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Sonntag, 15. Dezember 2013

Antidepressivum

Wenns draußen grau und nebelig ist und in mir der Saboteur hockt, mit einen breiten Pinsel und einem großen dunklen Farbtopf, und es mir nicht gelingt, ihn von der Leinwand fernzuhalten, dann lese ich diese Nachricht, die mir vor kurzem die R. (die beste Freundin meiner Tochter und ein bisschen auch meine Tochter, die grad in Nicaragua weilt) geschickt hat:


als ich dem g. zum ersten mal was von dir erzaehlt hab, hat er gefragt "wer ist die barbara?". und da musste ich nachdenken. einfach waere gewesen zu sagen "die mama von der t.". aber das stimmt nicht. also ja, stimmt schon. aber das ist keine, sagen wir mal adaequate beschreibung.

du machst es mir ein bisschen schwer, dich vorzustellen, weil du eben nicht ganz einfach "die mama meiner besten freundin" bist. dass du auch meine freundin bist, das ist eh klar. aber das auch das triffts nicht ganz. weil der begriff "freund" ist viel zu weitreichend - von der freundlichen sitznachbarin, ueber fortgehbekannschaften bis zur t.

und du, du bist ein bisschen auch meine mama. die einem tee kocht, wenn man halsweh hat. flucht, wenn man glaeser zerbricht. die stolz auf einen ist nach einer tanzaffuehrung und die einem hin und wieder den staubsauger in die hand drueckt.

aber auch: der man jeder zeit bei einem glas prosecco sein herz ausschuetten kann. die einem lippenstift borgt, und im farbton beraet. der man peinliche dinge erzaehlen kann, ohne dass sie peinlich sind. die einem entgegengeht, wenns windig und dunkel ist...

danke fuer das alles. das klingt grad alles ziemlich kitschig, ich weiss. und in wirklichkeit weisst du das eh alles. aber ich glaub, es schadet nie, es einmal oefter zu schreiben, als "notwendig". und ein bisschen kitsch brauchen wir alle .

ich hab dich lieb. deine R.

Der Propinquity-Effekt

Von ihm habe ich heute zum ersten Mal gehört. (Propinquitas, lat. – Nähe).

Der Propinquity-Effekt (wahrscheinlich kann ich ihn am Ende dieses Beitrags wenigstens fehlerfrei tippen), so das Ergebnis einer Studie, beschreibt die Macht des Zufalls, der enge menschliche Bindungen erst ermöglicht. Peter Ustinov formulierte diesen Effekt zwar länger, aber weitaus verständlicher: „Anders als die meisten Menschen glaube ich nicht, dass Freunde die Menschen sind, die wir am meisten mögen“, sagte er: „Sie waren bloß zuerst da.“

Nein, schreit natürlich alles in mir, das ist nicht zufällig, sondern weil... weil... na weil halt. Weil sie halt meine Freundinnen sind.

Die I., die Innigste, die irgendwie so ganz anders ist als ich, war einiges der wenigen Mädels, damals auf dem Jungbläserseminar (bitte nicht lachen). Ich glaub, wir waren damals im selben Zimmer. Alle Mädels waren im selben Zimmer. Na ja, irgendwo müssen wir unseren Freunden ja begegnen, also ist das mit der räumlichen Nähe kein schlüssiges Argument. Da waren nämlich noch 7 andere Mädels im Zimmer, an die ich mich nicht einmal mehr erinnern kann.

Die R., die Ruhige, die saß eine Bank hinter mir in der Schule. Natürlich war das ein Zufall. Aber, dass sie immer gelacht hat, wenn ich im Zug in meiner riesigen Sporttasche nach dem Ausweis gesucht und ihn meistens erst gefunden habe, als ich schon aussteigen musste, das war kein Zufall. Sie mochte meinen wirren Geist, glaub ich. Und ich ihre Ordnung. Freundinnen sind wir erst geworden, als wir uns räumlich voneinander entfernt haben, als sie nach Kärnten übersiedelt ist und ich nach Wien gezogen bin. Nix mit Propinquity.

Natürlich war es Zufall, dass ausgerechnet die H. in der Sozialakademie neben mir saß. Die D. neben mir im Waldbad lag und Kuchen mit mir teilte. Die C. in der virtuellen Fischfabrik den zudringlichen Vorarbeiter umgelegt hat. Natürlich war es Zufall, dass ich im Blog die Be und die Ka angeklickt oder sie bei mir kommentiert haben. Es war auch ein Zufall, dass die M. mit mir ein Büro teilt, ich bei einer Vernissage von der anderen M. gelesen habe, bei einer Schmuckausstellung von der C. war, die mich mit der Sängerin E. verkuppelt hat, ich bei der S. Sprechtechnikcoaching gemacht hab und mich im Gefängnis in den gleichen Psychiater wie die M. verschaut hab. Es war Zufall, dass ich beim Liveticker im Standard den A. getroffen habe. Das ganze Leben besteht aus Zufällen.

Ich hätte auch Z. kennenlernen können oder X. oder Y. Oder XY. Vielleicht wären sie heute meine Freunde, wären sie damals zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen. Vielleicht aber auch nicht.

Hier noch einmal das sensationelle Ergebnis der Studie: Die zufällige Sitzposition zum Zeitpunkt des ersten Kennenlernens beeinflusst die Entwicklung der Freundschaften erheblich.

Wer unser Freund wird, ist also zufällig. Wer aber unser Freund bleibt, auf wen wir uns verlassen können, wen wir um 3 Uhr früh anrufen können, bei wem wir uns ausheulen, mit wem wir wandern, saufen, lachen, teilen, essen und lästern, wem wir vertrauen und wen wir lieben, das ist immer noch unsere Entscheidung.

Und das ist gut so.

Montag, 9. Dezember 2013

Memento

Dieses Gedicht hab ich grad im Radio gehört und bin total berührt davon.

Memento

Vor meinem eigenen Tod ist mir nicht bang,
nur vor dem Tode derer, die mir nah sind.
Wie soll ich leben, wenn sie nicht mehr da sind?

Allein im Nebel tast ich todentlang
und lass mich willig in das Dunkel treiben.
Das Gehen schmerzt nicht halb so wie das Bleiben.

Der weiß es wohl, dem Gleiches widerfuhr -
und die es trugen, mögen mir vergeben.
Bedenkt: Den eignen Tod, den stirbt man nur;
doch mit dem Tod der anderen muss man leben.

(Mascha Kaléko)

Eine Liebeserklärung

Zwei Wecker ruhen, ach, in meiner Brust. Einer sagt mit Celloklängen „Aufstehen“, und trotz der Celloklänge geht er mir auf den Wecker. Der andere, der schöne, der reine, der wütende Wecker, heißt Konstantin. Er singt „Bleib nicht liegen“. Doch was für ein Unterschied ist zwischen diesen beiden Weckern, die mich beide zum Aufstehen bewegen wollen! Der Cellowecker lässt sich auf Knopfdruck abstellen. Der Bleib-nicht-liegen-Wecker gönnt mir zwar den Schlaf, aber selbst darin singt er mir etwas vor; er will nur nicht, dass ich mich in meiner Komfortzone einniste. Ja sage, wenn ein Nein notwendig ist. Er gönnt mir meine Faulheit, aber nicht meine Bequemlichkeit. Steh auf, sagt er, und obwohl er es mit zornigsanfter Stimme sagt, hat es mehr Gewicht als das, was mein anderer Wecker täglich im gleichen Cellotonfall vor sich hinmurmelt. Steh auf und erhebe deine Stimme!, sagt er. Dass ich nicht singen kann, lässt er nicht gelten. Und wenn ich dann endlich aufgestanden bin, gegen meine Ängste, gegen meine Widerstände, dann sagt er: „Bleib nicht stehen“. Geh weiter. Geh in deine Entwicklungszone. Wenn es sein muss, in deine Panikzone, aber verdammt noch mal, geh! Lebe jeden Tag neu. Lerne jeden Tag neu! Und lass dich fallen.
Das mit dem Fallenlassen krieg ich schon ganz gut hin.
Ich wäre so gerne mit Wecker auf der Bühne. Es muss auch nicht die Scala sein, irgendein Kellertheater würde schon reichen. Keller haben wir in Österreich ja genug. Ich glaub, wir würden uns gernhaben, also er mich auch. Aber ich kann nicht singen und ich kann nicht tanzen. Keine Kunststücke vorführen. Ich kann nur schreiben und lesen, von der Welt, von den Menschen, vom Lieben und von Trieben, vom Wühlen in Gefühlen, von der Angst und der Lust und der Vergänglichkeit.

Mein Wecker mit dem Celloalarmton ist neu. Der Wecker mit der Stimme ist – nein, nicht alt. Vertraut ist er mir, seit damals, als ich 14, jung und unerfahren und meine erste Langspielplatte ausgerechnet Weckerleuchten war. Und doch ist er jeden Tag wieder neu. Und nie genug. Denn genug kann nie genügen.
.

Freitag, 6. Dezember 2013

Das ewige Lied

Warum brauche ich das noch? Schon wieder dieser Satz. Wie ein lästiger Ohrwurm spult er sich immer tiefer in mich. Wie lange brauche ich den Refrain „Warum brauche ich das noch?“ noch?

Wahrscheinlich bis zum letzten Atemzug. Er ist mein Begleiter. Hand in Hand mit „Bin ich gut genug?“ Gestern beim Fitnesscheck. Ich bin nicht gut genug. Nicht fit genug. Für wen? Für mein Alter. Wozu trainiere ich zwei- bis dreimal die Woche, wozu stemme ich Gewichte im Takt und crosse auf dem Trainer, wenn ich dann ein „mangelhaft“ im Zeugnis stehen hab? Mein Herz ist gut, immerhin, aber dafür kann ich nichts. Meine Lungen sind auch gut, dafür kann ich was, weil ich nicht rauche. Aber meine Fitness ist nicht gut genug. Ich keuche immer noch, wenn ich im vierten Stock Altbau ankomme. Obwohl ich mich Woche für Woche lustvoll quäle. Ich will weder zu den nächsten olympischen Spielen noch zu Weinviertels next Top Model. Ich will mich halbwegs fit fühlen, meinen Körper gern haben und weiterhin lustvoll leben, gierig sein und glücklich. Und dann boxt sie mir dieses „mangelhaft“ in den Magen. Es fühlt sich genauso an wie damals in der Schule. Ich wieder das kleine Mädchen, das in keine Mannschaft gewählt wird. Die Trainerin ähnlich zynisch wie die Lehrerin damals: „Na ja, wenn du zufrieden bist, dann passt’s ja.“

Vergleichen macht unglücklich, sagt eine Glücksstudie. Glücklich ist, wer sich nicht vergleicht. Es gibt nämlich - meistens muss man gar nicht lange nach ihnen suchen - immer wieder welche, die fitter, schöner, besser, intelligenter, kreativer, tüchtiger, fleißiger und begabter sind. Bei solchen Vergleichen schaut man immer schlecht aus, weil man sich ja eher selten mit denen vergleicht, die untalentiert und unscheinbar sind und einen Intelligenzquotienten knapp über der Raumtemperatur haben. Besser als die besten ist man aber höchstens, wenn man Weltmeisterin ist oder wenigstens eine Inselbegabung hat, wie zweihundert Stellen von Pi auswendig zu können. Aber ich bin keine Insel, schon gar keine Insel der Seligen.

Ich bin ein buntes Gewirr von unterschiedlichen Ländern. Vielvölkerstaat. Meistens leben sie friedlich nebeneinander her, meine unterschiedlichen Begabungen, meine Talente, meine Fähigkeiten, meine Fertigkeiten, meine Interessen. Manchmal schlagen sie einander die Schädel ein. Vor allem meine Fähigkeit zum Chillen und Genießen und mein Ehrgeiz liefern sich Grabenkämpfe. Hin und wieder hat irgendwer die großartige Idee zur Revolution und macht sich wichtig. Immer wieder mal will hier einer die Macht anstatt einer friedlichen Gemeinschaft und erklärt den anderen den Krieg. Besetzt rücksichtslos das Territorium eines anderen, weil er glaubt, besser zu sein. „Klappe“, schreie ich. „Hier“, antwortet die kleine Herzklappe und öffnet sich nervös für den Blutstrom.

Als es endlich still ist in der Union, höre ich, wie eine kleines, aber starkes Volk inmitten meines Reiches weint. Das Herz. „Ich bin auch nicht gut genug“, sagt es. „Ich bin erschöpft. Ich pumpe mein Herzblut in alle Völker, aber es ist nie genug. Immer haben sie Angst, dass einer mehr bekommt als der andere. Ich kann nicht mehr. Und überhaupt: Für alles macht man mich verantwortlich!“, heult es, "sogar für Liebeskummer."
Ich will diese ständige Jammerei nicht mehr hören. Ich habe keine Lösung für die Konflikte in mir. Nicht einmal gut genug für eine Lösung bin ich. Die anderen können das bestimmt viel besser. Ihrem Herzen zu folgen. Ihr Herz zufriedenstellen. Die Völker befrieden.

Wie lange brauche ich das noch? Die Frage, ob ich gut genug bin für mich?

Donnerstag, 5. Dezember 2013

In seinen Armen

Früher war alles viel früher. Früher hat er sich – sobald ich das Buch aus der Hand gelegt habe – sanft an mich geschmiegt, hat mich in seine Arme genommen und mir schöne Wörter ins Ohr geflüstert. Bis zum Sonnenaufgang hat er mich im Arm gehalten und in Sicherheit gewogen, mich zärtlich auf den Mund geküsst, mir einen wunderbaren Tag gewünscht und ist unter die Dusche gegangen. Jeden Tag hat er das gemacht, nur am Sonntag hat er nicht geduscht, sondern hat noch eine Weile verschwitzt mit mir im Bett gekuschelt und nach Wärme und Lust gerochen. Wenn er aufgestanden ist, bin ich noch ein paar Minuten liegengeblieben, hab über den kommenden Tag nachgedacht, ein bisschen im Forschertagebuch geschrieben und mich gut gefühlt.

Und jetzt? Nach so vielen gemeinsamen Nächten? Wenn ich das Buch weglege, ist er immer noch da und ich strecke meine kalten Füße unter seine warme Decke. Aber immer öfter nervt es ihn, wenn ich noch lese und er sagt: „Hör auf zu lesen. Dreh das Licht ab.“

Er hat sich verändert. Ich habe mich verändert. Unsere Beziehung hat sich verändert. Das Selbstverständliche, die Leichtigkeit, die unsere Beziehung früher ausgemacht hat, die ist verflogen. Wir führen eine Vernunftehe. „Das ist ganz normal“, sagen meine Freundinnen, „das sind die Hormone“. Es ist mir scheißegal, was es ist, ich will, dass es wieder so ist wie früher.
Ja, ich sollte zufrieden sein, andere haben nicht einmal das. Er presst sich wenigstens immer noch an mich, wenn ich das Licht ausmache. (Früher haben wir uns oft auch bei Licht geliebt, oder während der Fernseher gelaufen ist, das war uns völlig egal, wir sind hemmungslos übereinander hergefallen.) Nein, alles war nicht besser früher. Nur früher halt. Und manches war ein bisschen leichter.

Ich bin ein bisschen beunruhigt, wenn er sich beinahe jede Nacht aus dem Schlafzimmer schleicht. Meistens nur kurz, wahrscheinlich glaubt er, ich merke es gar nicht. Natürlich merke ich das. Ob er eine Geliebte hat, die er Nacht für Nacht anruft? Wahrscheinlich eine jüngere. Ich weiß es nicht. Ich will es auch nicht wissen. Ich liebe ihn nämlich immer noch.

Morgens, wenn das Cello aus dem Wecker tönt und ich aufstehen sollte, legt er sich einfach auf mich und drückt mich mit aller Kraft in die Matratze, vor allem jetzt im Winter. „Ich könnte schon wieder“, stöhnt er. Ich will nicht wirklich, ich will aufstehen, arbeiten, frühstücken, Forschertagebuch schreiben, meinen Alltag leben. Aber ich kann mich nicht zur Wehr setzen, er nimmt mir einfach den Kugelschreiber aus der Hand und presst sich fester an mich.
„Na gut, von mir aus.“ Wir einigen uns auf einen Quickie. Er dringt tief in mich ein und fickt mich.

Manchmal schaffe ich es, ihn abzuschütteln. „Geh duschen“, sage ich dann, „du stinkst.“

Wie gesagt, ich liebe ihn immer noch, und wir leben immer noch ganz gut miteinander. Wahrscheinlich ist unsere Beziehung besser als die der meisten, und trotzdem sehne ich mich nach unserer gemeinsamen Vergangenheit. Und ich muss zugeben, er ist nie eine ganze Nacht weggeblieben. Er weiß anscheinend auch, dass wir zusammengehören und ich bedeute ihm immer noch viel. Aber er ist unverlässlicher geworden, egoistischer. Er kommt und geht, wann er will.

Wenn es einmal länger dauert, lese ich ein bisschen, trinke heiße Milch mit Honig und warte, bis er wieder kommt und sich trunken an mich schmiegt. Kein Wunder, dass ich ihn in der Früh oft gewaltsam aus dem Bett werfen muss.
Da schaut er mich beleidigt und vorwurfsvoll an, während ich ins Kleid und die Strumpfhose schlüpfe.
„Geh noch nicht“, sagt er dann kleinlaut, „ich bin noch nicht fertig mit dir.“

Er ist ein Arsch. Aber ich liebe ihn. Und ich hätte so gern, dass er wieder ganz zu mir zurückkommt. Mein Mann, der Schlaf.

Mittwoch, 27. November 2013

We proudly present...

the winner of the friday's trophy:

freitagstexter1


Eine dreiköpfige und sechsbeinige internationale Jury, bestehend aus einer Blonden, einer Rothaarigen und einer Schwarzhaarigen, hat tagelang getagt und beraten (o.k., zwischendurch haben wir auch ein bisschen gegessen), Argumente abgewogen und wieder verworfen, Listen erstellt und schließlich in geheimer Abstimmung folgende SiegerInnen gekürt:

The third place, the bronze-medal goes to...

Nömix for Naked Lunch. Begründung der Jury: "Weil ich den Film so mag" und "weils so kurz ist".

La medaille d'argent pour la deuxieme place....

pour Monsieur oeuf du mireur pour son Banque de Sperme. Begründung der Jury: "So halt."

A N D . T H E . W I N N E R . I S . . .

Madame Sternenstaub für Wiedermal Spieleabend im Pfarrhaus. Begründung der Jury: "So schön böse!"

Madame Sternenstaub hat also die Ehre/Pflicht/Verantwortung/Bürde/Freude/Last, den nächsten Freitagstexter auszurichten.

Die internationale blond-schwarz-rote Jury bedankt sich auch bei allen anderen für die tollen Beiträge. Dabei ist alles!

Freitag, 22. November 2013

Fried dax dexter

freitagstexter2

Handeln Sie erfahrungsgemäß!

maddin

Freitag, 8. November 2013

Die komplizierte Sache mit der Wahrheit

(weil ich da grad einen interessanten Text über Wahrheit und Lügen gelesen hab)


Ich glaube, die Bachmann hat sich geirrt. Die Wahrheit ist uns nicht zumutbar. Den anderen auch nicht. Wäre sie uns nämlich zumutbar, hätten Gott oder das Fliegende Spaghettimonster oder das Universum nämlich nicht die Lügen erfunden und Freud nicht die Verdrängung entdeckt. Wäre die Wahrheit den Menschen zumutbar, würde es keine Schriftsteller geben, die sich Geschichten mit Happy End ausdenken, mit denen sie uns aus der Realität entführen, in Träume sperren und mit Phantasie fesseln. Im Kino und Fernsehen würde es ausschließlich Dokumentarfilmer und Kriegsberichterstatter geben. Gut, das hätte was, die Verfilmung von fünfzig grauen Schatten würde uns so erspart bleiben.

Wäre die Wahrheit den Menschen zumutbar, würden sich Psychotherapeuten, Lebensberater und Coachs als Taxifahrer ihren Lebensunterhalt verdienen. Was gäbe das für ein Verkehrschaos!
Hätte die Bachmann Recht, gäbe es weder getönte Antifaltencremes noch Bauch-weg-unterhosen, sondern wir würden die hässliche nackte Wahrheit dem Spiegel, uns selbst und anderen zumuten.
Langjährige Freundschaften würden an flapsig Dahingesagtem zerbrechen und Ehen gar nicht erst eingegangen. Die paar Romantiker unter uns würden einander nicht nur ewige Treue versprechen, sondern auch schwören, immer und überall die reine Wahrheit zu sagen. Neben den Romantikern auch die Sadisten, die hätten nämlich ihren Spaß daran, unter dem Deckmantel der Wahrheit andere Menschen zu verletzen und ins Unglück stürzen. Die Masochisten würden „Ja, ich will“ hauchen und strahlend hinein rennen.

Ich weiß, die Bachmann hat das nicht so gemeint. Sie hat gemeint, dass wir den Schmerz nicht leugnen und seine Spuren nicht verwischen und über ihn hinwegtäuschen dürfen. Wir müssen ihn wahrhaben und wahrmachen, damit wir sehend werden. Die Bachmann hat gesagt, wir wollen alle sehend werden. Müssen wir? Wollen wir? Können wir?
Wo doch der Grat zwischen Wahrheit und Unwahrheit an manchen Stellen so schmal ist, dass wir keinen Halt darauf finden. Wo wir oft keine Wahl zwischen wahren und falschen Entscheidungen haben, sondern nur zwischen ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger falschen. Und wie auch immer wir uns entschieden haben, am Ende sterben wir.

Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. Vielleicht. Ich brauch meine blinden Flecken noch. Es gibt Situationen im Leben, da will ich manchmal nicht hin-, sondern wegschauen. Ganz bewusst.

Sonntag, 3. November 2013

Am Mittwoch wird gewartet



Ihr seid herzlich eingeladen!


toll3steweiber@gmx.at
www.toll3steweiber.at

Hi Mamsch,

ich weiß nicht, warum ich grad die letzten Tage so viel an dich denke. Vielleicht, weil Allerheiligen und Allerseelen war und weil man da an die Verstorbenen denkt. Vielleicht aber auch, weil die E. gestorben ist und der Tod allgegenwärtig ist.

Tut mir leid, dass ich nicht auf dem Friedhof war. Ich mag Friedhöfe, aber nicht zu Allerheiligen. Und ich hab auf dem Friedhof nicht das Gefühl, dass du mir näher bist als sonst. Ein Friedhof ist ein Friedhof ist ein Friedhof, nicht mehr. Als Kind musste ich immer mit auf den Friedhof zu Allerheiligen. Den, auf dem nur Holzkreuze erlaubt sind, den fand ich irgendwie schön. Wo nicht einer den anderen selbst im Tod übertrumpfen will.
Gefroren hab ich meistens am Friedhof und mich ein bisschen gelangweilt. Später dann in Uniform „Ich hatt’ einen Kameraden“ mit dem Waldhorn gespielt, in der Musikkapelle. Das ist mir heute fast ein bisschen peinlich.

Ich würde jetzt gern mit dir einen Kaffee trinken. Aber nicht den aufgewärmten von in der Früh aus der Filtermaschine, ja? Obwohl... wenn ich so sparsam wäre wie du es warst, dann hätte ich ein paar Probleme weniger jetzt.
Weißt du, ich hätte dich grad gern hier. Nein, nicht zum Aufräumen, auch nicht zum Kekse und Kuchen backen, sondern einfach so. Das Kuchenbacken übernimmt grad deine Enkeltochter. Da stautnst du, oder? Einen Kuschelkuchen macht sie für ihren Bruder zum Geburtstag. Der ist beim Opa, wie jedes Jahr zu seinem Geburtstag. Bestimmt denken die zwei da auch an dich.
Eine tolle, junge, friedliebende und warmherzige Frau ist sie geworden, deine Enkeltochter.

„Ich stell mir vor, die Marzipanwürfel, die ich da hineinwerfe, sind kleine Wesen und sie verrecken“, hat sie grad gesagt und die Küchenmaschine eingeschaltet. Sie ist entzückend.
Aufräumen ist immer noch nicht so ihres. Da wünschte ich manchmal, diese Aufgeräumtheit hätte mütterlicherseits nicht zwei Generationen übersprungen. Obwohl... du hättest sie sehen sollen, wie eifrig sie letztens geputzt und aufgeräumt hat... Ja. Die Liebe. Nein, nicht die Rosi, die ist nur ihre beste Freundin, und die ist grad in Nicaragua und liebt einen Nicaraguaner. Deine Enkeltochter hat jetzt einen Freund aus Dänemark. Genau, einen Wikinger. Du würdest mit ihm zwar nicht reden können, weil er kein Deutsch spricht, aber ich glaub, du würdest ihn genauso ins Herz schließen wie wir.
Als du so alt warst wie sie, hast du schon ein Kind gehabt. Und bald danach das nächste, nämlich mich. Sie hat nur tageweise ein Kind, nämlich den lieben Sohn einer Freundin.
Die einzige Ohrfeige in ihrem Leben hat sie von dir gekriegt. Die haben wir dir aber längst verziehen, weil wir wissen, dass das keine Erziehungsmaßnahme war, sondern ein Zeichen der Erleichterung. Du hast sie nirgends gefunden und Panik gehabt, dass sie auf den Balkon geklettert ist. Im zehnten Stock. Und sie hatte Panik, weil sie im Badezimmer irrtümlich die Lüftung eingeschaltet und gedacht hat, sie hat was kaputtgemacht. Deshalb hat sie sich unter der Eckbank versteckt. Und du hast ihr dann aus lauter Erleichterung eine geschmiert.
Den Führerschein hat sie jetzt auch, beim zweiten Anlauf hat’s geklappt. Dein Enkelsohn nimmt demnächst auch wieder Anlauf für den Traktorführerschein, aber bitte sei nicht enttäuscht, wenn er es nicht schafft. Weißt du, er hat so viel geschafft in seinem Leben. Du wärst bestimmt stolz auf ihn, auch ohne Führerschein. Er arbeitet jetzt auf der Gemeinde. Grünflächenpflege. Wenn ich mit dem Auto vorbeifahre, wenn er Laub recht, strahlt er mich an. Er mag seine Arbeit gerne, wie er überhaupt alles gerne macht, was er tut. Ihm geht’s immer noch jeden Tag gut, weil ihm nichts einfällt, warum es ihm nicht gut gehen sollte.
Vor kurzem hat er sich eine Woche Urlaub genommen. Im Urlaub ist er noch früher aufgestanden als sonst und hat den Bauern bei der Kartoffelernte geholfen. Er hat mich beschämt mit seiner Antwort auf meine Frage, ob die ihn dafür bezahlen. „Ich brauch das Geld nicht“, hat er gesagt, „ich verdiene 800 Euro im Monat, das ist viel mehr, als ich brauche.“
Die Sparsamkeit hat er von dir, Mama. Ich lad ihn zum Geburtstag zum Sushi essen ein, das tun die Bauern nämlich nicht. Und zu Weihnachten wünscht er sich eine DVD. Ich glaub, sie heißt „Moderne Landtechnik im Einsatz“.

Großartige Menschen sind deine Enkelkinder geworden, obwohl wir sie nicht erzogen, sondern einfach geliebt haben. Mir ist es manchmal richtig peinlich, wenn andere Leute sich über ihre Kinder beklagen und mir fällt nichts Negatives ein.
Schade, dass du das alles nicht mehr erlebst. Blöd, dass da diese nasse Wurzel war, auf der du ausgerutscht bist. Ich tröste mich immer noch damit, dass du nicht gelitten hast. Weißt du, dass ich deine Hausschuhe, eines der wenigen Dinge, die ich mir damals von dir genommen hab, immer noch trage? Jetzt gehen sie schon ein bisschen aus dem Leim.

Wie es mir geht? Es geht mir gut. Ich hab immer noch den gleichen Beruf, den ich immer noch total mag, und mit deinem Schwiegersohn verhält es sich ähnlich. Ob er auch glücklich ist, weiß ich nicht, du kennst ihn ja, er ist kein Schwätzer. Außerdem muss er die Welt retten, und so wie die Welt grad beinander ist, ist das ganz schön viel Arbeit. Da hat er für solche Lappalien wie ein Gespräch über die Beziehung keine Zeit.

Ich schreibe sehr viel, Mamsch. Am Mittwoch hab ich wieder einen Auftritt. Ich stell mir dann vor, dass du im Publikum sitzt und stolz auf mich bist. Du wirst danach sagen „Ich hab ja keine Ahnung von Kunst“, aber es wird dir gefallen, glaub ich. Ah ja, und Theater spiele ich auch. Die freche Rotzgöre liegt mir am meisten. Na ja, jahrelange Übung.

Du hast es auch nicht immer leicht gehabt mit mir, wie? Und schau, trotzdem ist etwas geworden aus mir, auch wenn’s beim Dach reinregnet, die Schulden noch nicht abbezahlt sind und das Laub im Garten nicht gerecht ist. Aber was auf dieser Welt ist schon gerecht?

Weise Worte, wahr

"Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf." Aus Gut gegen Nordwind - Daniel Glattauer

Selbstgeschrieben


Barbara A. Fallnbügl (mein Mädchenname) Monika Pellkofer- Grießhammer
Jakob und der gewisse Herr Stinki


Barbara A. Lehner (Text) Eleonore Petzel (Musik)
Von Herzen und Seelen - CD

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bonanzaMARGOT - 11. Mär, 11:11
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bonanzaMARGOT - 8. Jan, 07:05
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Lo - 7. Jan, 13:36
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loving it :-)
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viennacat - 2. Jan, 00:51
Keine weiße Weste
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testsiegerin - 16. Dez, 20:31
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