Gedichte
Das Haus verlässt sie nur
mit Kopftuch
und der Erlaubnis
des Herrn
Ihr eigenes Leben
dem seinen geopfert
Das war schon immer so
im bäuerlichen Weinviertel
Der einst stolze Brautschleier
(heute ein Grauschleier)
legt sich über Blick
und Zukunft
Immer zu Halbmond
hat sie es mit dem Kreuz
Nur manchmal
(nach dem wöchentlichen Bad)
trägt sie Turban
und redet Tacheles mit ihm
Ich glaube, sagt sie
ich glaube, ich kann nicht mehr
Nicht so
Er starrt ins Leere
Bauch und Gleichmut
vom Bier
nicht vom Buttertee
Gezeichnet
sind sie beide
testsiegerin - 22. Mär, 09:56
Ich weiß, stand schon voriges Jahr hier. Aber weil sich leider an der Tatsache, dass z.b. Marie immer noch weniger Marie kriegt als Max im letzten Jahr nichts geändert hat, weil Marie noch immer nicht die gleichen Karrierechancen hat wie Max, weil Marie keinen Unterhaltsvorschuss für Mariechen kriegt, weil "zeugungsfähig" nicht gleich "zahlungsfähig" bedeutet, aus all diesen und tausend zusätzlichen Gründen steht das Gedicht auch in diesem Jahr wieder hier.
Allen Frauen einen kämpferischen, selbstbewussten, sonnigen Frauentag.
Allen Männern sei an dieser Stelle noch einmal gesagt: Wir kämpfen nicht gegen euch. Sondern viel lieber Seite an Seite mit euch. Für Gleichberechtigung, Chancengleichheit und ein gerechteres Leben.
Wir kaufen selbst uns Brot und Rosen
und alles, was uns sonst gefällt
In Kleidern, Stöckelschuhen, Hosen
kämpfen wir für Frauenrechte auf der Welt
Wir tragen Stolz und Schminke im Gesicht
Bist du ein Weib, brauchst du die Peitsche nicht
Locker bleiben und nicht locker lassen
Geduldig war’n wir lang genug, damit ist Schluss
Keine Angst, wir werden lieben und nicht hassen
Uns selbst, das Leben, einen sanften Kuss
Weil nicht ans Kinn, sondern ins Herz die Liebe trifft
Gehst du zum Mann, benutz den Lippenstift
Ach ja, beschimpft uns doch als Kampfemanzen
vergreift euch wieder mal im Ton
Nennt unsre Freundinnen vom Land nur Pomeranzen
und überschüttet uns mit Hohn
Heut Nacht fasst euren Zauberstab alleine an
Geh ich mit Frauen aus, ist selbst der Mann
Wir können Abseits nicht nur schreien, sondern auch erklären
Und wissen um der Viererkette schlichten Glanz
Die Kinder werden weiter wir gebären
sie wickeln kann man aber auch mit Schwanz
Und eines Tages, wagt den kühnen Schritt:
Geht ihr zum Fußballmatch, nehmt Frau und Kinder mit
Mit Abfangjägern kämpft ihr gegen Klimawandel
Verändert Gene statt Hybridmotoren
Bereichert euch mit Aktien- und mit Frauenhandel
Und werdet dafür in der Hölle schmoren
Doch Kopf hoch, Mann, wir zeigen dir, wie’s geht
Gehst du zum Weib, benutz das Hörgerät
testsiegerin - 8. Mär, 09:31
Auf dem Markt wühle ich geduldig mit beiden Händen in warmen gerösteten Kaffeebohnen
Lausche den Synkopen deines Lachens
Vermische das Rot der Paradeiser mit dem Gelb der Zitronen
und male ein Bild aus Glücksmomenten
Zu Hause labe ich mich am Knistern vom Jungrind über dem Feuer
Streichle die Narbe auf deinem Knie
und erfreue mich behutsam an deiner Verletzbarkeit
In deiner Nähe atme ich die Wärme von Zimt und Kreuzkümmel
Koste vom schweren Wein und nehme den Mund zu voll
Das Salz deines Leibes lasse ich mir auf auf der Zunge zergehen
Sehe ungeduldig deinen Hunger wachsen
und verliere das Gleichgewicht
In deiner Halsbeuge wittere ich frisch geliebten Schweiß
und frage:
Welcher unserer Sinne
ist nun der des Lebens?
testsiegerin - 4. Jan, 18:47
Abenteuer Lust
zerknirscht unter deinen
müden Füßen
Ausgedämpft
der Hunger aufs Leben
still doch ungestillt
Führe mich nicht,
spuckst du der Versuchung ins Gesicht
Pure Lust ist Sünde
verschlammst du
den Quell
Aufrecht und stolz
Gefallen statt fallenlassen
Heldin der Treue
gemeißelt in Marmor
Nur dir selbst
nie treu gewesen
testsiegerin - 3. Jan, 20:59
Ich bin ein guter Mann, Sie müssen mir glauben
Im Frühling füttere ich die Tauben
Im Sommer säubere ich die Gassen
und helf Blinden über einsame Straßen
wenn sie es erlauben
Und wenn in dunkler Winterszeit
die Armut und die Einsamkeit
lassen Seelen und Herzen vereisen
von braven Witwen, Witwern und Waisen
bin ich zur guten Tat bereit
Ich fühle das Leid, das Seelen quält
bring alte Wollsocken und Geld
doch spend ich nicht nur Licht im Dunkeln
damit die Kinderaugen funkeln
Ich bin ein wahrer Weihnachtsheld
Oh gütiger Gebieter, Herr
Es freut mich meine Wohltat sehr
Drum stell mich auf die große Probe
auf dass der Engelschor mich lobe
Und machs mir heuer extra schwer
Mein Wunsch, er wurde nicht verwehrt
und Gott hat mein Gebet erhört
Am Heiligen Abend klopft am Tor
an der Hand vom gütigen Dorfpastor
ein Kindermörder, schwer gestört
An des Mörders and’rer Hand
Gekettet mit des Eisens Band
Einer, der statt zu beglücken
Die Witwen schnitt in viele Stücken
Mir aus der Krone wohlbekannt
Der dritte in diesem trostlosen Bund
ein Drogendealer mit aidskrankem Hund
Der Pastor seufzt: Auch sie brauchen Liebe
nicht nur Verachtung und Peitschenhiebe
So mach ihre dunklen Seelen gesund!
Gesagt, getan, ein Mann, ein Wort
schon ist der Pfaffe wieder fort
Und wirft mich in der Heil’gen Nacht
den Geiern vor um viertel Acht
Aus drei Paar Augen blitzt der Mord
Mir wird ganz angst und mir wird bang
so nimmt das Schicksal seinen Gang
ich teile das Brot, ich teile den Wein
und endlich schlafen die Schurken ein
beim zwölften Glockenklang
Dort schnarchen ihre Mörderseelen
träumen vom Töten, Rauben, Stehlen
Ich aber denke an die Frau’n und Kinder,
die Opfer dieser Menschenschinder
Eine Stimme beginnt mich zu quälen
Erlöse die Welt, so spricht der Herr
folgsam erfülle ich sein Begehr
damit meine Seele wird wieder gesund
erschieße ich die Ganoven plus Hund
mit Vaters altem Jagdgewehr
Im Gefängnishof füttere ich Tauben
träume dabei von Hafturlauben
jeden Advent schmück ich die Zelle
mal Abend für Abend Aquarelle
Ich bin ein guter Mann, das müssen Sie glauben
testsiegerin - 17. Dez, 21:27
Die Karin schlüpft ins samtene Kleid
nachdem sie fertig ist mit Kochen
Im Bett liegt Werner, denn im Fernsehn läuft heut
die Erotiknummer „Neuneinhalb Wochen“
Rasiert, gebadet und gekämmt
die Schlüpfer frisch gewaschen
wird gleich beim Liebesfilm geschlemmt
und Bier getrunken - aus Flaschen
Wenn du willst, schlägt schüchtern der Werner vor
kann ich dir die Augen verbinden
Seit wann, so kontert sie mit Humor
vögelst du gern mit Blinden?
Und außerdem kann ich dann nicht
mehr sehen wie’s die Beiden treiben
Spricht sie und löscht das Deckenlicht
um sanft sich an Werner zu reiben
Als auf dem Bildschirm der Mickey Rourke
sich nach der blonden Kim verzehrt
träumt Karin von einer dicken Gurke
Während der Werner die Flasche leert
Das Treiben im Film erregt sie sehr
Ich will dich, sie stöhnt und grummelt
Auch Werner ist jetzt nach Geschlechtsverkehr
weshalb er am Reißverschluss fummelt
Er ist nicht wie Mickey mit Muskeln bepackt
Sie hat zu viel Speck auf den Hüften
Aber dennoch begehren sie sich nackt
und berauschen sich an ihren Düften
Sie streichelt zärtlich sein bestes Stück
er bemalt ihren Körper mit Sahne
Ach, Werner, haucht sie, Schlagobers macht dick
So nimm doch die reife Banane
Sie spreizt die Schenkel voller Lust
und spürt zunächst wie er sie leckt
Erregt greift sie sich an die Brust
als er die süße Frucht rein steckt
Die Karin kichert, das Obst ist zu weich
Und ihre Möse längst reif und saftig
Sie schreit: Mensch du, ich komme gleich!
Doch ich will deinen Schwanz – wahrhaftig!
Du kleine Hure musst ihn dir
verdienen, spricht er nun gewitzt
mit etwas Obers lutsch ihn mir
bevor die eig’ne Sahne spritzt
Zur Steigerung der Manneskraft
mag sie es lieber deftiger
bestreicht ihn mit dem Bratensaft
und saugt dann umso heftiger
Er fragt, als ihren Mund er fickt:
Willst du, dass ich uns zwei erlöse?
Die Frau, sie lächelt und sie nickt
Komm Liebster, nimm jetzt meine Möse
Gesagt, getan, gestöhnt, geschrien
Gepackt, gestoßen, geil geschaut
Sie geben sich einander hin
verschlingen sich mit Herz und Haut
Im Fernsehn läuft schon längst Reklame
ans Essen denken sie nicht mehr
Beim Kommen kommt zunächst die Dame
und Werner kommt gleich hinterher
Sie berühren sich zart, sie turteln und necken
es entspannen sich all ihre Glieder
Als Werner beginnt, ihre Finger zu lecken
haucht Karin: Ich könnte schon wieder!
Dieses Gedicht habe ich für einen von mir für mich ins Leben gerufenen Wettbewerb geschrieben, bei dem es darum ging, ein niveauloses, erotisches Gedicht zu verfassen
testsiegerin - 2. Dez, 15:30
Gefährlich glitzernde Geheimnisse
vergruben sie
damals
im Schatten
der großen Liebe
noch immer
wuchern wildwachsende Gefühle
und Erinnerungen
auf den Schätzen
und immergrün blüht die Sehnsucht
Tief drinnen
in ihren Herzen
vergilbt und zerfleddert
die Schatzkarte
testsiegerin - 25. Nov, 15:28
Lass uns das Leben fangen
nach dem Glück jagen
und wenn wir es haben
lassen wir es laufen
und lauern
und fangen
und lassen es los
weil nicht das Glück
glücklich macht
sondern das Spiel
Irgendwann -
nicht heute, nicht morgen
übermorgen vielleicht
bekommen wir Angst
es könnte uns entwischen
und beißen es tot
testsiegerin - 9. Nov, 22:48
Hülle mich in Worte aus wilder Seide
bittet sie entblößt
und räkelt sich auf dem leinenen Laken
wie früher
nur fülliger
Er bedeckt sie mit einem Lächeln
hüllt sie in Schweigen
und wirft ihr den Pyjama zu
flanellflauschig
testsiegerin - 8. Nov, 15:34
Ich fürchte sie nicht
die schwarze Nacht
Denn die Gefahr
versteckt sich nicht
in ihren dunkeln Netzen
sondern heimtückisch
hinter lachbraunen Augen
im Abendblau
im Abendlau
Sie graben sich in Haut und Hirn
während sie mich verschlingen
später zudecken
mit zartsatten Raubtierblicken
Komm
näher und näher
will ich dich
Ich fürchte sie nicht
die Nacht
nur den Morgen
an dem dein Blick
sich von meinem löst
testsiegerin - 21. Okt, 18:03