gealtert. Die Grete, selbst Witwe, die hat den Sepp wieder ein bisschen jünger gemacht. Seine Freunde, die mit ihm auf den Berg gehen, halten ihn auch jung. Die meisten sind jünger an Jahren als er, aber ihre Kondition ist deswegen nicht besser.
Er freut sich schon, wenn er mit Tobias auf den Berg geht. Das wird noch ein bisschen dauern, denn Tobias ist der jüngste seiner Freunde. Tobias ist der Urenkel von Grete und scheißt noch in die Windeln. Sepp wickelt, badet und füttert ihn, das hat er mit seinen Enkelkindern auch gemacht und so kommt er wenigstens nicht aus der Übung. Er spielt mit ihm, spielt ihm etwas auf der Steirischen Knopfharmonika vor und singt dazu, und er legt sich mit ihm nieder, damit er leichter einschläft. Ein paar Mal die Woche macht er das, denn die Mama vom Tobias macht grad die Lehre und seine Oma arbeitet noch. Also kümmert sich Grete (und eben er) um den Buben.
Nur ihn im Kinderwagen spazierenführen, das mag er nicht. „Weißt du“, sagt er, „da fühl ich mich so hilflos, wenn er zu schreien anfängt.“

Sepp ist mein Vater. Und ich liebe ihn.

Dienstag, 30. Dezember 2008

Doppelter Schotstek *

„Willst du meine ...?“
Die Yacht krängt
sich unter seinen Worten

Ihr Blick schweift
zu all den kleinen Häfen
abgetakelten Booten
zerschlissenen Segeln

Nein, denkt sie
meine eigene
Einsamkeit
ist mir genug
Ich brauche keinen Anker
sondern Flügel


„Ja“, sagt sie

mitten hinein
in Angst und Hoffnung




* Der Doppelte Schotstek verbindet ein festes mit einem dünnen flexiblen Seil. Die Knotenfestigkeit ist abhängig vom Dickenunterschied und von der Art und Oberfläche der Seile.

(A.M. See)

Sonntag, 28. Dezember 2008

Prima Ballerina von Podersdorf

Tanzen will sie

Mit scharfen Kufen
ritzt sie
tiefe Schnitte in die
Arme des Sees
und verbeugt sich

Tanzen will sie
und Pirouetten drehen


Sich selbst
spürt sie nur noch
wenn Gefahr
unter ihren Füßen knirscht
und beugt sich

Tanzen will sie
Pirouetten drehen
und schweben
(und leben)


Kein Applaus
Eis und Haut
immer eine Spur zu dünn


(A.M. See)

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Weihnachtliche Gedanken

Das ganze Jahr werden sie übersehen, belächelt, totgeschwiegen. Von den Menschen, den Bürgermeistern, dem Fernsehen.
Die Menschen in den Pflegeheimen, die psychisch kranken, die geistig behinderten Menschen - pardon, natürlich "Menschen mit besonderen Bedürfnissen".
Aber alle Jahre wieder zu Weihnachten werden sie aus dem Hut, vor den Vorhang und auf den Bildschirm gezaubert. Da dürfen sie für die lieben Angehörigen Theater spielen und Engel schnitzen. Da dürfen sie sich öffentlich blamieren und man lächelt milde und sagt "wie nett", "wie lieb diese Menschen doch eigentlich sind, wie treuherzig die Mongos ausschauen mit ihren weit auseinanderstehenden Augen."

Dabei sind diese Menschen genauso wenig lieb wie alle anderen. Oder genauso lieb, manche sind lieb, manche offen, manche verschlossen, manche sind gehässig, manche sind wütend. Wie die Nichtbehinderten auch. Sie sind einfach Menschen, mit Stärken und Schwächen, aber sie werden immer über ihre Defizite definiert. Der mit dem Schädelhirntrauma, die mit dem Hydrozephalus, die mit dem Dekubitus, der mit dem Religionswahn.

In Wahrheit haben sie keine besonderen Bedürfnisse. Weil alle Bedürfnisse, die wir haben, letztendlich normal sind. Vor allem das nach Essen und Ficken und Lieben und Geliebtwerden.
Wenn sie sagen, dass sie essen wollen, bekommen sie zu essen. Wenn sie Lachs und Champagner wollen, muss man schon drüber diskutieren. Ob der Alkohol sich mit den Medikamenten verträgt. Ob nicht gar Suchtgefahr besteht.
Wenn sie es aber wagen, das Bedürfnis zu ficken zu artikulieren, dann treten die Gremien der nichtbehinderten Experten und Expertinnen, die über Wohl und Weh der behinderten Menschen entscheiden zusammen und diskutieren, ob es wirklich Sex ist, den sie wollen oder brauchen oder nicht doch eher nur Berührungen und Aufmerksamkeit. Vielleicht wissen sie das aus der Erfahrung, dass man manchmal vögelt, weil man Wärme und Nähe braucht. Manchmal hat man aber einfach nur Gier, und das unterscheidet uns schon wieder nicht. Wir aber leben von den Unterschieden, wir sind nur gut, richtig, normal, weil wir uns von denen, die nicht gut, richtig und normal sind, unterscheiden. Weil wir besser sind. Reflektierter.

Warum fragt die sogenannten nichtbehinderten Frauen keine Sau danach, warum sie bumsen wollen, sondern lässt es sie einfach tun. Warum fragt die Männer, die zu Prostituerten gehen, kein Hund danach, ob sie nicht vielleicht einfach Ansprache und eine Ersatzmama oder was auch immer brauchen.
Warum geht es uns überhaupt etwas an, warum jemand welche Bedürfnisse hat? Aus Sorge, natürlich. Die Menschen könnten danach enttäuscht sein, weil sie etwas ganz anderes erwartet haben. Ja und? Wie oft sind wir enttäuscht, weil wir etwas anderes erwarten vom Leben? Wer behütet uns vor schmerzhaften Erfahrungen? Und würden wir überhaupt so (über)behütet werden wollen?

Lassen wir doch die Behinderten lieber Weihnachtsgedichte aufsagen und krippenspielen. Da sind sie keine Gefahr für uns, da stellen sie unser Leben und unsere Werte nicht in Frage.
Da können wir uns mit den Spenden und guten Taten in ihrem Licht sonnen. Da können wir Licht ins Dunkel senden (grad so, als wäre unser Leben hell und ihres dunkel), als wäre uns ihre Lebensqualität wirklich ein Anliegen, obwohl wir das ganze Jahr über wegschauen.

Es ist zum Kotzen. Diesmal nicht wegen der Vanillekipferl.

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

Neu

Wie geht es unserer Testsiegerin?
Wie geht es unserer Testsiegerin?
Lo - 5. Feb, 17:25
Vielen Dank! Du findest...
Vielen Dank! Du findest mehr von mir auf facebook ;-)
testsiegerin - 30. Jan, 10:40
Kurschatten ' echt keinen...
auch wenn diese deine Kur schon im Juni...xx? war,...
kontor111 - 29. Jan, 09:13
zum entspannen...Angel...meint
wenn ich das nächste Mal im Bett liege, mich verzweifelt...
kontor111 - 29. Jan, 08:44
"Pinguin"
"Pinguin"
bonanzaMARGOT - 11. Mär, 11:11
Sleepless im Weinviertel
Ich liege im Bett. Ich bin müde. Ich lese. Eine Romanbiografie...
testsiegerin - 13. Jan, 11:30
... ich könnte mal wieder...
... ich könnte mal wieder eine brasko-geschichte schreiben.
bonanzaMARGOT - 8. Jan, 07:05
OHHH!
OHHH! Hier scheint bei Twoday etwas nicht zu stimmen. Hoffentlich...
Lo - 7. Jan, 13:36

Web Counter-Modul


Briefverkehr mit einem Beamten
Erlebtes
Femmes frontales
Forschertagebuch
Gedanken
Gedichte
Geschichten
Glosse
In dreißig Tagen um die Welt
Kurzprosa
Lesungen
Menschen
Sex and the Country
Toll3ste Weiber
Vita
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren

kostenloser Counter